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Oct 9, 2022 26 tweets 12 min read Read on X
Update #Ukraine
Eine schwere Explosion erschütterte am Samstagmorgen die Krim-Brücke.
Teile der Autobahn kollabierten. Am Sonntag konnte der Verkehr allerdings wieder aufgenommen werden.
In Russland werden "asymmetrische Vergeltungsschläge" gegen Kiew gefordert.
Thread 👇
(1/25)
Am 08. Oktober wurde die Krim-Brücke zum Ziel eines schweren Anschlages.
Offensichtlich detonierte ein mit Sprengstoff beladener Lkw genau in dem Moment, als er über die Brücke an einem mit Öl beladenen Güterzug vorbeifuhr.
Die Explosion war gewaltig. Der Ölzug fing Feuer.
(2/25)
Nach vorläufigen Angaben starben 3 Menschen.
Der materielle Schaden wird auf zwischen 200 bis 500 Mio Dollar geschätzt.
Mehrere Abschnitte einer Fahrbahn der Autobrücke kollabierten.
Die zweite Fahrbahn überlebte die Explosion weitgehend.
Die Zugbrücke brannte, blieb aber stehen.
Kurzfristig kam es zu einem totalen Transportblackout.
Die Brücke wurde komplett gesperrt, sowohl für Zug- als auch für Autoverkehr.
Ticketverkauf für Passagierzüge und -busse wurde ausgesetzt.
Hier noch einige Satellitenaufnahmen der Brücke.
(4/25)
Zugleich wurden noch am selben Tag die Reparaturarbeiten aufgenommen.
Fast sofort wurde auf die Brücke ein Reparaturzug geschickt, der die Kommunikationen auf dem freien Gleis in Stand setzte.
Später begannen Reparaturteams mit dem Abbau des teilweise ausgebrannten Ölzugs.
(5/25)
Bereits am Samstagabend wurde der Zugverkehr wieder aufgenommen.
Erst wurde ein Testzug durchgeschickt, später dann die Passagierzüge.
Am Sonntagmorgen meldete die Krim-Eisenbahn, dass alle aufgehaltenen Passagierzüge wieder unterwegs seien.
(6/25)
Der Straßenverkehr wurde auf der erhaltenen Fahrbahn ebenfalls bereits am Abend wieder aufgenommen - zunächst im Wechselverkehr, am Sonntag dann über zwei Spuren.
Freigegeben ist der Verkehr für Pkws und Passagierbusse.
Lkws werden vorerst nur über die Fähre transportiert.
(7/25)
Angesichts der einerseits dramatischen Bilder, andererseits des bereits aufgenommenen Verkehrs wird intensiv diskutiert, inwiefern der Anschlag die russischen Logistikketten in Cherson behindern wird.
London erklärte, dass die russ. Versorgung massiv eingeschränkt werde.
(8/25)
Russische Kriegsreporter meldeten, dass die militärische Versorgung vor allem über die Gleise gehe.
Da diese wieder für den Verkehr freigegeben wurden, bestehe kein Hindernis für die reguläre Versorgung der Truppen.
Beeinträchtigt werde eher die zivile Versorgung über Lkws
(9/25)
Der Anschlag auf die Krim-Brücke sorgte in der #Ukraine für Jubel.
Ukrainer spotteten über die Zerstörung von "Putins Prestigeprojekt".
In ukr. Städten schossen Passanten Selfies mit aufgestellten Billboards, wo die explodierende Krim-Brücke zu sehen ist.
(10/25)
Ukr. Präsidentenberater Podolyak feierte auf seinem Twitter und schrieb, es sei erst der Anfang der endgültigen Zerstörung der Brücke.
Das ukr. Verteidigungsministerium stellte den Anschlag in eine Reihe mit der Zerstörung des russ. Raketenkreuzers "Moskva".
(11/25)
Mitglied des ukr. Sicherheitsrates Danilow postete Aufnahmen der brennenden Brücke mit einem Video von Marilyn Monroe, die »Happy Birthday, Mr. President« singt.
Gemeint war hier dann natürlich Putin, der am Vortag, also am 7. Oktober, seinen 70 Geburtstag feierte.
(12/25)
Der Zeitpunkt des Anschlages auf die Brücke war also genauestens abgestimmt und sollte vermutlich eben am 07. Oktober passieren.
Angeblich fuhr der Lkw-Fahrer nur durch einen Zufall einen Tag später über die Brücke, sodass die Explosion etwas später kam, als geplant.
(13/25)
Apropos.
Zumindest nach vorläufigen Infos wusste der Lkw-Fahrer gar nicht, was er da transportiert und dass er de facto zu einem Selbstmordattentäter gemacht wurde.
Es heißt, er habe seine Transportaufträge online angenommen und war in die genaue Ladung nicht eingeweiht.
(14/25)
Interessant ist, dass ukrainische Offizielle etwas später angefangen haben, rhetorisch zurückzurudern.
