Die oberen 10 Prozent sind für den Großteil der CO2-Emmissionen verantwortlich.
Im Diskurs wird die Verantwortung aber gern verschoben. #IchBinArmutsbetroffen in D zählen zu den globalen 10 Prozent. Dennoch tragen sie so gut wie keine Verantwortung für die desaströse Lage. Ein 🧵
Es passiert immer wieder. Weist man auf die Verantwortung der Reichsten an der #Klimakatastrophe hin, kommt jemand, meist aus dem liberalen oder konservativen Spektrum, und verweist darauf, dass die oberen 10 Prozent ja die gesamte westliche Welt seien.
Das ist ein Trick. /2
Ja, es stimmt. Auch Menschen in #Armut in Deutschland stoßen zu viel CO2 aus. Das hat aber weniger mit unserer Lebensweise sondern mit unserem Anteil an der Infrastruktur zu tun. /3
Es ist ohnehin recht einleuchtend: Menschen auf 30 qm verbrauchen weniger, als Menschen auf 300 qm. Arme haben seltener Autos, verbrauchen weniger Energie und sind sogar auf Sparsamkeit angewiesen. Dennoch gibt es C02, das sich unserer Wirkmacht entzieht. /4
Unsere Wohnungen sind oft schlecht gedämmt und wir nutzen veraltete Heizsysteme. Sie gehören uns aber nicht. Wir entscheiden nicht über ihre Effizienz. /5
Arme haben seltener Autos. Wenn, dann sind es oft alte Fahrzeuge, teure E-Mobile fallen ohnehin raus. Wir profitieren dahingehend auch nicht von Subventionen.
Wir nutzen öffentliche Verkehrsmittel. Auch hier haben wir praktisch keinen Einfluss auf Emissionen. /6
Arme fahren selten aus Vergnügen, sondern weil sie müssen. Das betrifft am stärksten die Working Poor, die täglich ihren Weg zur Arbeit absolvieren müssen.
Politische Wahlen haben in den letzten Jahrzehnten wenig bis nichts bei der Senkung von Emissionen im ÖPNV bewirkt. /7
Sehr gern wird Armen ein falscher Konsum vorgeworfen. Wenig ökologisch nachhaltige Produkte, dafür Billigfleisch, so lautet das Klischee. Das ist nicht vollends falsch. Ökologisch nachhaltige Produkte bei halbwegs gesunder Ernährung sind aber teuer. /8
Arme konsumieren dennoch weniger. Bei uns klingelt der Pizzabote selten und Amazon noch seltener.

Aufällig ist, dass wit trotz dieser ganzen Benachteiligungen immer noch ganz erheblich weniger Emissionen ausstoßen, als Reiche. Obwohl unsere Wohnungen schlecht gedämmt, unsere /9
Heizkörper alt, unsere Arbeitswege lang, unsere politischen Einflüsse gleich Null sind.

Trotzdem geht immer wieder die Erzählung von hohen Verbräuchen der Armen um. Da im Narrativ unserer Gesellschaft wir für alles selbst verantwortlich seien, haben obere Mittel- und /10
Oberschicht recht bequeme Ausweicherzählungen. Man habe ja Solarpanele, darum dürfe man fliegen. Die Pizza geht klar, man fährt ja E-Auto. Arme sind hier ein großartiger Sündenbock. Da man ja selbst so 'vorbildlich' lebt, wirken wir in unseren schlecht gedämmten Wohnungen /11
mit unserem "Billigfleisch" wie aus dem Horrorkabinett der Klimasünden.

Die Datenlage zeigt aber nicht auf uns. Sie zeigt deutlich: je reicher du bist, desto klimschädlicher lebst du. Und je reicher du bist, desto mehr Möglichkeiten hättest du theoretisch, deinen Ausstoß zu /12
vermindern. Weil du Macht über dein Leben hast, die Arme nicht haben. Auch du hast natürlich nicht auf alles Einfluss. Aber mehr, als Bernd der Bandarbeiter, for sure.

