Warum mir diese Verfassungsbeschwerde am Herzen liegt: Sonja M. zeigte an, von Vorgesetztem in der #Werktstatt für #MenschenMitBehinderungen sexuell belästigt worden zu sein, die Staatsanwaltschaft stellte ein: Wegen kognitiver Beeinträchtigungen sei sie unfähig, auszusagen. 🧵
Die Verfassungsbeschwerde wird vertreten von @TheresiaDegener, #RonskaGrimm und mir und begleitet von @bff_gegenGewalt, #Weibernetz @ISL_eV und dem Disabilities-Rights-Institut #BODYS #EVHBochum. Worum es geht und warum die Beschwerde so wichtig ist?/2
Sonja M. schildert, 2020 mehrfach gegen ihren Willen von einem Vorgesetzten angefasst & geküsst worden zu sein. Sie hat das der Polizei detailliert geschildert, sowohl die Polizeibeamtin als auch Betreuerinnen, die sie lange kennen, hielten ihre Schilderungen für glaubhaft./3
Ein psych. Gutachten sprach ihr dann aber wegen leichter bis mittelgradiger kognitiver Beeinträchtigungen die "Aussagefähigkeit" ab. Heißt: Sie könne nicht erinnern & wiedergeben, wenn ihr etwas Vergleichbares geschehe. Ihre Aussage soll rechtlich wertlos sein./3
Aussagepsychologische Gutachten sind in Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen und damit insb. bei #SexualisierterGewalt absolut üblich ist. Problem: Die Gutachterin hier hat keinerlei Expertise im Umgang mit Zeug*innen mit kognitiven Beeinträchtigungen./5
Die Gutachterin hat schwere methodische Fehle begangen, Sonja M. über 3 Stunden ohne Pause befragt, dabei geduzt & wie ein Kind behandelt. Eine anerkannte Sachverständige meint: Das Ergebnis des Gutachtens ist nicht haltbar. Die Staatsanwaltschaft hätte das erkennen müssen./5
Denn: Aussagefähigkeit ist eine Mindestschwelle, sie liegt auch bei schweren kognitiven Beeinträchtigungen & bei 4jährigen Kindern grundsätzlich vor. Sonja M. jedenfalls ist definitiv aussagefähig. Ihre Aussage hätte auf Glaubhaftigkeit gewürdigt werden müssen./6
Vorm Verfassunsgericht machen wir gelten: Das verletzt Grund- und Menschenrechte von Sonja M. Ihr Anspruch auf effektive Strafverfolgung & diskriminierungsfreien Zugang zum Recht wurden verweigert, effektive Rechtschutzmöglichkeiten fehlten. /7
Das Verfahren ist leider beispielhaft für ein eklatantes Menschenrechtsproblem und für strukturelle Diskriminierung von Frauen mit Behinderungen. Deutschland wird Verpflichtungen aus UN-Behindertenrechtskonvention #UNBRK und Istanbul-Konvention zum #Gewaltschutz nicht gerecht./8
#FrauenmitBehinderungen sind 2-3mal häufiger von #sexualisierterGewalt betroffen, die Täter*innen eigentlich immer davon. Das liegt u.a. daran, dass Polizei & Staatsanwaltschaft keine Schulungen oder Vorgaben zum Umgang mit Zeug*innen mit kognitiven Beeinträchtigungen haben./9
Wie kann das Verfahren beschleunigt werden, wie sollte die Vernehmung aussehen und Doppelvernehmungen vermieden werden, wie können Fragen formuliert werden, welche Expertise brauchen Gutachter*innen? Hier gibt es dringenden und großen Aufholbedarf. /10
Wir hoffen nun, dass der Verfassungsgerichtshof Berlin diese Rechtsverletzungen erkennt und aus der Verfassung Vorgaben ableitet. Täter sexualisierter Gewalt an Frauen mit Behinderungen müssen zukünftigt zur Rechenschaft gezogen werden können./11
Nebenbei: Es ist mir eine unglaubliche Ehre, mit d wunderbaren @TheresiaDegener, u.a. ehemaliges Mitglied des UN-Fachausschusses für die Rechte von #MenschenmitBehinderungen, und mit d großartigen & unfassbar engagierten Rechtsanwält*in #RonskaGrimm zusammenarbeiten zu dürfen./12
Ein schöner Bericht von Manuela Heim in der taz dazu: taz.de/Gewalt-gegen-M…
Hier findet sich die Pressemitteilung zum Verfahren von @bff_gegenGewalt, #Weibernetz @ISL_eV & Institut #BODYS der #EVHBochum. 👇🏻/14
https://twitter.com/bff_gegenGewalt/status/1574368214766829573
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