Nachzahlungen von Heiz- oder Nebenkosten
- (K)ein Schrecken für #IchbinArmutsbetroffen|e
Für viele Arme egal ob mit oder ohne Arbeit sind sie ein jährliches wiederkehrendes Schreckgespenst - die Jahresabrechnungen und Nachzahlungen.
Aber das müssen sie nicht zwingend sein.
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Wer Leistungen vom #Jobcenter oder #Sozialamt bezieht, reicht die Jahresrechnungen einfach ein und die Nachzahlungen werden als Kosten der Unterkunft übernommen.
Ausnahme: Nicht voll übernommene Heizkosten nach Kostensenkungsverfahren vor 03/2020.
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Aber was ist mit Menschen, die keine Leistungen beziehen weil sie mit ihrem Einkommen knapp über der Leistungsgrenze liegen oder Wohngeld und Kinderzuschlag beziehen oder als Rentner knapp über der Grundsicherung liegen. Müssen sie diese Belastung komplett selbst tragen?
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Nein.
Im Monat der Fälligkeit der Rechnung wird die Nachzahlung zu einem zusätzlichen Bedarf an Kosten der Unterkunft und die Betroffenen knapp über der Grenze werden dadurch für einen Monat bedürftig und können damit Leistungen vom Jobcenter/Sozialamt beziehen.
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Das Amt übernimmt dann den Teil der Nachzahlung, der nicht durch das den Grundsicherungs/Alg2-Satz (inkl. Freibeträge) übersteigende Einkommen dieses Monats abgedeckt ist.
Das ist extrem relevant für Leute die #armtrotzArbeit sind.
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Beispiel:
Jana arbeitet als Aushilfe in der Gastro und verdient 1250€ netto. Ihre Wohnung kostet 451€ warm. Damit liegt ihr Bedarf mit dem Regelbedarf bei 900€. Auf ihr Einkommen hat sie einen Freibetrag von 300€, somit werden 950€ angerechnet.
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Sie liegt folglich 50€ über der Grenze um bedürftig zu sein.
Sie bekommt eine Heizkostenabrechnung mit einer Nachzahlung von 600€.
Wenn Sie nun im Monat der Fälligkeit einen Antrag beim Jobcenter stellt, übernimmt dieses 550€ (600€ Nachzahlung-50€ über der Grenze).
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Die Bedürftigkeit besteht in diesen Fällen nur in dem einen Monat. Im nächsten ist schon keine Bedürftigkeit mehr vorhanden.
Das Ganze funktioniert ausschließlich, wenn ein Antrag im Monat der Fälligkeit gestellt wird. Ist dieser Zeitpunkt verpasst, ist nichts mehr möglich.
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Rechtsgrundlagen:
§22 Abs.1 SGB II
BSG vom 8.5.2019 - B 14 AS 20/18 R
§35 Abs.1 SGB XII
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Beispielrechnung 1 zur Heizkostennachzahlung für Menschen, die normalerweise nicht im Leistungsbezug sind:
Seit dem 1.7.2023 gelten neue Regeln zum Einmaleinkommen. 1. Anrechnung im Zuflussmonat 2. Nur noch Nachzahlungen werden bei Bedarfsüberdeckungen auf 6 Monate aufgeteilt.
Dies führt zu einigen spannenden Veränderungen.
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Wird ein Einmaleinkommen bekannt, prüft das Jobcenter zunächst, ob diese im Zuflussmonat zur Überwindung der Hilfebedürftigkeit führt.
Ist dies nicht der Fall, wird es einfach in diesem Monat angerechnet und das Jobcenter fordert entsprechend Leistungen zurück.
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Beispiel:
Jan ist erwerbslos. Da seine Wohnung warm 600€ kostet, erhält er 1163€ vom Jobcenter. Er gewinnt im Gewinnspiel 1000€. Davon werden 970€ angerechnet. Diese führen nicht zur Überwindung des Hilfebedarfs und werden daher für den Zuflussmonat zurückgefordert.
Leistungsbezieher kennen das nur zu gut. Ein Bescheid kommt und die Entscheidung ist nicht wie erhofft...
etwas wurde nicht beachtet oder das Recht falsch angewendet.
