Freunde der gepflegten Prüfungsunterhaltung, es wird mal wieder Zeit. Ein neuer Bericht wurde veröffentlicht, dieses Mal zur #Adler Group. Natürlich nehme ich ihn mir gern wieder vor, um zu schauen, was der Bericht im Vergleich zu vollmundigen Pressemitteilungen besagt.
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Vorab wie üblich mein Disclaimer: ich bin weder ein Mitarbeiter der #Adler Group noch von #KPMG. Ich habe auch keine persönlichen oder finanziellen Interessen an #Adler. Könnt Ihr euch deswegen auf mich verlassen? Natürlich nicht, schließlich ist dies ein anonymer Account.
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Ich bin weder Jurist noch Prüfer, daher sind alle Wertungen als persönliche Meinung zu verstehen. Quelle ist i.d.R. der Sonderprüfungsbericht von #KPMG
Die #Adler Group hat ihren Sitz in Luxemburg. Die dortige Rechtslage kann ich nicht bewerten, daher beziehen sich etwaige Rechtsvergleiche meinerseits auf die deutsche Rechtslage, ohne abschließend bewerten zu können, ob sie in der Form auch für Luxemburg zutrifft.
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Dass #Adler nicht durch d. Vorstand, sondern durch Personen im Hintergrund gesteuert wird, habe ich als Gerücht auch von anderen Stellen gehört. Ich kann den Wahrheitsgehalt nicht überprüfen, umso kritischer gehe ich aber mit den Darstellungen des Berichts um.
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Warum sage ich das? Um offen zu legen, dass ich zu Beginn meiner Analysen ggü. #Adler deutlich skeptischer bin als ich es bei #Wirecard war. Damit Ihr meinen daraus resultierenden Bias kennt, die Aussagen entsprechend einschätzt.
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Wertneutral halte ich fest, dass #KPMG in den aus meiner Sicht naheliegenden Schritt nicht unternommen hat, auf Viceroy zuzugehen, um deren Belege zu bitten. Schließlich hätte Viceroy ein großes Interesse daran, Vorwürfe, sofern sie zutreffen, extern bestätigt zu bekommen.
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Ab S. 16 wird es jedoch spannend. #KPMG teilt mit, dass eine Analyse der Kommunikation von ausgewählten Organvertretern und des Legal Councils von #Adler erforderlich sei. Leider nennt #KPMG nicht die Anzahl von Personen.
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Einen guten Monat später die Rückmeldung, dass die Emails zur Verfügung gestellt werden ABER
- Nur für einzelne Transaktionen
- Nur jene Kommunikation, die nach #Adler-Auffassung nicht dem „Attorney Client Privilege“ bzw. der „Attorney Work Product Doctrine“ unterliegt.
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Das ist aus meiner Sicht wichtig. Werden die Dokumente ggü. #KPMG offengelegt, stünden sie einem etwaig folgenden Gerichtsverfahren zur Verfügung. Die Organvertreter signalisieren damit m.E. sehr eindrücklich, dass sie von einer rechtlichen Angreifbarkeit ausgehen.
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S. 16ff weist #KPMG darauf hin, dass viele Dokumente erst mit hoher Verzögerung bereitgestellt werden, z.T. nicht geliefert werden. Meiner Erfahrung sind die interessantesten Infos i.d.R. in den Unterlagen enthalten, die mit der größten Verzögerung geliefert werden.
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Bezeichnend ist auch, dass der Schriftverkehr mit Ext7 weitgehend nicht vorliegt. Außerdem wurden Emails, bei denen Rechtsberatung angefragt oder Rechtsthemen diskutiert wurden, nicht zur Verfügung gestellt.
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Sollte also in einer Email gestanden haben, dass die Vorwürfe des Viceroy zuträfen, wäre dies eine rechtliche Würdigung, die unter das Attorney Client Privilege fällt, damit #KPMG nicht weitergeleitet worden wäre.
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Somit basiert das Ergebnis von #KPMG m.E. mit hoher Wahrscheinlichkeit auf jenen Daten, die vorgefiltert zur Verfügung gestellt wurden, in der Annahme, darin wäre nichts Relevantes zu finden.
Unternehmen, die Compliance-Probleme haben, haben i.d.R. keine strukturierte Ablage. Daten zu Transaktionen etc. werden nicht zentral archiviert. Vielmehr wird i.d.R. bewusst auf Dokumentationen verzichtet, Schriftverkehr meist nur im Emailfach des betreffenden Mitarbeiters.
