Thread by @anked

meinen Thread zu Tag 5 der Delegationsreise des Ausschusses für Entwicklungszusammenarbeit nach Malawi u Südafrika gibts hier am Stück: threadreaderapp.com/thread/1549325…

Der Thread zu Tag 6 beginnt mit diesem Tweet. Um Verwirrung zu verhindern, nummeriere ich mit /6-1
#btAWZMalawiSA

Bevor wir nach Kapstadt reisten, hatte unsere Delegation in Pretoria noch 1 hochinteressantes Treffen mit 3 Beratern des südafrik. Präsidenten, Cyril Ramaphosa: Rudi Dicks, der Leiter seines Programm-Büros, der für die Prio-Programme des Präs. zuständig ist…
/6-2 #btAWZMalawiSA

…Anthony Costa, zuständ. für Investitionen im Büro des Präs., u Daniel Mminele, Leiter „Climate Finance Task Force“ des Präs., er soll 1,3 Mrd Rand (:17=€) zusätzl. Investitionen organisieren, 90% will er schon geschafft haben, u.a. mit Investitionen aus DE.
/6-3 #btAWZMalawiSA

Programm-Chef Dicks ist für 3 Prio-Programme zuständig: 1) Youth Intervention Program - Ziel: Senkung der extremen Jug.Arb.Losigkeit. Seit 2021 gibts das Programm, 3 Mio jg Südafrikaner:innen haben sich bereits per App dafür registriert…
/6-4 #btAWZMalawiSA

Das Youth Intervention Program ermöglicht registrierten jg Südafrikaner:innen Zugang zu Förderprojekten für den Übergang vom „Learning to Earning“ - von der Bildung ins Erwerbsleben. Wir werden so ein Projekt noch besuchen - einen sog. Yes4Youth Hub.
/6-5 #btAWZMalawiSA

DE fördert ü @giz_gmbh dieses wichtige Programm, ü das Jugendliche Abschlüsse nachholen, zusätzl. Qualifikationen erwerben o. sogar Jobs bei Partnerfirmen des Programms finden können. Die Jugendarb.losigkeit in Griff zu bekommen, ist für Südafrika elementar!
/6-6 #btAWZMalawiSA

2. Prio-Programm des Präs.: Verbess. der Infrastruktur: Straßen, Bahnlinien, Stromnetze, Telkonetze - alles wurde in letzten Jahrzehnten vernachlässigt (das erinnert mich an DE), was sich jetzt rächt. Und: das Energiedefizit behindert wirt. Entwicklung.
/6-7 #btAWZMalawiSA

Der nat. Stromversorger Eskom muss reformiert werden, zB mit Trenng von Netz u Versorgung, weitere „big reforms“ wurden angekündigt. Eskom bremst, aber seit wenigen Jahren dürfen priv. Firmen Strom (z.B. EE) erzeugen u an Endabnehmer (and. Firmen) verkaufen.
/6-8 #btAWZMalawiSA

3. Prio-Programm: Energiewende - darüber schrieb ich im Thread zu Tag 5, zum Besuch in der Kohleregion Mpumalanga. Nach diesem interessanten Austausch flogen wir weiter nach Kapstadt, wo wir Gepäck abwarfen u zu einer ungewöhnl. Stadtführung aufbrachen.
/6-9 #btAWZMalawiSA

Der Sohn eines (weißen) Anti-Apartheid-Aktivisten führte uns durch Kapstadt und zeigte/beschrieb uns Orte, die eine besondere Verbindung zur finsteren Apartheid-Zeit haben. Ist Euch eigtl. bewußt, dass das Ende der Apartheid in S.A. erst 28 J her ist?
/6-10 #btAWZMalawiSA

Wir lernen, dass nicht-weiße Menschen sich in einem „Race Office“ registrieren mussten, bis zu 11 verschiedene Rassen wurden sie zugeordnet, nach faschistoiden Methoden der Rassentheorie, z.B. mittels Gesichtsvermessung.
/6-11 #btAWZMalawiSA

