Allmählich realisiere ich, welches high stake game die Gaswirtschaft und Teile der Politik spielen wollen
Es geht so: 1) Uniper&Co kriegen Bailout über direkten Staatseinstieg 2) statt heftiger Preisanpassung (§14 EnSiG) kommt bloß eine milde Umlage
Die Vorteile sind klar 🧵1/x
Uniper & Co:
- müssen ihren Kunden keine unangenehmen Briefe schreiben
- verkaufen weiterhin Gas zu moderaten Preisen, aber kriegen Verluste von der Clearing-Stelle erstattet
- werden sich dafür einsetzen, dass Staatseinstieg ohne freeze bei Boni&Dividenden kommt /2
Die Politik:
- erspart sich den Gaspreis-Schock bei den Verbrauchern mit Gelbwestenpotential
- muss kein teures Entlastungspaket schnüren (good news #Schuldenbremse)
- kann die Uniper-Aktien später mit Gewinn wieder verkaufen und sich schadlos halten
Soweit so gut - ABER... /3
...das ganze Spiel hängt an einer großen Unbekannten: werden die privaten Haushalte ohne Preissignale genug Gas einsparen?
Tun sie es nicht, droht im Winter die Gasmangellage, also Rationierung der Industrie und damit eine *SCHWERE* Rezession (eine leichte kriegen wir eh) /4
Tun sie es doch, fruchten also die moralischen Appelle und das nudging ("Frieren für den Frieden"), und spielt das Wetter mit, dann kann die Rechnung aufgehen.
Niemand muss dann mit stärkeren Unannehmlichkeiten fertig werden. Im Gegenteil: man ist Teil des großen Projekts! /5
Als Mainstream-Ökonom bin ich skeptisch, ob das reichen wird. Zu viel steht auf dem Spiel!
Ich glaube, es braucht handfeste finanzielle Anreize zum Energiesparen. Etwa durch Kombination der Umlage mit unserem #Energiesparbonus als Lenkungsinstrument. /6
Aber wenn die Wohlfühlstrategie tatsächlich klappt und die Industrie (und damit wir alle) trotzdem an einer Rationierungskrise vorbei schlittert, dann...
...haben wir alle was gelernt und die Lehrbücher der Mikroökonomik müssen umgeschrieben (mindestens ergänzt) werden. /END
PS: ich will diese Geschichte gleich ausführlich im @handelsblatt today podcast erzählen. Kommt dann heute um ca. 17:30 Uhr raus. Stay tuned!
PPS: kleiner Typo in Tweet #1. Die Preisanpassungsklausel steht in §24 den EnSiG, nicht in §14. Sorry!
Lesenswertes Update der #Gemeinschaftsdiagnose. Letztlich wird bestätigt, dass die 🇩🇪 Gas-Strategie (kein Embargo verhängen, aber auf russischen Lieferstopp vorbereiten) vermutlich richtig war.
Aber die Ablehnung eines #Energiesparbonus kann ich nicht nachvollziehen. /1
Quite remarkably, almost all of German dependance on Russian oil has been cleared by now - down to just 12%. Much earlier than expected, and without @BMWK making a big fuzz about it. Good job!
Only unresolved issue is the oil refinery in Schwedt. /2
Die 🇩🇪Industrie steht ohnehin unter extremem Transformationsdruck
Aber die Nonchalance, mit der einige hier das in eine völlige Disruption steigern wollen — in der guten Hoffnung, ein Gasembargo ließe sich schon managen und werde Putin irgendwie stoppen — ist schon bemerkenswert
Natürlich muss klar sein, dass die Zeit des billigen russischen Gases ein für allemal vorbei ist.
Geschäftsmodelle, die nur darauf basierten, werden sich in Deutschland nicht mehr rechnen.
Diesen Elefanten im Raum übersieht niemand mehr, der bei Verstand ist. /2
Aber der Umbau, kurzfristig auf teures LNG-Gas und langfristig auf grüne Alternativen, braucht eine gewisse Zeit.
Mit einem „cold turkey“ Entzug ist das schlechter zu realisieren als in einer Welt, wo russisches Gas über einen klar definierten Zeitraum von 2-3 Jahren ausläuft.
Simple embargo logic goes like this: as we don't buy oil&gas anymore, 🇷🇺 loses inflow of hard currency (FX)
This may not directly affect the the war machine, as soldiers, domestic weapon producers etc. are all paid in RUB, which Putin (the CBR) can produce at will /2
But the drama would unfold indirectly: Without FX flows, 🇷🇺 cannot pay for imports anymore.
It'd face massive inflation, as the exchange rate goes into free fall and all budget gaps are monetized with newly printed RUB
Recipe for chaos -> possibly a revolt against Putin /3
Auf jeden Fall kann man sagen: Putin ist eine Überraschung gelungen.
Substantiell ändert sich eigentlich erstmal nicht so viel.
Derzeit ist es so: wir bezahlen Gas in $ an Gazprom, die müssen es aber (zu 80%) bei der CBR in Rubel tauschen. Die $ landen also bei der CBR. /2
Nun sagt Putin offenbar: nix da! Ihr müsst Gazprom direkt in Rubel bezahlen!
Aber wo kriegen wir die her? Auf den int. FX-Märkten gibt's nicht genug davon. Woher dann? RICHTIG - von der russischen Zentralbank!
Sure, 🇷🇺 needs hard currency ($/€) to pay for imports. Noboby, not even China, accepts Rubles
And since the central bank's FX reserves ("Putin's warchest") are largely frozen, energy payments are the only source to get $€ to afford Western imports
EU imposes embargo -> no more $/€-flows -> all Russian imports dry up, incl. military components -> war machine stops, stores turn empty -> 🇷🇺 people start a revolt against Putin
Maybe that logic goes through. But here're my concerns: /3