Wieso das 🇪🇺 Fiskalpolitik Afficiandos interessieren sollte:

Eine die Geldmenge steuernde Zentralbank liefert die theoretische Begründung für eine begrenzte Schuldenquote.

Beerdigt die @ecb mit 👇 auch das argumentative Fundament der 60% Regel im #SGP? Ein Thread. /1
Der Reihe nach: Wie hängen Geldmenge u Schuldenquote zusammen?

Die Begrenzung der Schuldenquote soll verhindern, dass die Zentralbank Staatsanleihen kaufen u damit die Geldmenge erhöhen muss.

So man denkt, dass die Zentralbank die Inflation über die Geldmenge kontrolliert…/2
… führt das zu fiskalischer Dominanz, also dass die Geldpolitik im Dienst der Fiskalpolitik u nicht der Inflationsbekämpfung steht.

Grundlage sind Sargent & Wallace 1981 (researchdatabase.minneapolisfed.org/downloads/xp68…), die von einer engen Verbindung zw Zentralbankgeldmenge u Preisniveau ausgehen. /3 Image
Wie Bindseil jedoch 2004 schreibt (dezernatzukunft.org/der-leise-tod-…), geht es in der Realität der geldpolitischen Implementierung um kurzfristige Zinsen, nicht die Zentralbankgeldmenge. /4 Image
Trotzdem dienen Sargent & Wallace als Quelle für die Erklärung fiskalischer Dominanz, zB im Assessment der Fiskalregeln des @EFB_EU (ec.europa.eu/info/sites/def…) oder auch im @ecb Strategy Review zT Fiscal/Mo Interaction (ecb.europa.eu/pub/pdf/scpops…). /5
Die Schuldenquote wird auf Basis eines Papiers begründet, in dessen Welt wir schon lange nicht mehr leben.
Das ursprüngliche Argument für die Begrenzung der Schuldenquote im Rahmen des Maastricht Vertrags hat also keine theoretischen Füße mehr.

Gibt es ein Neues? /6
Weidmann hat dem Begriff “fiscal dominance” eine neue Bedeutung gegeben & argumentiert mit der fiscal theory of the price level (FTPL): bundesbank.de/en/press/speec…
Diese baut auf der Annahme auf, dass Wert der staatlichen Verschuldung = Gegenwartswert zukünftiger Überschüsse. /7 Image
Das erinnert an die DCF Methode zur Unternehmensbewertung (investopedia.com/terms/d/dcf.asp).

Weidmann macht über die Jahre leicht unterschiedliche Argumentationslinien auf, aber so ich es richtig verstehe, geht es im Kern um die Befürchtung, dass Regierungen mit hohen Schulden… /8
…die ZB beeinflussen, die Zinsen niedrig zu halten u Inflation zuzulassen, um den realen Wert der Verschuldung zu stabilisieren.

Fragen zur empirischen Validität der FTPL dahingestellt, stellt sich bei genauerer Betrachtung die Frage was der Anreiz von Regierungen ist, /9
so zu handeln. Abstrakt klingt es plausibel, aber wenn man die Dynamiken von Zinserhöhungen (ohne damit einhergehende aufgehende Spreads) durchrechnet, ergeben sich daraus erst mittelfristig fiskalisch relevante Summen. Ein solches Handeln würde also sehr vorausschauendes /10
Handeln erfordern. Gerade die angenommene Abwesenheit dessen ist aber ja der Ausgangspunkt für Fiskalregeln, siehe auch unseren Vorschlag zur Zinsquote dezernatzukunft.org/eine-neue-deut…

Anders verhält es sich, wenn die Zinsanstiege rapide Anstiege der Finanzierungskosten oder gar …/11
Liquiditätsschwierigkeiten hervorbringen können. Dann ist es durchaus einleuchtend wieso Regierungen ein unmittelbares Interesse am geldpolitischen Kurs der @ecb haben.
Das liegt dann aber weniger an fiscal dominance als daran, dass sich die Eurozone zu Staatsschulden mit /12
…Ausfallrisiko entschieden hat. Sonst gäbe es kein Liquiditätsrisiko u keine Risikoaufschläge.

Daher scheint es fraglich, ob fiskalische Dominanz wirklich als Begründung für die Begrenzung der Schuldenquote dienen kann.

Freu mich drauf zu hören wo ich falsch liege ☺️. /13
🙏🙏 an @FlorianMKern, der uns Sargent and Wallace gezeigt und die die letzten Monate die Entwicklung tatsächlicher geldpolitischer Implementierung seziert hat. Mehr dazu bald von ihm selbst, stay tuned… /e

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