Eine der "Rassen" hieß „honorary white“, wie Ehrendoktorwürde, nur mit weißer Hautfarbe. Reiche chines. Händler wurden genauso zu Weißen gemacht, wie zB 1 schwarzer Polizist aus d USA, der dienstl in S.A. zu tun hatte, die wollte man nicht behelligen.
/6-12 #btAWZMalawiSA

Man durfte zu Zeiten d Apartheid auch nicht Menschen and. Hautfarbe heiraten, selbst wenn 1 schwarzer Mensch zum honorary white erklärt wurde, durfte er/sie keinen PoC mehr heiraten. Das ganze System war unfassbar krank aber real noch bis nach dem Mauerfall!
/6-13 #btAWZMalawiSA

Auch deshalb ermordete 1966 Dimitri Tsafendas, halb Mosambikaner-halb Grieche, den „Architekten der Apartheid“, Premiermin. Verwoerd, denn er galt als Weißer u wollte 1 Schwarze heiraten. Sein Antrag, als Schwarzer klassifiziert zu werden, wurde abgelehnt.
/6-14 #btAWZMalawiSA

Der Anarchisten-Sohn u Kommunist wurde gefoltert, bereute nie u wurde o. zeitl. Begrenzung inhaftiert. Er starb nach 33J Haft im Gefängnis. 2 J zuvor erklärte er Besuchern: „Ich ermordete Verwoerd, weil er 1 Diktator u Tyrann war, der sein Volk unterdrückte“
/6-15 #btAWZMalawiSA

Der Nationalist Verwoerd war es auch, der Mandela für 27 J in den Knast von Robben Island brachte u den ANC u PAC verbot u auch sonst jede Opposition im Keim erstickte. Unter ihm füllten sich die Gefängnisse, es gab viele Todesurteile u Prügelstrafen.
/6-16 #btAWZMalawiSA

Apropos Mandela: die Apartheid-Stadtführung war am 18.7., und das war Mandelas Geburtstag u ist nun der #MandelaDay, der in S.A. sehr wichtig ist. Daher hier noch 2 Pics von seiner Statue an der Stelle, wo er nach der Freilassung seine berühmte Rede hielt.
/6-17 #btAWZMalawiSA

„District 6“ in Kapstadts Innenstadt wurde ethnisch „gesäubert“, 60.000 nicht-Weiße wurden zwangsumgesiedelt in neue Townships am Rande der Stadt, wo sie selbst u ihre Nachkommen z.T. heute noch leben, mit euphemist. Namen wie „our new home“.
/6-18 #btAWZMalawiSA

Nach der Vertreibung durften nicht-Weiße Menschen nur noch tagsüber im District 6 unterwegs sein u auch das nur, wenn sie eine dortige Arbeit bei weißen Menschen schriftlich nachweisen konnten. Heute erinnert das District 6 Museum an diese entsetzliche Zeit.
/6-19 #btAWZMalawiSA

Unser Guide erzählt, dass Südafrika immer noch ein traumatisiertes Land sei, mit einer traumatisierten Bevölkerung u dass bei allen Fortschritten die extreme Ungleichheit weiter existiert u heute die Trennung zw. „Haves u Have nots“ Menschen diskriminiert.
/6-20 #btAWZMalawiSA

Extreme Ungleichheit, die Menschen mit best. sozialen Hintergründen zb Hautfarbe ihrer Lebenschancen beraubt, sei die Ursache für die extreme Häufigkeit von Gewalt in Südafrika, wo es auch in Kapstadt Gangs gibt, in denen 11 Jährige Waffen tragen.
/6-21 #btAWZMalawiSA

Unser Guide empfiehlt uns, die kurze u aktuelle Doku „Contested Ground: Inside Cape Town’s gang wars“ zu sehen (10min, YouTube, Nov. 2021). Ich geb das mal so an Euch weiter. Unser Tag endet mit einem Dinner-Termin im dt. Konsulat mit Gästen v.a. aus NGOs.
/6-22 #btAWZMalawiSA

