Thread by @einwortmehr

Warum #Kindergrundsicherung und #BGE ein wichtiges Thema für #IchbinArmutsbetroffen ist, zeigt uns die nächste Geschichte. Susanne wuchs in #Armut auf. #Mobbing in der Schule, #Ausgrenzung.
Achtung wird lang! 🧵#Behinderung

Unterstützung vom Elternhaus gab es keine. Obwohl Susanne gute Noten schrieb, waren sie nie gut genug. Neben Schule, Hausaufgaben und Lernen musste sie einen großen Teil im Haushalt arbeiten. #IchBinArmutbetroffen

Im Dorf, wo sie lebte und jeder sie kannte wurde sie nicht besser behandelt. Vorurteile wie Kind aus Schulabbrecherfamilie waren noch das harmloseste. Big Brother in Realität. Jeder Schritt wurde beobachtet und kommentiert.
#IchBinArmutbetroffen

Als die Mutter eine Arbeitsstelle fand und ein Umzug in die Stadt erfolgen musste, hoffte Susanne auf einen Neuanfang. Aber es wurde noch schlimmer.
#IchBinArmutbetroffen

Bislang wurde sie im Dorf gemieden, weil andere Kinder befürchteten, dass ihre Mutter den anderen Eltern den Dorfklatsch über ihre Schulkameraden erzählte.

#IchBinArmutsbetroffen

In der Stadt an der neuen Schule war es anders. Da wurde sie gemieden und gemobbt, weil sie vom Land kam, ihre Bekleidung nicht der städtischen Norm entsprach.

#IchBinArmutsbetroffen

Unterstützung bekam sie auch jetzt nicht, wenn sie zuhause um Hilfe bat. Mehr als genervtes Augenrollen und den Ratschlag sie solle sich wehren oder andere abwertende Antworten bekam sie nicht.
#IchBinArmutsbetroffen

Als ein erneuter Schulwechsel anstand, diesmal zur weiterführenden Schule, gab es wieder keine Unterstützung. Sie wollte unbedingt aufs Gymnasium, die Noten hatten dafür mehr als ausgereicht. #IchBinArmutbetroffen

Unterstützung gab es jedoch nicht. Nur Wünsche, sie solle #Psychologie studieren oder irgendwas in die Richtung. Susanne wollte aber nicht weiter zur Schule, sondern eine #Ausbildung machen.
#IchBinArmutbetroffen

Als sie 16 war und der 1. Schulabschluss anstand, weigerte sich die Mutter einen Ausbildungsvertrag zu unterschreiben. Bis zum 18. Geburtstag ging sie also noch weiter zur Schule.
#IchBinArmutbetroffen

Mit 18 brach Susanne dann die Schule ab. Sie hatte einen guten 2er Notendurchschnitt und bewarb sich an vielen Ausbildungsbetrieben und nach 1 Jahr fand sie einen sehr guten Ausbildungsplatz. #IchBinArmutbetroffen

Während diesem Jahr lernte sie ihren Freund kennen. Noch vor Ausbildungsantritt heirateten die beiden. Ihr Mann unterstützte sie wo er konnte. Er war überhaupt der erste Mensch, der sie unterstützt hat.#IchBinArmutbetroffen

Ihre Familie war mit ihm nicht einverstanden, hasste ihn sogar, weil er Susanne verstand und ernst nahm und vor allem unterstützte, egal was sie plante.
#IchBinArmutbetroffen

Was Susanne nicht wusste,dass bei einer Vertragsauflösung eine 3 mon. Sperre beim #Jobcenter nach sich zieht. Das junge Ehepaar sah sich weiteren Schwierigkeiten ausgesetzt, denn außer etwas Hochzeitsgeld und ihren Kinderzimmereinrichtungen hatten sie nichts.#IchBinArmutbetroffen

“Mein Mann fand keine Arbeit, da er keine Ausbildung hatte und keine Ausbildung, weil niemand ihn mit seiner sichtbaren Erkrankung einstellen wollte.” erzählt sie.#IchBinArmutbetroffen

Für Susanne begann damals ein Spießrutenlauf, ein wahrer Maßnahmenmarathon bis hin zur geförderten Ausbildung. Der Druck verursachte wieder einen Nervenzusammenbruch.#IchBinArmutbetroffen

Es folgte der unvermeidliche Besuch beim Amtsarzt, der lediglich feststellte, dass sie Übergewichtig war und mit -14 nahezu blind sei. Auch merkte er, dass mehr hinter den Nervenzusammenbrüchen stand.#IchBinArmutbetroffen

