Thread by @isabell_beer

Mit @d_fehringer habe ich für @STRG_F mehrere Monate in der TikTok-Drogenszene recherchiert. Seit 2017 recherchiere ich zur Online-Drogenszene - auf TikTok habe ich Dinge gesehen, die mir in den fünf Jahren davor in der Form/dem Ausmaß nicht begegnet sind.
#EinThread. (1/14)

Über die Online-Drogenszene habe ich das Buch "Bis einer stirbt" geschrieben. Inzwischen ist die Facebook-Szene ziemlich eingeschlafen - dafür hat sich eine neue, deutlich jüngere auf TikTok geformt.
Was uns bei der Recherche () aufgefallen ist: (2/14)

1. Das Alter
Die Drogen-Community auf TikTok ist zum Großteil minderjährig, darunter sind auch Kinder. Einige User berichten, sie hätten bereits mit 10, 11 oder 12 das erste Mal Drogen genommen. (3/14)

2. Die Reichweite
Auf Facebook spielte sich Drogenverherrlichung und Handel in geschlossenen Gruppen mit Tausenden Mitgliedern ab. Bei TikTok ist all das öffentlich einsehbar, man muss nicht erst irgendwo beitreten. Darin liegt eine weitere Problematik. (4/14)

Drogenverherrlichende Clips werden auf TikTok auch Nutzern ausgespielt, die gar nicht danach suchen. Das merkt man auch in den Kommentaren, wenn junge User fragen, was Szenebegriffe bedeuten.
Clips von Jugendlichen im Rausch sammeln teils Tausende bis Zehntausende Likes. (5/14)

3. Die Darstellung
Auf TikTok teilen User Clips von sich im Rausch, unterlegt mit Musik. Einige dieser Kurzvideos wirken wie Werbeclips für Drogen und Nutzer schreiben darunter, dass sie es jetzt auch ausprobieren wollen. (6/14)

4. Hauptgründe für den Konsum
Vorweg: Es gibt viele Gründe für Drogenkonsum. Es fällt aber auf, dass ein Großteil der Jugendlichen aus der TikTok-Drogenszene nicht konsumieren, um sich auszuprobieren, sondern wegen Problemen. Vielen von ihnen geht es enorm schlecht. (7/14)

Bei der Recherche habe ich zum Beispiel auch gesehen, wie eine 14- oder 15-jährige Drogen-Konsumentin über TikTok einen Schlafplatz gesucht hat. Wir haben so vieles gesehen in diesen Monaten, das hat nicht alles in den Film gepasst. (8/14)

5. Drogenhandel
Auf Facebook gab es in den Gruppen Dealer. So plump wie auf TikTok lief es allerdings nicht ab.
Hier wird unter Clips von Jugendlichen im Rausch offen nach Drogen gefragt, es bieten sich Nutzer als Dealer an / vermitteln Kontakte. Dieses Ausmaß ist neu. (9/14)

6. Beliebte Drogen
Konsumiert wird vor allem Ecstasy/MDMA, Jugendliche zeigen sich im Rausch mit erweiterten Pupillen zu drogenverherrlichenden Sounds, die auf TikTok verfügbar sind. Aber auch Speed, Crystal Meth und Heroin sind beliebt. (10/14)

7. Das Image von Heroin
Einige Jugendliche auf TikTok feiern Sounds, in denen es um Christiane F. geht, manche schreiben, sie wollen Heroin ausprobieren.
Wir haben auf TikTok auch junge Heroin-Konsumenten gefunden. (11/14)

8. Romantisierung
Der Absturz bzw. Drogensucht, wird in einigen TikToks bzw. in den Kommentaren romantisiert. (12/14)

9. Was macht TikTok?
TikTok erklärt auf unsere Anfrage, „die Sicherheit und das Wohlergehen unserer Community hat für uns Priorität“. Man verbiete die Darstellung, die Werbung oder den Handel mit Drogen und entferne diese von der Plattform. (13/14)

Nur: Einschlägige Drogen-Hashtags hat TikTok selbst nach Hinweis durch uns bis Redaktionsschluss nicht gesperrt, sie sind weiter abrufbar und mit ihnen Clips von Jugendlichen im Drogenrausch, über die man wiederum an Dealer kommt. (14/14)