Auch bei diesen Gesprächen dreht sich vieles um bereits beschriebene Problemfelder. Wir lernen Stefan Hippler kennen, der noch zu Apartheid Zeiten die Organisation HOPE gründete, um Aidskranke zu behandeln, u Michael Krause, einen ausgewanderten Sachsen,…
/6-23 #btAWZMalawiSA

… der die VPU gGmbH gründete, VPU kommt von „Violence Prevention through Upgrading“ u hat Gewaltprävention durch Aufwertung von Brennpunktgebieten zum Ziel. VPU setzt auch auf frühkindl.. Arbeit u kooperiert mit 150 Kitas, wo man Gewaltfreiheit fördert.
/6-24 #btAWZMalawiSA

Während der Corona Krise versorgte VPU viele Kinder u 5.000 Schwangere mit Essen (40% der Schwangeren gingen mind. 1 mal die Woche hungrig ins Bett!) u VPU wurde zum Internet Service Provider, denn Schulen waren zu u Datenverkehr ist in S.A. sehr teuer.
/6-25 #btAWZMalawiSA

Von Teilhabe an der digitalen Gesellschaft kann in S.A. keine Rede sein. Die staatliche Telko-Gesellschaft nimmt Mondpreise u schließt damit vor allem PoC vom Zugang zum Internet aus - auch Kinder u Jugendliche ohne Schule im Lockdown.
/6-26 #btAWZMalawiSA

Das Irrste: Zugang zum Internet hat keine einheitl. Preise in S.A., es ist am teuersten in den ärmsten Vierteln, in einem Township am Stadtrand könne es 100 Mal so teuer sein, 1 MB runterzuladen, als in einem Reichenviertel in d Stadt. Trotz ANC Regierung 😕
/6-27 #btAWZMalawiSA

Die VPU bringt das Internet per Richtfunk in die Townships u macht es über WLAN zugänglich. Täglich gibts 75MB gratis für jeden. Außerdem verteilt VPU Datengutscheine an Kinder in Townships, z.B. wenn sie Biomüll einsammeln. Datenzugang gilt als Währung.
/6-27 #btAWZMalawiSA

Später erfahren wir, dass während des Lockdowns der Druck auf die Regierung so hoch wurde, dass ein zwangs-Zero-Rating für Webangebote gemeinnütziger Einrichtungen eingeführt wurde, so dass z.Z. schon ca. 1.000 Webangebote ohne Kosten zugänglich sind.
/6-28 #btAWZMalawiSA

Ich weiß, zero-rating verletzt die Netzneutralität, aber ehrlich: der Zugang schwarzer benachteiligter Kinder zu wenigstens einem Teil des Internets ist mir da wichtiger. Besser wäre aber, echte digitale Teilhabe über Gratiszugänge zu ermöglichen.
/6-29 #btAWZMalawiSA

Von VPU erfahren wir, dass sie eine Art Kataster für die Townships erstellen u dort erstmals Menschen eine Adresse verschaffen. Die braucht man z.B. für 1 Bankkonto o 1 Eintrag im Wählerregister, denn keine Adresse = kein Wählerregister = kein Wahlrecht!
/6-30 #btAWZMalawiSA

Von HOPE könnte ich noch viel Großartiges schreiben, von Ausbildungszentren für duale Bildung mitten im Gang-Area eines Townships, von antiviraler Behandlung Aids-Erkrankter, von Kitas, Schulen u Jugendarbeit, von Gründerkursen u psychosozialer Beratung...
/6-31 #btAWZMalawiSA

Der Thread wird zu lang, daher nur noch das zu HOPE: während der Pandemie grassierte Hunger im Township, u HOPE gab tgl 1000 Essen aus, obwohl 1 Ministerin die Essensausgabe verbot. Als hungrige Kinder u Mütter vor d Tür standen, kochten sie einfach weiter.
/6-32 #btAWZMalawiSA

Damit endete unser 6. Tag der Delegationsreise, für den 7. Tag gehts wie gewohnt mit einem neuen Thread weiter, der mit einem Link zum „Thread in einem Stück“ von Tag 6 beginnen wird.
/6-33 #btAWZMalawiSA

@threadreaderapp please unroll