Podolyak schrieb, dass er es "ernsthaft" nun doch etwas anders meine und dass die Russen selbst ihre Brücke gesprengt haben.
Angeblich wegen innerer Machtkämpfe.
(15/25)
Dieses "Zurückrudern" ist insb. nach den vorherigen Jubelmeldungen allerdings sehr unplausibel.
Nicht zuletzt hatten ukr.Offizielle auch schon seit Monaten selbst erklärt, dass sie die Krim-Brücke auf jeden Fall attackieren werden, sobald technisch möglich
Mitte Juni erklärte ukr. General Martschenko, dass die Krim-Brücke das militärische Ziel Nummer eins sei.
Man werde "zu 100%" die Brücke angreifen.
"Das ist kein Geheimnis. Weder für unser noch für deren Militär", so der ukr. General damals.
(17/25)
odessa-journal.com/general-marche…
Im April erklärte der bereits erwähnte Danilow, dass man die Krim-Brücke "auf jeden Fall" angreifen werde, sobald "wir die Möglichkeiten haben".
In anderen Worten: ukr. Vertreter kündigten den Angriff auf die Brücke unmissverständlich schon seit Monaten an
Schließlich berichten übereinstimmend sowohl US- als auch ukr. Medien mit Verweis auf ukr. Militärs, dass der ukrainische Geheimdienst beim Angriff involviert war.
Diesbezüglich dürfte es also trotz des rhetorischen Hin-und-hers in Kiew eigentlich keine Zweifel geben.
(19/25)
In Russland waren die öffentlichen Reaktionen auf den Angriff natürlich verheerend.
Die Öffentlichkeit forderte ziemlich einstimmig einen "asymmetrischen Vergeltungsschlag" gegen die ukrainische Infrastruktur.
Auch Duma-Abgeordnete forderten von der Regierung Vergeltung..
(20/25)
Diese aber schweigt weitgehend. Auch Putin äußerte sich nicht.
Es scheint fast schon, dass die russ. Regierung die Sache eher unter den Teppich kehren will.
Das russ. Verteidigungsministerium suggerierte, dass das Ganze ja nicht so schlimm sei, weil der Verkehr bereits laufe
(21/
Genau genommen, hat sich die russ.Regierung selbst in einen Zugzwang durch frühere martialische Statements gebracht.
Martialisch wurde vor einigen Monaten gedroht, dass ein ukr.Angriff auf die Brücke "zu einem verheerenden Vergeltungsschlag auf Entscheidungszentren" führen werde.
Jetzt, wo Vertreter der Regierung schweigen oder den Vorfall runterspielen, scheint sich in weiten Teilen der rus. Gesellschaft Fassungslosigkeit breit zu machen.
"Heiße Luft aus dem Kreml" oder "aha, wieder mal die überschrittenen roten Linien" spotten die Russen im Netz
(23/25)
In anderen Worten:
Die öffentliche Meinung in RUS drängt den Kreml zu harten Vergeltungsschlägen, dieser tut aber scheinbar sein Bestes, um das Brücken-Desaster runterzuspielen.
Manche Beobachter sprechen von einer "paradoxen Spaltung zwischen Regierung und Öffentlichkeit".
(24/)
Der Kreml sei mittlerweile der Getriebene, so die Deutung.
Getrieben, von der eigenen Öffentlichkeit, die ein viel härteres militärisches Durchgreifen fordert - gerade auch vor dem Hintergrund der letzten Debakel in Charkiw und Cherson 👇
(25/25)
Nachtrag zum Thread.
Es heißt jetzt, dass Putin morgen am Montag eine Dringlichkeitssitzung des russ.Sicherheitsrates abhalten wird...offensichtlich zu der Krim-Brücke.
Ob der Kreml eine "offizielle Vergeltung" plant, dürften wir also morgen erfahren.
(26/25)

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May 15
Update #Ukraine
Im Überblick:
- russ. Truppen rücken im Charkiwer Gebiet weiter vor;
- ukr. Armee führt schweren Angriff auf russ. Airbase auf der Krim aus;
- Absetzung von Verteidigungsminister Schojgu: der neue Mann Belousov soll die Kriegsproduktion ankurbeln.
Thread 👇
(1/25) Image
Der #Ukrainekrieg tobt erbittert weiter, nun auch an neuen Abschnitten.
Schwere Kämpfe um Krasnohorivka westlich von Donezk halten weiter an.
Trotz des Verlustes des Industriewerkes im Stadtzentrum vor einer Woche hält die ukr. Garnison im Norden ihre Positionen.
(2/)
#UkraineWar Image
Weiter nördlich sind russische Truppen westlich von Avdiivka vorgerückt.
Netailove ist in Halbkessel geraten, Umanske steht kurz vor dem Fall, nach manchen Berichten bereits gefallen.
An der Reihe steht Novopokrovske, wo russ. Sturmtruppen ebenfalls bereits eingerückt sein sollen Image
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May 10
Update #Ukraine
Im Überblick:
- schwere Kämpfe um Krasnohorivka, Archangelske ist gefallen;
- neue russische Offensive in der Charkiwer Region begonnen;
- westliche "rote Linien": nach Paris debattiert nun auch London und Washington über Truppenentsendung.