Er gab die Empfehlung Susanne zum Psychologischen Dienst zu schicken, wurde das nie vom Amt umgesetzt.#IchBinArmutbetroffen

Stattdessen vermittelte man sie in eine Ausbildung im Bereich Telemarketing. Glücklicherweise hat der Ausbilder die Situation richtig erkannt und die Ausbildung beendet.#IchBinArmutbetroffen

Die nächsten 5 Jahre wurde sie von Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter gereicht, die sichtlich genervt waren. (u.a. vermutlich weil kein Vermittlungserfolg) #IchBinArmutbetroffen

Mangelnde Kommunikation der Ämter untereinander und auch nicht mit Susanne und ihrem Mann zogen eine Sperre nach der anderen nach sich.#IchBinArmutbetroffen

Der Höhepunkt waren 4 Monate ohne Strom. Obwohl der Fallmanager versprochen hatte die Beiträge für Miete und Strom direkt zu überweisen. (Anmerkung: Ihr habt ein Recht darauf!) #IchBinArmutbetroffen

Was Susanne und ihr Mann nicht wussten, der Fallmanager hatte die Anweisung nie an die entsprechende Stelle weitergeleitet.#IchBinArmutbetroffen

Was Susanne ebenfalls nicht wusste und ihr auch nie mitgeteilt wurde, das Kindergeld für sie hat ihre Mutter einbehalten. Vom Jobcenter aus wurde ihr aber genau dieser Betrag (150€) angerechnet und von den Leistungen abgezogen.#IchBinArmutbetroffen↘️

Statt ihr zu helfen wurde sie als zu faul und dumm hingestellt mit ihrem Geld richtig zu haushalten. Es interessierte niemanden und geglaubt hat ihr erst recht niemand (Anmerkung: Hätte das JC die Kontoauszüge richtig überprüft, wäre der Fehler aufgefallen)#IchBinArmutbetroffen

Während die beiden also keinen Strom hatten, erhielt ihr Mann die Chance eine Maßnahme zu besuchen. Das war in dem Fall die Rettung! Denn als er 2 Tage infolge unentschuldigt nicht erschien kam die zuständige Sozialarbeiterin vorbei.#IchBinArmutbetroffen

Susanne brach zusammen und ließ alles raus. Dass die beiden das Ticketgeld gebraucht hatten um etwas zu essen zu kaufen. Die Sozialarbeiterin war mehr als geschockt und fackelte nicht lange: “Da müssen wir was machen. Jetzt bin ich ja da!” sagte sie.#IchBinArmutbetroffen

Innerhalb weniger Tage war alles geklärt. Der Strom wurde wieder geliefert, da das Amt einen Teil der Kosten übernahm. Es gab eine Nachzahlung der zu wenig bezahlten Beträge(Kindergeld). Und auch ein teil der Mietschulden konnte dadurch bezahlt werden.#IchBinArmutbetroffen

Leider nicht vollständig, sodass eine Räumung folgte. Ein privater Vermieter wollte den beiden eine Chance geben und so fanden die beiden eine 36m² 1 ½ Zimmerwohnung.#IchBinArmutbetroffen

Aber auch der Umzug verursachte finanzielle Probleme.Die letzte Miete, sowie auch die Kaution für die alte Wohnung waren einbehalten worden. Jedoch hatten sie diesmal den neuen Vermieter auf ihrer Seite. Er nahm mit dem Amt Kontakt auf und alles war geregelt.#IchBinArmutbetroffen

Erneut wechselte der Fallmanager und nötigte die beiden mit einer Rahmenvereinbarung, dass die beiden zum Betreuungsgericht gehen und eine gesetzl. Betreuung beantragen sollten. #IchBinArmutbetroffen

Sie sollten zum Amtsarzt und auch das Misstrauen gegenüber den Behörden wuchs wieder. die Situation legte nahe, dass die beiden entmüdigt werden sollten.#IchBinArmutbetroffen

Aber die beiden erhielten eine tolle Betreuerin, die nicht nur das nötige Feingefühl für die beiden hatte, sondern auch den Fallmanager in seine Schranken verwies. .#IchBinArmutbetroffen

Sie kümmerte sich um die Gläubiger, warum Rückstände aufgelaufen waren und diese nicht bedient werden konnten.#IchBinArmutbetroffen↘️

