Sehr sehr gute Analyse der antisemitisch geprägten Medienberichterstattung über Gil Ofarim #Thread @kampsabine @datt_thomas @KonLex09
„Videoüberwachungsbilder des Hotels wurden an Journalisten lanciert. Die Auszüge suggerieren, die Kette mit Davidstern soll der Sänger nicht sichtbar getragen haben. Auch wurden "Ergebnisse" aus dem sogenannten Untersuchungsbericht einer beauftragten Anwaltskanzlei an ausgewählte
Journalisten gegeben. Dabei wurde lanciert, weder Kameras noch Zeugen stützten die Darstellung von Gil Ofarim. Später wurde in Berichten die Verschlagwortung verschoben. Es hieß u.a.: "Erkenntnisse würden weitere Zweifel aufkommen lassen". Wie bewerten Sie das?
Dabei handelt es sich um Praktiken, die einen bestimmten Eindruck über ein Ereignis erzeugen sollen, das - Stand heute - nicht abschließend zu bewerten ist. Es geht um die strategische Produktion einer Stimmung des Misstrauens, das die Glaubwürdigkeit von Gil Ofarim in Frage
stellen soll. Dabei wird billigend in Kauf genommen, dass situativer Einzelfall und generalistisches Narrativ überblendet werden. Eine solche Wirkungsabsicht kalkuliert mit dem in einigen Wortäußerungen im Netz mitschwingenden antisemitischen Stereotyp, wonach Juden und Jüdinnen
ihren selbsterklärten Opferstatus für die Erringung eigener Vorteile zu nutzen wüssten. Selbst wenn sich die Dinge anders zugetragen haben sollten als von Ofarim berichtet, würde das keinerlei Anlass bieten, die Existenz und Relevanz einer antisemitischen Alltagskultur in
Deutschland zu bestreiten. Genau dies passiert aber, wie eine regelrechte Welle an Hassbotschaften an den Zentralrat der Juden als Reaktion auf die Berichterstattung nahe legt.
Kann man das Agieren einiger Akteure auch als Framing bewerten?
Ganz klar: ja. Gerade weil das Ereignis bislang nicht abschließend rekonstruiert werden konnte, besteht ein Leerstelle. Die wird von Spekulationen und Projektionen unterschiedlicher Seiten besetzt.
Jenseits der Frage, was in Leipzig wirklich passiert ist, sehe ich eine große Gefahr darin, dass damit eine narrative Abdichtung verbunden sein könnte, die es der Gesellschaft erlaubt, weiterhin, vielleicht sogar noch mehr als bisher, die Augen vor den vielfältigen Formen eines
alltäglichen Antisemitismus zu verschließen.Dieser Alltagsantisemitismus+die gesellschaftliche Ignoranz ihm gegenüber sind aber Ursachen,die es Menschen jüdischen Glaubens immer unmöglicher macht,sich im öffentlichen Raum zu ihrer religiösen oder kulturellen Identität zu bekennen

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