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Dies liegt insbesondere auch daran, dass ein konsistenter gefälschter Schriftverkehr kaum widerspruchsfrei möglich ist, immer einen extremen Aufwand bedeutet. Schlechte Doku kann ein Zeichen für dubiose Praktiken sein, sie kann aber auch schlichte Schlampigkeit bedeuten.
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Insgesamt wurden 38% (!!!) der Emails der 3 priorisierten Accounts aufgrund des ACP #KPMG nicht zur Verfügung gestellt (S. 26). Damit kann m.E. unabhängig vom Ergebnis des Berichts auf keinen Fall angenommen werden, es gäbe eine stichhaltige Entlastung von Vorwürfen.
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Umso gravierender wären Kritikpunkte von #KPMG zu gewichten. Die fehlenden Unterlagen zur Anbahnung von Transaktionen sowie Entscheidungendürften in den vorenthaltenen Emails zu finden sein.
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Ab S. 21 beschreibt #KPMG, dass Belege der Buchhaltung & Konten i.d.R. elektronisch vorlagen. Jedoch ausgerechnet Konten, von denen Zahlungen an Ext7 sowie einer von #Viceroy als dubios bezeichneten Transaktion geleistet wurden, wurden nicht zur Verfügung gestellt.
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All dies sind weder Beweise für Schuld noch Unschuld. Es sind aber m.E. Indizien, die bislang komplett nur in eine Richtung weisen.
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Ab S. 41 geht #KPMG näher auf die Vorwürfe ein. Für den m.E. als Ext7 bezeichneten Cevdet #Caner könne lt. #KPMG weder bewiesen noch widerlegt werden, er habe als Entscheidungsträger der Gruppe fungiert.
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Jedoch seien Beraterhonorare geflossen (S. 43: 12,6 Mio. €), für die Leistungen nicht nachvollziehbar seien. Regelmäßig treten #Caner & Familie als Transaktionspartner auf, ohne dass die Auswahl als Partner für sachkundige Dritte nachvollziehbar sei.
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Auch die weiteren Details der Beraterverträge sind spannend (S. 43ff). So wurde der 1. Beratervertrag von #Adler mit Datum 25.03.2018 geschlossen. Inhalt ist, dass #Adler mind. 69% der Anteile von Brack Capital Properties N.V. erwirbt.
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Bereits am 22.03.2018, 3 Tage zuvor, wurde das öffentliche Angebot zum Erwerb von mind. 70% erfolgreich abgeschlossen. Die Rechnung über einen Betrag von 2 Mio. € ist vom 23.03.18, also 2 Tage vorm Vertrag. Handschriftlich wurde der Rechnungsbetrag von € auf GBP geändert.
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Wer die handschriftlichen Anmerkungen vorgenommen hat, ist nicht nachvollziehbar. Ebenso wenig wie die Anweisung durch den internen Kompetenzträger. Gezahl wurden übrigens ohne Nachweise von Tätigkeiten 2 Mio. €.
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Der 2. Vertrag wurde am 23.09.2019 geschlossen. Dieses Mal sollen 1,5% der Transaktionssumme gezahlt werden, wenn mind. 51% der ADO Group Ltd., Tel Aviv, übernimmt. Die Transaktion wurde am gleichen Tag nach Zustimmung des AR bekannt gegeben.
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Weder im Beschluss der GL noch des AR wird auf einen Beratungsvertrag Bezug genommen. Schriftliche Ergebnisse der Beratung gibt es nicht. 1 Mitglied des damaligen AR hat ggü. #KPMG angegeben, er wisse nicht, dass #Caner einen Beratungsvertrag habe.
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Gezahlt wurde die Provision in 10 Teilzahlungen an mindestens 4 Empfänger (4 Empfänger wurden geschwärzt) mit Verwendungszwecken, aus denen die Grundlage der Zahlung nur teilweise erkennbar wird. Unter den Empfängern sind #Caner selbst sowie seine Ehefrau (S. 45ff).
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Die Überweisungen weisen noch mehr Ungereimtheiten auf, für die ich S. 47-48 empfehle.
Teilweise wurden erkennbar Beratungsverträge geschlossen, obwohl der darin genannte Leistungsgegenstand aufgrund bereits abgeschlossener Verträge nicht mehr erbracht werden konnte. .
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In keinem Fall konnte durch #Adler belegt werden, dass Beratungsleistungen tatsächlich erbracht wurden.
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Mir stellt sich persönlich zu den diversen Beratungsverträgen die Frage, inwiefern sich die Handelnden der Adler Gruppe zumindest der Untreue zu Lasten der Gesellschaft schuldig gemacht haben könnten, da Millionenbeträge gezahlt wurden, ohne dass Leistungen erkennbar sind.