Vor allem kümmerte sie sich darum, dass Susanne endlich eine Diagnostik bekam. Bislang hatte sich niemand dafür interessiert, warum Susanne so war wie sie war. #IchBinArmutbetroffen

Mit 27 Jahren und 2 Wochen stationärem Aufenthalt bei Fachärzten wusste Susanne endlich was mit ihr los war. Ein ordentliches Päckchen, was sie da zu tragen hat.#IchBinArmutbetroffen

Sie erfuhr, dass sie Borderlinerin ist. Außerdem gibt es einen angeborenen Fehler im Gehirn, der dafür sorgt, dass sie nicht ausreichend Serotonin und andere wichtige Hormone produzieren und ausschütten kann.#IchBinArmutbetroffen

Das führte zu depressiven Phasen. Durch das jahrelange Mobbing hatte sie soziale Phobien entwickelt und auch Adipositas war eine Folge davon.#IchBinArmutbetroffen

Susanne ist davon überzeugt, dass ihr viel früher geholfen hätte werden können, wenn in ihrer Kindheit und Jugend die für sie Verantwortlichen aufmerksamer gewesen wären. #IchBinArmutbetroffen

Allen voran ihre Mutter, die es versäumt hat mit ihr die richtigen Ärzte aufzusuchen. Aber die hat sie lieber spüren lassen, dass sie ungewollt war.#IchBinArmutbetroffen

Auch in der Schule hätten Susannes Probleme mehr Aufmerksamkeit benötigt. Es wäre ihr ein langer Leidensweg erspart geblieben. Nach der Diagnose brachte die Betreuerin viel auf den Weg. #IchBinArmutbetroffen

Susanne bekommt seitdem Grundsicherung. Auch hat die Betreuerin dafür gesorgt, dass die angeborene Behinderung von Susannes Mann endlich anerkannt wurde. Es gibt nachweislich unter 1000 Fälle in Deutschland.#IchBinArmutbetroffen

Susanne vermeidet es aufzuzählen, wie oft die beiden für Lügner und Idioten gehalten wurden, wenn sie bei Ämtern, Ärzten und Institutionen den Namen der Krankheit genannt haben.#IchBinArmutbetroffen

Leider hat die Betreuerin inzwischen aufgehört. Aber Susanne hat viel durch sie gelernt. Sie ist ihr bis heute dankbar dafür. Vor allem dass sie das Gefühl haben darf, dass sie ein Mensch ist und kein kranker Fehler.#IchBinArmutbetroffen

Susanne nimmt täglich Medikamente um den Umgang mit Menschen zu ertragen und ihren Hormonhaushalt zu regeln. Sie wird nie einer “geregelten” Arbeit nachgehen können, wie andere. Aber sie hat damit gelernt zu leben.#IchBinArmutbetroffen

Die einzige Arbeit, die sie machen könnte wird nicht unterstützt/gefördert. Daher wird sie in der grundsicherung hängen bleiben. Es ist jedesmal erneut anstrengend für sie den Leuten zu erklären warum, weshalb und weswegen.#IchBinArmutbetroffen

Und nach 18 Jahren Partnerschaft, 13 davon verheiratet, hat die Ehe nicht mehr stand gehalten. Der Druck von außen all die Jahre war zu groß, hat alle Kräfte aufgezehrt, die nötig gewesen wären um auch an der Partnerschaft zu arbeiten, dafür zu kämpfen.#IchBinArmutbetroffen

Susanne baut sich jetzt ein neues Leben auf, mit dem was sie weiß und kann.#IchBinArmutbetroffen

Liebe Susanne, mich hat deine Geschichte sehr berührt und an eigene Erlebnisse erinnert. Du bist eine unheimlich starke Frau und ich bin überzeugt davon, dass du auch den Neuanfang erfolgreich meistern wirst.#IchBinArmutbetroffen

Ich glaube Susannes Geschichte braucht keine weiteren Worte. Nur so viel: Seid sensibler mit Menschen die anders sind. Vermeidet Wörter wie dumm, Idioten oder andere ableistische Ausdrücke.#IchBinArmutbetroffen
#Ableismus

Jeder Mensch hat Gefühle die dadurch nachhaltig verletzt werden können. #IchBinArmutbetroffen

#IchbinArmutsbetroffen hat viele Gesichter. Die Gründe dafür sind vielfältig und niemand weiß, was der Mensch der vor euch steht schon durchgemacht hat.#IchBinArmutbetroffen

🧵Ende