Wasser auf die ewig mahlenden Mühlen der (neo)realistischen Theorie – siehste wohl.
Systemische, externe Faktoren (Bedrohung!) veranlassen Staaten, ihre Außenpolitik anzupassen. Deutschland reagiert, und Deutschland agiert.
Waltz approves. /4
Jetzt aber, und das haben Bedenkenträger direkt gesagt, sieht es eher danach aus, als wäre die #Zeitenwende doch nicht so zeitnah und so sehr gewendet, wie es schien.
Mal gucken was @Bundeskanzler gleich dazu zu sagen hat. 👀
Müssen wir uns wohl angucken, was Deutschland so besonders macht, dass es noch eiert, wo andere schon klotzen: time.com/6166595/whats-…
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Also, welche Erklärungen fürs Geeier gibt es?
(disclaimer: below is not conclusive – welcome to the social sciences/Twitter) /8
Der aktuelle heißeste Kandidat für eine Erklärung scheint in Akteuren (und Parteien) zu liegen - Individuen (Steinmeier! Gabriel!) und ihre Connections.
Können die nicht, oder, schluck, wollen die nicht? Zwischen Führungsschwäche und Führungsverweigerung. /9
Die SPD, zerrissen zwischen langgedienten Russlandfreunden, Wirtschaftsbesorgten, linken Positionen und realpolitischer Regierungsführung. Und mit Koalitionspartnern ringend.
Um das zu klären, braucht es Zeit – das führt zu Kleinschrittigkeit und seltsamen Kompromissen. /10
Gäb‘s weniger Geeier und Gewurschtel, wenn die SPD nicht die Regierung stellte? Klar, hypothetische Frage.
Aber: Die CDU-geführten Regierungen der letzten Jahre (Zehnte? Hunderte? War ECHT lange) haben sich auch nicht grade durch außenpolitischen Handlungseifer hervorgetan. /11
Also doch was anderes? Vielleicht liegt der Grund des deutschen Geeiers in institutionellen Zwängen.
Preußische Bürokratiementalität, Passierschein A38, erstmal prüfen, soschnellgehtdasabernichtjungerMann. /12
Manches gewünscht; schnelle Politik ist nicht immer gute Politik. Aber hier setzen zB Vorschläge an, einen „nationalen Sicherheitsrat“ aufzubauen, der Wege verkürzt und Anstrengungen bündelt (siehe @sarahbrockmeier & @TobiasBunde): ipg-journal.de/rubriken/ausse… /13
Vielleicht aber geht es auch um grundlegende Fragen deutscher außenpolitischer „Kultur“.
Deutschland handelt nicht schnell und schlagkräftig weil…naja…ein lahmes, etwas behäbiges Deutschland ist historisch betrachtet wirklich nicht immer das schlechteste. /14
Ideen und Ideologien des Pazifismus, der Zurückhaltung, des wirtschaftlichen Fokus sind gesellschaftlich & politisch tief verankert. Durchaus zurecht. Sie stehen im Wettstreit miteinander – im Großen (gesellschaftliche Debatte etc.) und Kleinen (in Entscheidungsträgerrunden). /15
Das auszubaldowern und in Politik umzusetzen; Ideen gar zu ändern, neue Möglichkeiten zu schaffen und politisch wahrnehmbar zu machen; ist oft ein langer Transformationsprozess.
Schließlich geht es auch um Wähler*innen. Nicht mal nur so moralisch (hehres Repräsentantentum), sondern durchaus egoistisch.
Machterhalt nur durch Wiederwahl. /17
Was Wähler*innen wollen weiß niemand so genau. Umfragen, Fokusgruppen & Berichterstattung fließen ein in Runden, die im Kanzleramt brüten.
Was lässt sich verkaufen? Wo gewinnen wir/verlieren die anderen? Interessiert das überhaupt irgendjemanden? spiegel.de/politik/deutsc… /18
Hier gibt es mehrere Phänomene, durchaus abhängig vom Personal. Werden „die Wähler*innen“ unterschätzt? Oder nur bestimmte gehört? Haben Lobbygruppen das Ohr der Entscheidungsträger*innen? Weht das Jäckchen nach dem Wind? Auch das führt zu Hin-und-her. /19
Hier kann man versuchen durch gezielte, auch laute Botschaften, etwa wie @MelnykAndrij, die Kakophonie zu überschallen.
Oder die öffentliche Debatte zu informieren & verbessern – so wie viele Expert*innen aus Uni, Thinktanks, Militär, Stiftungen, Journalismus… das machen. /20
Ja, was ist‘s denn nun?
Lauwarmer take: Kuddelmuddel und Durchgewurschtel ist in 🇩🇪Außenpolitik der Normalfall. Viele der ideellen, institutionellen, und politischen Gegebenheiten führen darauf zu. Es ist also schwer zu sagen, woran es liegt. Vermutlich alles ein bisschen. /21
Das heißt, wenn Außenpolitik neu ausgerichtet werden, wenn 🇩🇪 gar Führung (ieh, das F-Wort) übernehmen soll – dann ist das ein Kraftakt.
Zynisch: vllt. ist da ein systemischer Schock, der festgefahrene Akteure/Institutionen/Ideen über den Haufen wirft, sogar notwendig. Uff. /22
Aber dann muss auch was passieren. Wenn der 🇺🇦-Krieg als Anstoß dienen kann, muss das Momentum auch genutzt werden, damit Deutschland jetzt effektiv agiert. Wenn Änderungen nötig sind, dann ist jetzt der Zeitpunkt, sie formulieren, sie einzufordern, dranzubleiben.
Nach ersten Äußerungen (z.B. aus den USA) ist der Vorschlag einer #Flugverbotszone#NoFlyZone
für (Teile der) 🇺🇦 auch in Deutschland angekommen.
Warum das eine schlechte Idee ist, und warum sie trotzdem immer wieder aufkommt – ein 🧵
Gestern Abend wurde bei @annewill über 🇩🇪 Außenpolitik/🇺🇦 diskutiert. Ljudmyla Melnyk sprach sich für eine Flugverbotszone aus. 🇺🇦 werde aus der Luft angegriffen: „Wir müssen darum über eine Flugverbotszone sprechen. Die NATO-Staaten können den Himmel über der Ukraine schützen“.
Das ist eine verständliche Forderung - Helfen wollen ist natürlich nachvollziehbar. Da die anderen Gesprächspartner*innen den Vorschlag eher ignorierten ( @n_roettgen schien abgeneigt), melde ich mich halt. Vielen Dank an @gloefflmann & @felixbohnacker für den Hinweis.
In "Neorealism, Neoclassical Realism and the Problem(s) of History", I discuss pathways to thinking analytically about history: doi.org/10.1177/004711… It's open access, too!
As they say, a 🧵 1/19
I position neoclassical realism (NCR) as offering correctives to (some of) neorealism's oft-diagnosed ahistoricity. I start by discussing these diagnoses, and what they mean for IR/realist theorising. 2/19