Mit diesem 🧵gehe ich auf die von #Amnesty erhoben Vorwürfe ein und betrachte sie aus völkerrechtlicher Perspektive. Das in dem Artikel angesprochen International Humanitarian Law (Genfer Abkommen + Zusatzprotokoll I) ist dabei die Rechtsgrundlage. 1/ amnesty.org/en/latest/news…
"Ukrainian forces have put civilians in harm’s way by establishing bases and operating weapons systems in populated residential areas including in schools and hospitals" hiermit beginnt der Report von @amnesty
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Der Art. 52 ZP I GA I-IV sagt folgendes aus
"1. zivile Objekte dürfen weder angegriffen noch zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden. Zivile Objekte sind alle Objekte, die nicht militärische Ziele im Sinne des Absatzes 2 sind."
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2. Angriffe sind streng auf militärische Ziele zu beschränken. Soweit es sich um Objekte handelt, gelten als militärische Ziele nur solche Objekte, die auf Grund ihrer Beschaffenheit, ihres Standorts, ihrer Zweckbestimmung oder ihrer Verwendung wirksam
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zu militärischen Handlungen beitragen und deren gänzliche oder teilweise Zerstörung, deren Inbesitznahme oder Neutralisierung unter den in dem betreffenden Zeitpunkt gegebenen Umständen einen eindeutigen militärischen Vorteil darstellt. "
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Natürlich kann also aus zivilen Gebäude z.B. verteidigt oder angegriffen werden. Auch sind Feuerstellung z.B. für Mörser denkbar, damit werden diese Objekte oder Flächen aber zu rechtmäßigen militärischen Zielen und dürfen bekämpft werden.
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Art. 58 Vorsichtsmassnahmen gegen die Wirkungen von Angriffen "Soweit dies praktisch irgend möglich ist, werden die am Konflikt beteiligten ParÂteien
a)
sich unbeschadet des Artikels 49 des IV. Abkommens bemĂĽhen, die ZivilÂbevölkerung, einzelne Zivilpersonen und
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zivile Objekte, die ihrer Herrschaft unterstehen, aus der Umgebung militärischer Ziele zu entfernen;
b)
es vermeiden, innerhalb oder in der Nähe dicht bevölkerter Gebiete militärische Ziele anzulegen"
Soweit die praktisch möglich ist, die Feindseligkeiten finden aber 8/
bewohntet Städten und Dörfern statt. Beide Artikel sind wichtig in diesem Kontext und werden im AI Report an keiner Stelle erwähnt. Es gibt also zivile oder militärische Objekte, sobald ein Objekt militärisch genutzt wird, ist es ein rechtmäßiges militärisches Ziel, welches
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bekämpft werden darf. Sonderfälle wie medizinische Einrichtungen und Sanitätspersonal betrachten wir später. Daher erschließt sich mir nicht wie AI zur folgender Beurteilung kommt:
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"Such tactics violate international humanitarian law and endanger civilians, as they turn civilian objects into military targets."&“We have documented a pattern of Ukrainian forces putting civilians at risk and violating the laws of war when they operate in populated areas,”
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"Ukrainian forces launching strikes from within populated residential areas as well as basing themselves in civilian buildings in 19 towns and villages in the regions." Dies ist kein VerstoĂź gegen die Genfer Abkommen.
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"Most residential areas where soldiers located themselves were kilometres away from front lines." Dies kann aus taktischen Aspekten Sinn machen, Logistik, Instandsetzung, Reserven, auch diese sind auf Infrastruktur angewiesen, die eben nicht in einem Waldgebiet liegen.
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Es zeigt nur, dass AI keinerlei Verständnis von Streitkräften hat, von der Notwendigkeit diese Vorwürfe mit z.B. mit Satellitenbildern zu stützen einmal ganz zu schweigen.
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"AI is not aware that the Ukrainian military who located themselves in civilian structures in residential areas asked or assisted civilians to evacuate nearby buildings" Wurde dies untersucht, ist dies AI nicht bekannt, konnte keine Erkenntnisse gewonnen werden?