Was bleibt?
Der Widerspruch gegen die Entscheidung!
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Ein Widerspruch zwingt die zuständige Behörde dazu, ihre Entscheidung, die als Verwaltungsakt ergangen ist, noch einmal auf ihre Recht- und Zweckmäßigkeit zu prüfen.
Nach der Prüfung kann das Ergebnis entweder heißen:
-War doch alles richtig
-Upps, falsch. Hier die Änderung
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Widersprüche können nur gegen Verwaltungsakte eingelegt werden, aber nicht alles, was aus dem Amt kommt, ist ein Verwaltungsakt.
Einfach wäre: Alles was eine Widerspruchsbelehrung hat, ist ein Verwaltungsakt.
Aber darauf kann man sich nicht verlassen...
Unklarheiten beim Amt, wer muss diese eigentlich klären?
- Amtsermittlungsprinzip
Leistungsberechtigte kennen es vom Jobcenter/Sozialamt:
Das Amt hat Fehler gemacht - Schuld ist der Leistungsempfänger.
Aber ohne Falschangaben oder Verschweigen liegt der Fehler beim Amt!
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Die Ämter haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, alles Wichtige zu wissen, die Berechtigten über alles sozialrechtlich Relevante zu informieren und zügig zu arbeiten.
Hier spielen einige Verfahrensvorschriften zusammen, die aber auf den Ämtern (leider) selten gelebt werden:
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1. Nach §20 Abs1 SGB X sind Sozialbehörden wie das Jobcenter dafür zuständig, in jedem Fall alle wichtigen Sachverhalte zu ermitteln und zu untersuchen. Nur um dies dem Amt zu ermöglichen gibt es die Mitwirkungspflichten.
Eine junge alleinerziehende Mutter, die eine Ausbildung zur Pflegefachfrau absolviert, berichtet davon, dass sie aus finanziellen Gründen darüber nachdenkt, die Ausbildung abzubrechen und Bürgergeld zu beziehen.
Hier kommt der Realitätscheck
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Im Artikel aus "Der Westen" der auf einem der "Welt" basiert werden einige Zahlen genannt anhand von denen sich die Lebenssituation der jungen Frau vor der Ausbildung rekonstruieren lässt.
1. Anhand des genannten Kinder-Regelbedarfs von 357€ ist klar, dass die Tochter zwischen 0 und 5 Jahren alt ist.
2. Da das Tochter unter 7 Jahre alt ist, ist die Höhe des Regelbedarfs für Alleinerziehende klar. Nach §21 Abs3 SGB II sind es 36% des Regelbedarfs = 202€.
Das Jobcenter gewährt 538€ Grundfreibetrag für Azubis unter 25 Jahren.
Warum nicht auch für Menschen ab 25 mit Anspruch auf eine Umschulung?
Diese Frage habe ich @hubertus_heil über Abgeordnetenwatch gestellt... und eine Antwort bekommen, die aus meiner Sicht keine ist.
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@hubertus_heil Wer Anspruch auf eine Umschulung hat, hat keinen oder einen veralteten Berufsabschluss.
Er sollte nach der Grundidee des Bürgergelds qualifiziert werden.
Möbel und Haushaltsgeräte
- ein Reizthema für Armutsbetroffene
Bei der Erstausstattung der Wohnung handelt es sich um eine Einmalzahlung, mit der das #Jobcenter/Sozialamt in bestimmten Fällen Möbel, Hausrat und Haushaltsgeräte bezahlt.
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Die Erstausstattung soll die erstmalige Beschaffung von Möbeln usw. ermöglichen.
Es gibt sie, wenn es einen besonderen Grund gibt, aus dem man Hausrat nicht hat.
Falsch ist:
1.Dass sie jedem 1x im Leben zusteht.
2.Dass man sie nur 1x bekommen kann.
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Gründe können beispielsweise sein:
- Wohnungsbrand
- Überschwemmung
- Ersteinzug nach Obdachlosigkeit/Frauenhaus
- Auszug bei den Eltern (über 25)
- Zusammenziehen mit Partner:in
- Trennung vom Partner:in
- Genehmigter Umzug
- Geburt
- Einschulung