Bei einem Grünen las ich kürzlich, man müsse die Arbeiter hierzulande auf das Wohlstandsniveau von /13
Drittweltländern bringen. Die kognitive Dissonanz der privilegierten Schichten betrifft also nicht nur Liberale und Konservative.

Bevor wir uns missverstehen: Degrowth ist unvermeidbar. Derzeit wird aber verhandelt, ob eine Mehrheit in Verhältnisse absoluter Armut gedrängt /14
werden soll, damit eine Minderheit ihren Lebensstil nicht wird aufgeben müssen, oder ob der Degrowth vor allem die harten Emmitenten trifft.

Degrowth bedeutet übrigens nicht die Rückkehr in die Steinzeit. Technologischer Fortschritt ist ohnehin irreversibel. /15
Degrowth bedeutet nur, dass wir auf das Verzichtbare verzichten. Dinge, die bisher im Überfluss produziert wurden, müssen in Zukunft weniger und auf Nachhaltigkeit hin hergestellt werden. Konzepte wie Planned Obsolescence müssen aufgeben und durch nachhaltige Strategien /16
ersetzt werden. Im Klartext bedeutet das: technische Geräte mit langer Lebensdauer, erneuerbare Energien privat und öffentlich, Zugang zu hochwertiger, regional produzierter Nahrung für jedermann. Es bedeutet aber auch Einbußen. Weniger Import, Abbau der Fleischindustrie, /17
um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Degrowth wird kommen. Die Frage ist, ob wir die Gestaltung übernehmen, oder ihn auf uns zurauschen lassen. Und wenn wir gestalten, haben wir die Wahl: ein gutes Leben voller Privilegien für eine Minderheit, oder ein Leben mit fairer /18
Verteilung nachhaltiger Güter für alle. Das würde übrigens für Armutsbetroffene hierzulande in gewisser Weise ein Upgrade bedeuten, denn wir bekämen Zugang zu langfristig funktionierenden Geräten. Luxuskonsum, wie das jährliche Kaufen des neuesten Iphones wäre schlicht /19
nicht mehr notwendig.
Die ganze Arbeitswelt würde sich restrukturieren. Es würden ja Kräfte frei, die sich im Moment nur mit Vertrieb und Support von fragilen Dingen beschäftigen.

Aber derzeit schaut es eher so aus, als würde uns Degrowth by Desaster treffen. Und die /20
Mächtigeren retten sich, zumindest für ein, zwei Generationen. Sie erhalten ihren Wohlstand, lassen uns dafür arbeiten, in noch extremerer Weise, als es jetzt schon der Fall ist. Sie selbst tarnen sich als ökologische Leistungsträger, werden von ihren Solardächern herab /21
schauen und uns verächtlich für ihre Verfehlungen verhöhnen.

Die gute Nachricht ist, dass wir noch die Chance für einen System change haben. Dazu dürfen wur aber den Reichen nicht länger die Deutungshoheit überlassen. /Ende
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Sep 15
Ich hasse meinen Job. Bzw., wäre er auskömmlich bezahlt, könnte ich ihn noch leicht als notwendiges Übel betrachten.

Auf der anderen Seite mache ich ihn leider gut. Ich bekomme ständig gute Bewertungen, bin gut in der Zeit und präzise.

Warum also werde ich nicht /1
auskömmlich bezahlt?

Zum einen ist da natürlich das Offensichtliche. Wir haben zwar Fachkräftemangel, aber in diesem Sektor ist er noch nicht angekommen. Man würde mich jederzeit durch einen schwächeren Mitarbeiter ersetzen, um Geld zu sparen. Denn das ist /2
immer die Priorität.