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Aber es folgt folgende Beurteilung "a failure to take all feasible precautions to protect civilians." Militärische Kampfhandlungen gerade bei einem Konflikt mit einer so breiten Frontline unterliegt einer Dynamik, es kommt zu Gegenangriffen, Gebietsgewinnen etc.
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Zudem besteht sei erneut auf Art. 58 verwiesen "Soweit dies praktisch irgend möglich ist". Es ist eben nicht immer möglich und damit auch kein Verstoß gegen das Prinzip der Vorkehrung.
Es folgt ein Absatz, denn man den mangelnden Verständnis des Art. 58 zuschreiben muss. 17/
Aus diesem Grund wird dieser an dieser Stelle nicht weiter betrachtet. Das Zivilisten unter den Folgen des Konflikts leiden ist schrecklich, dennoch haben die Aussagen der Zivilisten keinerlei juristische Relevanz. An dieser Stelle werde ich mir eine Beurteilung sparen,
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warum sie dennoch in diesem Bericht verwendet werden.
"I stayed here because my mother didn’t want to leave. She has health problems.", ob den Bewohnern einen Evakuierung angeboten wurde, geht aus dem Statement nicht hervor.
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"AI researchers witnessed Ukrainian forces using hospitals as de facto military bases in five locations. In two towns, dozens of soldiers were resting, milling about, and eating meals in hospitals. In another town, soldiers were firing from near the hospital."
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Wieviele Soldaten, welche Art von Soldaten, wo genau waren die 5 genannten Orte. Keinerlei Details werden geliefert. Handelte es sich hierbei um Sanitätspersonal oder Einheit im Sinne des Art. 8 Abs. c u. e? Denn diese Kräfte dürfen sich dort aufhalten.
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Art. 12 "1. Sanitätseinheiten werden jederzeit geschont und geschützt und dürfen nicht angegriffen werden."
Dieser Schutz kann aber enden, wie Art 13 ausfĂĽhrt:
"1. Der den zivilen Sanitätseinheiten gebührende Schutz darf nur dann enden, wenn diese ausserhalb
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ihrer humanitären Bestimmung zu Handlungen verwendet werden, die den Feind schädigen. Jedoch endet der Schutz erst, nachdem eine Warnung, die möglichst eine angemessene Frist setzt, unbeachtet geblieben ist. 2. Als Handlung, die den Feind schädigt, gilt nicht
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a)
die Tatsache, dass das Personal der Einheit zu seiner eigenen Verteidigung oder zur Verteidigung der ihm anvertrauten Verwundeten und Kranken mit leichten Handfeuerwaffen ausgerĂĽstet ist;
b)
die Tatsache, dass die Einheit von einer Wache, durch Posten oder von
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einem Geleittrupp geschĂĽtzt wird;
c)[...]
d) [...]
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Das von AI beschriebene Verhalten schädigt gerade nicht den Feind und ist somit kein Verstoß gegen das Genfer Abkommen. "Firing near the hospital" wird nicht weiter ausgeführt.
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"A Russian air strike on 28 April injured two employees at a medical laboratory in a suburb of Kharkiv after Ukrainian forces had set up a base in the compound." Ohne eine Warnung nach Art. 13 Abs 1 ist dies ein weiteres russisches Kriegsverbrechen.
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"However, militaries have an obligation to avoid using schools that are near houses or apartment buildings full of civilians, putting these lives at risk, unless there is a compelling military need." Ohne das militärische Notwendigkeit weiter ausgeführt wird.
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Der gesamte Bericht mangelnd nicht nur an genauen Beschreibungen (Orte, Zahlen, Bildern), sondern auch an einem absolut mangelnden Verständnis des Law of Armed Conflict bzw. IHL. Es wird vielmehr versucht Verstöße gegen durch ukrainische Streitkräfte zu "konstruieren".
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Die beste Beschreibung die ich bisher gefunden habe.
30/30
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Ich habe mir die Doku angesehen und kann sie nicht empfehlen. Da völkerrechtliche Sachverhalte einfach nicht dargestellt werden. Ein paar Beispiele und eine völkerrechtliche Einordnungen. 1/
"Mit Drohnen töten die USA vermeindliche Terroristen weltweit ob mit und ohne Kriegserklärungen", "Hinrichtungen ohne Todesurteile", "kein anderes Land wurde so oft von Drohnen bombardiert wie Afghanistan".
