In der aktuellen Debatte um #Christentum, #Kirche und #Kreuz werden alte Legenden aufgetaut. Tatsächlich steht die populäre Rede vom „christlichen Abendland“ im scharfen Kontrast zu den Fakten der europäischen Geschichte. Ein Thread:
Sucht man nach den Ursprüngen der europäischen #Kultur, stößt man auf drei wesentliche Quellen: die Antike, die vermittelnde islam-arabische Hochkultur und die Aufklärung. 1/10
Gestützt auf die Prinzipien der #Wissenschaft und der Vernunft, der Gleichheit der Menschen und der Freiheit des Individuums, hat unsere heutige Kultur wenige Wurzeln im religiösen Judentum, nur schwache im Christentum, aber mächtige Rezeptionsstränge zur Antike. 2/10
Unbestreitbar ist, dass das Christentum Europa als Spartenkultur (man denke etwa an die gotischen Dome) geprägt und die europäische Geschichte mehr als ein Jahrtausend lang bestimmt hat. 3/10
Die wissenschaftlich-geistige und politisch-kulturelle Entwicklung wurde dadurch jedoch sehr viel stärker behindert als gefördert. Zwar haben ab dem 13. Jahrhundert auch christliche Theologen, etwa die Renaissance-Humanisten, an der „Wiedergeburt Europas“ mitgewirkt – 4/10
Doch ihre maßgebliche Leistung bestand darin, die europäische Kultur von einer Last zu befreien, die es ohne das Christentum gar nicht erst gegeben hätte. 5/10
Vom „christlichen Abendland“ lässt sich daher vernünftigerweise nur in der Vergangenheitsform sprechen, etwa im Hinblick auf die „Klosterkultur des Mittelalters“. 6/10
Die geistige, wissenschaftliche und gesellschaftliche Weiterentwicklung Europas seit der Renaissance jedoch beruht nicht auf „christlichen Werten“, sondern vielmehr auf der zunehmenden Befreiung von diesen Werten. 7/10
Der vielfach befürchtete „Untergang des christlichen Abendlandes“ hat also längst stattgefunden – und das ist auch gut so! 8/10
Denn nur so konnte der moderne Rechtsstaat entstehen, in dem jeder Einzelne über sein Leben selbst bestimmen kann, ohne dabei von „religiösen Autoritäten“ gemaßregelt zu werden. 9/10
Religion ist Privatsache – doch die Trennung von Staat und Religion ist noch nicht konsequent vollzogen. Dabei kann nur ein Staat, der weltanschaulich neutral ist, die Einhaltung der Allgemeinen Menschenrechte garantieren. Ein Thread:
Inzwischen leben mehr konfessionsfreie Menschen in Deutschland als Katholiken oder Protestanten – und schon sehr bald werden sie die absolute Mehrheit der Bevölkerung stellen. 2/15
Es ist daher höchste Zeit, die „Kirchenrepublik Deutschland“ hinter uns zu lassen und die verfassungswidrige Diskriminierung religionsfreier Menschen zu beenden. Dafür sind u. a. folgende weltanschauungspolitische Reformen notwendig: 3/15