Dann kommen noch die internen Trick-Strukturen hinzu. Wie immer sind die vom System geforderten Spitzenleistungen unerreichbar, oder nahezu unerreichbar, weil sich die Parameter "Genauigkeit", "Freundlichkeit" und "Zeitdruck" widersprechen. /3
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Sep 13
CN: Klassismus

Klassismus ist Teil meines täglich Brot. Als Telefonsekretär, der Menschen am Telefon abfängt und ihnen Fragen zu ihrem Anliegen stellt, werde ich täglich mehrfach diffamiert und beleidigt. Ein kurzer 🧵 /1

#IchBinArmutsbetroffen
Viele erachten meine Arbeit als bestenfalls lästig. Um mit möglichst wenig Aufwand an mir vorbeizukommen, stellen sie meine Arbeit als unwichtig und minderwertig dar. Die Strategien, die sie dafür nutzen sind: /2
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Sep 10
Der maßgebliche Indikator, der Liberalismus definiert, wird von Vulgärliberalen nicht verstanden: /1
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Je begrenzter der Rahmen, desto weniger Freiheit genießt du. Und entgegen dem Glauben von Vulgärliberalen ist es weniger der Staat, der unfrei macht. Sie und die Kaste, die sie vertreten sind es, die unfrei machen. /3
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Jun 20
Meine Damen und Herren, werfen wir einmal einen Blick auf den massiven normativ getriebenen Logikfehler des guten "Doktors" hier.

Ein 🧵

#IchBinArmutsbetroffen
Der verehrte Doktor scrollt also durch den Hashtag und sieht diese Wishlist. In seinen Synapsen blitzt es, die innere moralische Stimme, ich stelle sie mir gern in Gestalt eine schwäbischen Hausfrau vor, hebt den Zeigefinger und sagt: "Des darf abr ned sai!"
Armutsbetroffen = selbst schuld = kein Anspruch auf Teilhabe
Nur durch diese Gleichung lässt sich diese Reaktion erklären.
Diese Gleichung ist falsch.
Nicht ungenau, nicht unterkomplex, sie ist falsch.
Es ist ein moralischer Reflex.
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Jun 18
In einem Space über #IchBinArmutsbetroffen verweigern sich einige Teilnehmende der strukturellen Realität und versuchen mit allen Mitteln, die Situation auf die moralische Ebene zu hieven.

Es gibt eine ausgeprägte sozialwissenschaftliche Datenlage zu dem Thema.
Natürlich kannst du Einzelfälle hervorholen und sie als "Realität" framen, wenn das Deiner Wahrnehmung entspricht. Natürlich kannst du behaupten, jeder könne, wenn er nur wolle. Natürlich kannst Du dich der strukturellen Realität verweigern und das persönlich nehmen, weil
dein Ehemann nen Laden hat und du meinst, "Arbeitgeber" sei das richtige Wort. Macht keinen Sinn, aber das kannst du glauben.

Statt zu glauben, empfehle ich das Lesen. Berichte zur Ungleichheit, Marx, Bourdieu, gerne auch moderne Soziologen zum Thema.
Read 6 tweets
Jun 18
Bin jetzt endlich auch dazu gekommen, die neueste Folge des Critical Infinity Podcasts zu hören. Frank Thelen wird da sauber von @breitenbach dekonstruiert. Mit ein paar Spitzen. Sehr hörenswert.

critical-infinity.de/#start-infinity

Man kann übrigens einen Kreis schließen, zwischen der
Einleitung des Podcasts und dem finalen Appell.

Anfangs spricht @breitenbach von den Reaktionen auf seinen ersten Beitrag dazu, von unsachlichen Äußerungen. Ich habe mich auch unsachlich geäußert. Frank Thelen ist furchtbar. Auf so vielen Ebenen. Ja, ich habe eine parasoziale
Beziehung zu ihm, zu @c_lindner und so vielen anderen schwierigen Akteuren unserer Zeit. Und diese kritische Beziehung bei mir und so vielen anderen speist sich ja genau aus dem Umstand, den der Appell am Ende anspricht: Leute mit wenig Kompetenz werden ständig befragt oder
Read 11 tweets

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