Gestern wurden zwei Klimaaktivist*innen vor dem Amtsgericht #Cottbus zu 4 Monaten Haft verurteilt. Das Gericht sah § 34 StGb "Rechtfertigender Notstand" NICHT gegeben an. Die Begründung ist besorgniserregend: "Der Klimawandel sei nicht allgegenwärtig".
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Dass es eine harte Strafe für die Aktivist*innen geben könnte, war auch schon vor dem Prozess absehbar. Direkt nach der Aktion hatte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) "empfindliche Strafen" gefordert. Auch die Leag hatte eine konsequente Bestrafung verlangt.
Als Zeug*innen waren dann vor allem Polizei und Mitarbeiter*innen der Leag geladen. Letztere weigerten sich immer wieder Aussagen zu machen, weswegen sie von der Richterin daran erinnert werden mussten, dass sie nach ihrem besten Wissen Aussagen zu treffen hätten.
Dass es möglich ist, Aktivist*innen wegen § 34 freizusprechen, zeigte ein kürzliches Urteil am Amtsgericht Flensburg. Obwohl der Tatbestand des Hausfriedensbruch vorlag und auch richterlich bestätigt wurde, sprach die Richterin einen Aktivisten frei. taz.de/Urteil-zu-Baum…
Obwohl die Verteidigung in Cottbus in ihrem Plädoyer dafür argumentierte, die Tatvorwürfe fallen zu lassen, da ihrer Auffassung nach von den Zeug*innen weder überzeugend dargelegt werden konnte..
..dass die öffentliche Versorgung mit Energie beeinträchtigt wurde, noch dass das Gelände zum Zeitpunkt der Aktion komplett umfriedet war, womit kein Hausfriedensbruch bestünde, sah die Richterin alle Vorwürfe als gegeben an.
Auf die Argumentation des rechtfertigenden Notstands ließ sich das Gericht in Cottbus gar nicht erst ein. Die Staatsanwaltschaft empfahl den Aktivist*innen lieber Petitionen zu schreiben. Okay?!
Was ist der Unterschied zwischen Cottbus und Flensburg? Simpel: Wichtig für § 34 ist, dass es sich um eine „allgegenwärtige Gefahr“ handeln muss, wegen der ein bestimmter Regelbruch akzeptabel sei. Wenn du den Klimawandel nicht als allgegenwärtig siehst, greift auch nicht der §.
Diese unterschiedlichen Entscheidungen von Amtsgerichten zum Thema rechtfertigender Notstand zeigen, dass dieser Paragraph noch höchst unsystematisch und scheinbar 1. nach Gunst und 2. je nach Wissensstand zur Klimakrise der jeweiligen Gerichte angewendet wird.
1. Im Falle der Aktivist*innen aus Jänschwalde stand die Gunst schlecht, da ein hartes Urteil bereits politisch (z.B. durch den Innenminister) und wirtschaftlich (Leag) gefordert war. Es ist möglich, dass hier auch ein Exempel statuiert werden sollte.
2. Zum anderen zeigt diese Entscheidung auf, dass das Wissen um die Allgegenwärtigkeit der Klimakrise scheinbar IMMER noch nicht in den Gerichten angekommen ist. Und das ist so so problematisch.
Das zeigen auch andere Entscheidung, wie jüngst die über die Autobahnen #A14 und #A20, bei denen die vorsitzende Richterin erklärte, das Bundes-Klimaschutzgesetz noch nicht eindeutig genug sei, um bei der Verhandlung von Autobahnen Geltung zu finden. klimareporter.de/verkehr/negati…
Es ist absurd, dass Klima-Aktivist*inen für vier Monate in Haft kommen, während die Leag wahrscheinlich nie für die krassen Konsequenzen aufkommen werden muss, die der Co2- und Wasserbrauch des Kohlekraftwerks jetzt schon hat. klimareporter.de/protest/jaensc…
Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie es mit der Nutzung von § 34 weitergeht..
Der genaue Wortlaut des Paragraphen, wo diese "gegenwärtige Gefahr" spezifiziert wird:
Um exakt zu sein heißt es "gegenwärtige Gefahr" im Paragraphen.
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Vor zwei Tagen wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig über die Küstenautobahn #A20 verhandelt. Es gab ein grundsätzliches Problem mit dieser Verhandlung: An keiner Stelle wurde die Autobahn grundlegend in Frage gestellt. Trotz Klimaschutzgesetz. Ein Thread. ⬇️ #KeineA20
Noch vor Beginn der Hauptverhandlung rügte der @bund_net, dass die Aufgabe des Gerichts nicht allein darin bestehen könne die in der Klage bemängelten Punkte zu *verbessern*, sondern, dass es auch darum gehen müsse, die Autobahn grundlegend in Frage zu stellen.
Daraufhin offenbarte das Gericht, dass es nicht in seinem Möglichkeitsbereich liege, die Autobahn zu stoppen. Es sei für die Kläger überhaupt schon ein Erfolg, "dass beispielsweise im Wasserrecht nachgebessert werden würde".
Egal wie sinnvoll es sein mag, es wird in Deutschland kein #Tempolimit geben. Die Begründung dafür hat schon lange nichts mehr mit Rationalität zu tun. Es geht um Macht, Machismus und Identitätspolitik. Ein kurzer frustrierter Thread:
1. Es geht um Macht. Das Tempolimit ist längst zum Politikum geworden. Wenn @c_lindner jetzt dem Tempolimit zustimmen würde, würde er politische Schwäche zeigen. Er hat Angst, dass es zeigen würde, dass die Grünen und SPD Macht über ihn haben.
2. Es geht um Machismus. Wären CL und @Wissing wie #AnneSpiegel wären sie längst unter dem gesellschaftlichen Druck, & den mindestens 57 % der Deutschen, die ein Tempolimit fordern, eingenickt. Aber sie folgen einem toxischen Politik-Typ, lassen Kritik & Druck von sich abprallen.
Heute war der fünfte Prozesstag vom Berufungsverfahren #FreeElla. Entscheidende Zeugenaussagen der beiden SEK-Beamten, auf deren Aussagen Ellas Veurteilung beruhte, konnten als falsch identifiziert werden. Und trotzdem wird es für sie keine Konsequenzen geben. 1/
In erster Instanz wurde Ella im Juni 2021 wegen vermeintlicher "Tritte" und "Schläge" gegen zwei SEK-Beamte verurteilt. Sie behaupteten, in Lebensgefahr gewesen zu sein. Aber nach Veröffentlichung der Doku "Ella" im Oktober 2021 waren diese Vorwürfe nicht mehr haltbar. 2/
Das wussten auch die Kläger. Also hat heute einer der beiden SEK-Beamten, von dem auf den Beweisvideos in der Doku klar zu sehen ist, dass er weder getroffen noch ungesichert war, zugegeben, dass er sich wohl geirrt haben muss. 3/
Heute hat der Berufungsprozess von der Klimaaktivistin Ella begonnen. Insgesamt gibt es acht Prozesstage. Wird Ella endlich freigelassen? Ein kurzer Bericht: #FreeElla 1/
Ella sitzt seit ihrer Verhaftung vor über einem Jahr in Untersuchungshaft. Am 23.06.2021 wurde sie wegen tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen insgesamt zu einer Haftstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten (!) verurteilt. 2/
Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung von Ella entschieden sich nach diesem Urteil in Berufung zu gehen. Die Verteidigung fordert die sofortige Freilassung von Ella. Aber no kidding: Die Staatsanwaltschaft fordert drei zusätzliche Monate Haft für Ella. 3/