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Aufgrund der Beträge würde ich § 266 II StGB zugrunde legen. Da mind. 2 Verträge mit unbefristeter Laufzeit geschlossen wurden, stellt sich mir darüber hinaus die Frage, inwiefern das möglicherweise sogar als Betrug i.S.d. § 263 III StGB gesehen werden könnte.
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Kritisch hervorheben möchte ich S. 49, wonach am 17.03.2020 eine „Teilzahlung 11“ über einen Betrag von 750k GBP angewiesen wurde. Diese Zahlung stimmt mit der Teilzahlung 7 in den Unterlagen von #KPMG überein.
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Die diversen Diskrepanzen zwischen Verwendungszweck & Vertrag seien aus Sicht #Adler unkritisch, schließlich habe #Caner um dieses Vorgehen gebeten. Bemerkenswert sind die darauf folgenden Ausführungen zum Geldwäschegesetz.
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So sei lt. Bereichsleiter Governance, Data Prodection, Risk, Compliance von #Adler eine Verpflichtung der #Adler Real Estate nach dem GWG „nach dem aktuellen Stand für die Jahre 2018/2019 nicht anzunehmen“.
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Wenn ein Vertrag mit A geschlossen wird, er jedoch ausdrücklich darum bittet, dass die Zahlungen an B und C geleistet werden mit einem Verwendungszweck, der mit dem ursprünglichen Auftrag Nichts zu tun hat, wirft dies Fragen hinsichtlich Steuerehrlichkeit & Geldwäsche auf.
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Eine Überweisung an #Caner über 5,3 Mio. € wurde von einer Bank mit dem Buchungstext „due to internal complance/Caner“ rücküberwiesen (S. 49ff). #Adler erklärt, dass die „Bankkommunikation zwischen der Bank 2 in D und der Bank 8 in der Türkei nicht funktioniert habe.
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Auf mich wirkt diese Begründung wenig glaubwürdig. Selbst wenn Bank 2 keine direkte Kontoverbindung zu Bank 8 hat, so sind Transaktionen über Korrespondenzbanken international üblich.
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An dieser Stelle hat #KPMG m.E. ne Schwäche. Es hätte bei Bank 2 angefragt werden können, was die Gründe sind. Auf mich wirkt dies jedoch nach einem Verdachtsfall zu Geldwäsche. Ich weiß, mir folgen diverse Journalisten. Dazu empfehle ich weitergehende Recherchen.
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Familienmitglieder #Caners haben eine sehr enge Beziehung zur #Adler Group. Und jetzt wird es spannend (S. 42): Obwohl die Vorstände der #Adler Group in Interview bestätigt haben, #Caner sei nicht ins Tagesgeschäft eingebunden, ist aus dem Emailverkehr belegbar,
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dass er mehrfach Strategiemeetings mit Organen der Gruppe anberaumt, Einfluss auf Personal- &strategische Entscheidungen & Transaktionen Einfluss genommen hat. 2017 wurde er von einem damaligen Vorstand der Consus Real Estate als „Permanent Insider“ bezeichnet.
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Zu einer geplanten Übernahme schrieb ein Manager der #Adler-Gruppe an die Empfänger: „dass diese von euch ermittelten Größenordnungen unter dem Vorbehalt der Freitage des [Extern7] stehen ist ja klar.“
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Ab S. 66 führt KPMG aus, dass Caner bei #Adler zu Gehältern, Einstellungen & in 3 Fällen Aufhebungsverträgen die Entscheidungen getroffen hat oder wenigstens sehr eng involviert war.
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Damit sollte m.E. der Vorwurf von #Viceroy, die Firma sei weitgehend von #Caner gesteuert, weitgehend belegt sein.
Morgen geht es weiter.
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Falls es Euch bis Morgen zu lange dauert, könnt Ihr hier meine bisherigen Analysen zum Sonderprüfungsbericht von #Wirecard finden.
Da ich am 27.04. auf Dienstreise bin, kommt mein "Tagesthread" schon am Vorabend. Ob ich Teil 3 am Donnerstag schaffen werde, weiß ich noch nicht.
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Vorabfazit nach ca. ½ des Berichts: ich habe den Eindruck, #Adler könnte ebenso dubios sein wie #Wirecard, wobei es 2 Unterschiede gibt: die Beträge sind geringer & das Vorgehen scheint erheblich ausgefeilter. Aber ich bin kein Jurist, daher nur unqualifizierte Meinung.