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Schwere Kämpfe gehen im #Ukrainekrieg weiter.
Westlich von Donezk tobt die Schlacht um Krasnohorivka. Bei massiver Luft- und Artillerieunterstützung eroberten RUS das Industriewerk im Stadtzentrum und hissten ihre Flagge.
Ohne das Werk wird die Stadt schwer zu halten sein.
(2/25)


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Weiter nördlich ist Archangelske gefallen.
Es heißt, ukr. Einheiten hätten sich fast kampflos zurückgezogen. Angesichts des vorherigen Ocheretyne-Durchbruches wurde dies aber weitgehend erwartet.
Nach dem Fall der benachbarten Ortschaften war Archangelske kaum zu verteidigen
(3/) Image
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May 2
Update #Ukraine
Im Überblick:
- Frontdurchbruch bei Ocheretyne weitet sich aus, Verteidigungslinie bei Berdychi-Pervomaiske gefallen;
- Washington beschließt neue Hilfen für Kiew, Auswirkungen umstritten;
- RUS rechnet mit baldigem ukr. Angriff auf die Krimbrücke.
Thread👇
(1/25) Image
Der #Ukrainekrieg tobt unvermindert weiter.
Besonders schwer gestaltet sich die Lage für ukr. Truppen westlich von Donezk und Bachmut.
Heftige Kämpfe toben um Krasnohorivka, wo Russen - flankiert durch schwere Luftangriffe - schrittweise nordwärts zum Stadtzentrum vorrücken.
2/


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Weiter nördlich sind sowohl Berdychi als auch Pervomaiske und mit ihnen die zweite ukrainische Verteidigungslinie westlich von Avdiivka gefallen.
Russische Truppen stießen mittlerweile bis nach Nitailove vor sowie weit im ländlichen Gebiet bei Umanske.
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Apr 23
Update #Ukraine
Im Überblick:
- Frontlinie nordwestlich von Avdiivka durchbrochen, Russen rücken in Ocheretino ein;
- schwere Kämpfe bei Tschassiv Jar;
- massive gegenseitige Angriffe auf Militärflughäfen;
- Kiew will die Krimbrücke bis Mitte Juli vernichten.
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Schwere Kämpfe toben im #Ukrainekrieg entlang der gesamten Frontlinie weiter.
Am Robotyne-Verbove-Bogen konnten ukr.Truppen die Lage vorerst stabilisieren.
Die Kämpfe toben seit mehreren Wochen weitgehend an der gleichen Linie.
Robotyne selbst existiert allerdings kaum noch.
2/25


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Weiter östlich ist Novomikhailovka de facto gefallen.
Es heißt, russ. Truppen hätten die lang umkämpfte Ortschaft unter Kontrolle gebracht und ihre Flaggen über den wichtigsten Punkten gehisst.
Ukr. Soldaten kontrollieren nur noch einige Häuser am westlichen Zipfel des Ortes
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Apr 19
Update #Israel #Iran
Im Überblick:
- Iran führt massiven Raketen- und Drohnenangriff auf Israel aus;
- Ergebnis bleibt umstritten: beide Seiten melden sich als Sieger in diesem Duell;
- Region in Anspannung: Folgt(e) ein großangelegter israelischer Gegenangriff?
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Der Iran hat in der Nacht zum Sonntag den schwersten Angriff auf israelisches Territorium seit Jeher ausgeführt.
In mehreren Wellen flogen Kamikaze-Drohnen, Marschflugkörper und ballistische Raketen auf Israel zu.
Die Gesamtzahl wird bei ca 300 Flugobjekten geschätzt.
(2/25)
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Der Angriff kam mit Ansage.
Wenige Wochen zuvor hatte Israel die iranische Botschaft in Syrien bombardiert und mehrere hochrangige iran. Revolutionswächter-Generäle getötet.
Ein Angriff auf Botschaft gilt als Angriff auf den Staat selbst.
Teheran schwor baldige Vergeltung.
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Apr 11
Update #Ukraine
Im Überblick:
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- Selenski warnt vor Niederlage und bittet um westliche Hilfe auf Kredit.
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Schwere Kämpfe toben im #Ukrainekrieg unvermindert weiter.
Westlich von Donezk sind russische Truppen an breiter Front vorgerückt:
- Novomykhailovka ist schwer umkämpft;
- in Krasnohorivka sind RUS eingerückt;
- Pervomaiske ist gefallen;
- Berdychi steht kurz vor dem Fall.
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Damit sind russische Verbände bei Donezk auf einem Frontabschnitt von etwa 50km Breite vorgerückt.
Das Ganze ist die direkte Folge vom Fall von Avdiivka.
Ukrainische Armee lässt sich Schritt für Schritt zurückfallen, wobei jeder Meter auf das Schwerste umkämpft ist.
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