Eine Unterscheidung in die Konflikte der verschiedenen Länder erfolgt nicht. Dies ist aber wichtig, Afghanistan war ein nicht- international bewaffneter Konflikt und somit fand das Humanitäre Völkerrecht (International Humanitarian Law) Anwendung.
3/
"Missgönnen den Urlaub", interessante Sichtweise. Ich durfte oft meinen genehmigten Erholungsurlaub zurücknehmen oder er wurde aufgehoben. Als Offizier bin ich diesem auch immer nachgekommen, auch wenn die Gründe nicht immer zwingend dienstlich waren. 1/
Pro Jahr baue ich i.d.R. mehr als 300+ Überstunden auf und ich bewege mich nicht auf der Ebene B-Besoldung. Vielmehr ist dies eine Ausprägung meines militärischen Selbstverständnis, aber in keinem der von mir geschilderten Beispiele herrschte Krieg in Europa oder ging es um
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einen Einsatz, vielmehr ist dies Grundbetrieb.
Daher habe ich kein Verständnis für höchste Führungskräfte in der Bundeswehr die ihren Urlaub als wichtiger empfinden als den Krieg in der Ukraine. Dies kann gerne der zukünftige Standard für die Bundeswehr sein, daran glaube 3/
Ein Russland welches nicht ukrainische Städte massiv bombardiert, obwohl es besonders geschützte zivile Objekte sind.
Ein Russland welches nicht die schlimmsten Kriegsverbrechen seit Srebrenica auf dem europäischen Kontinent begangen haben (und dieser Krieg dauert an).
2/
Ein Russland welches die Würde des Menschen auch im Konflikt achtet (Aufzählung aller Beispiele würden hier den Rahmen sprengen).
Nachdem ich den Artikel gelesen habe, einige Anmerkungen zu den Ansichten von Reinhard Merkel. Dieser versucht eine Dilemma Situation auf Seiten der Ukraine zu erzeugen.
"Denn Staaten haben gegenüber ihrer Bevölkerung Schutzpflichten." Dies stimmt völkerrechtlich, 1/
hiermit ist aber vielmehr innerstaatliche Sicherheitskräfte gemeint. Die entsprechende Sicherheit für die Bevölkerung schaffen sollen, nicht gemeint sind Aufständische oder staatliche Akteure (wie die russische Armee) die gezielt gegen die Bevölkerung/Zivilisten vorgeht.
2/
"Hier kollidieren zwei fundamentale Schutzpflichten der Regierung in Kiew. Erstens: Gegenüber einem illegitimen Aggressor hat man sein Land und die Selbstbestimmung der staatlich verfassten Gemeinschaft zu verteidigen". Die Ukraine hat selbstverständlich das Recht zur
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Diese Aussage ist völkerrechtlich einfach falsch ...
Russland hat die Ukraine angegriffen und daher hat die Ukraine das Recht auf Selbstverteidigung nach Art. 51 UN-Charta. 1/
Nachdem die Waffenlieferungen die Ukrainische Grenze überwunden, sind diese legitime militärische Ziele und dürfen durch die RUS im Rahmen rechtmäßiger Feindseligkeiten bekämpft werden.
3/
@Naut_Impulse@thomas_wiegold
Die Absicht der russischen Armee auf das Asowstal-Werk in Mariupo abzubrechen und stattdessen zu belagern, hat einige völkerrechtliche Herausforderungen. 1/
Zum einen halten sich sowohl Angehörige der Ukrainischen Armee, als auch Zivilsten dort auf. Die genaue Anzahl lässt sich nicht verifizieren. Mehrere Angebote zur Aufgabe, wurden durch die UKR Soldaten abgelehnt. Daher finden die gegenseitigen Feindseligkeiten in diesem 2/
sehr herausfordernden Areal weiter statt.
Eine Unterscheidung zwischen Zivilisten und Kombattanten gestaltet sich als Herausforderung, gerade auch vor dem Hintergrund der Abgrenzung in diesem Krieg. 3/ đź”˝