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Es ist soweit: Teil 2 meiner Analyse des Berichts von Rödel & Partner zur Prüfung von #Wirecard durch #EY. Und es wird nicht besser... Dieser Thread behandelt den Prüfungsbericht bis S. 62 von 168. Freunde der Sonne lehnt euch zurück, holt nen Tee & genießt die Show.
Zusammenfassung des Kapitels 2.3 des Prüfungsberichts von R&P: #EY zeigt in den internen Dokumenten zur Prüfung ein sehr gutes Verständnis der TPA-Thematik & der damit verbundenen Risiken. Auch zu diesem Kapitel gilt: es ist absolutes Popcorn-Kino.
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2014 wird das TPA-Geschäft als so risikobehaftet bewertet, dass intern ein Compliance Check angesetzt wird, der Einsatz von internen Spezialisten zur Wirtschaftskriminalität („Forensiker“) als erforderlich bewertet wird. Nur für 10% des externen Forderungsbestands liegt
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Freunde der Sonne, lehnt euch zurück, holt euch nen Tee & entspannt euch, denn es wird länger. Mein Senf zum Bericht von Rödl & Partner zur Prüfung von #Wirecard durch #EY im Auftrag des #PUA. Es ist so umfangreich, dass es in mehrere Threads unterteilt werden muss.
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Vorab mein üblicher Disclaimer: bin weder WP noch habe ich finanzielle / persönliche Verbindungen zu Wirecard. Ich habe einfach nur Spaß daran, solche Berichte zu lesen & auszuwerten. Allerdings bin ich auch kein Jurist, daher sind alle Darstellungen als persönliche
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Meinung zu verstehen, sofern sie nicht als Zitate kenntlich gemacht werden. Seitenangaben beziehen sich auf den Prüfungsbericht.
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Aktuell überbieten sich einige Wahlkämpfer mit Versprechen, hochwasserbetroffene Regionen aufbauen zu lassen. Ich hoffe, die Medien stellen das als das dar, was es ist: Wahlkampf auf Kosten von Hochwasseropfern. Warum wir mehr Ehrlichkeit brauchen.
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Wie üblich werde ich meine Argumentation weitgehend an den Anforderungen an die Kreditwirtschaft begründen, dies ohne jedoch Jurist zu sein. Wie üblich daher nur mit „gesundem Halbwissen“.
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Damit Kreditinstitute nur in „gesundem Umfang“ Kredite vergeben, müssen diese mit Eigenkapital unterlegt werden. Je riskanter, desto mehr Eigenkapital. Sicherheiten dürfen u.U. risikobegrenzend berücksichtigt werden. Wohnimmobilien als Sicherheiten wirken
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Am 27.04.21 verkündete der #BGH ein Urteil gegen die #Postbank, dass in der Bankenbranche für erhebliche Aufruhr sorgte. In meinen Augen ist der Jubel auf Seiten von Verbraucherschützern verfrüht.
Die #Postbank hatte Regelungen in den AGB, wonach sie Preise von Hauptleistungen an Privatkunden (!) durch einseitiges Ankündigen dann erhöhen darf, wenn der Kunde nicht aktiv dagegen Widerspruch einlegt.
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Hauptleistungen sind Leistungen, die im Rahmen des Vertragsverhältnisses typischerweise dauerhaft nachgefragt werden, beispielsweise Kontogebühren für die Kontoführung.
In diesem Vorgehen sieht der BGH (stark verkürzt) u.a. eine unangemessene Benachteiligung der Kunden,
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Der Bericht von @RolandBergerDE zur #BaFin ist da. Natürlich schaue ich ihn an, ob er meine Erfahrungen mit der BaFin widerspiegelt & ob er aus meiner persönlichen Sicht geeignet ist, die Schwächen in der Banken- & Kapitalmarktaufsicht zu adressieren.
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Vorab: ich bin mit Vorurteilen in die Analyse reingegangen. Ich bin seit vielen Jahren Berater & habe diverse Projekte gemeinsam mit Strategieberatungen gemacht. Allerdings bin ich Fachberater, die strategische Beratung liegt mir nicht. Auf Basis dieser Vorurteile habe ich
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erwartet, dass der Bericht in sehr kurzer Zeit erstellt wurde, methodisch hervorragend & logisch bestechend ist, basierend auf der beschriebenen Ausgangslage. Die Rahmendaten (3 Monate Erstellungszeitraum, laut @ChrisPruessing 800 k€ Kosten) sprechen m.E. dafür, dass
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