Die @gwup hat Artikel über ABA veröffentlicht, die ich und die autistischen Community scharf verurteilen, und die heftig diskutiert werden.
Meine Antwort an eine Userin, die die GWUP dafür lobte, und die Studien, die auf Traumatisierungen durch ABA hinweisen, kritisierte.
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So, wie Vyse in seinem Artikel die von ihm genannten Studien über mögliche Traumafolgen einbettet, könnte man annehmen, dass hier Aktivisten Traumatisierungen quasi herbeireden, oder ...2/x
...schon vorhandene Traumatisierungen aus welchen Gründen auch immer gegen eine große Organisation wenden, und Täterstrukturen sehen, wo keine sind.
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Dass hier - ähnlich wie allem Anschein nach bei der von Dir untersuchten "satanic panic" falsche Erinnerungen entstehen, weil gezielt nach eben solchen Erinnerungen gefragt wird, und es so schön ins eigene Narrativ passt.
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Das verkennt aber, dass wir es hier nicht mit einer imaginierten Geheimorganisation zu tun haben. Neben die in diesen Studien genannten Aussagen treten nämlich die Handbücher. Die Studien, in denen modellhaft "Behandlungs"-Möglichkeiten beschrieben werden.
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Die Werbe-Videos von ABA-Instituten. Und die Videos, die Eltern bei Youtube einstellen, um den Alltag ihrer autistischen Kinder zu zeigen, und dabei auch Szenen aus der "Therapie" filmen.
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Und da setzt sich ein Bild zusammen, was auch ohne die Schilderung der Betroffenen reichen würde, die Methode sehr, sehr kritisch zu sehen. Ich bringe ein paar Beispiele.
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Wir reden von einer Methode, bei der "Compliance" einen ganz hohen Stellenwert hat, das Ausführen von Anweisungen ohne Zögern und ohne Hinterfragen. Das Erreichen von Compliance steht am Anfang jeder ABA-"Therapie".
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Dazu wird u.a. geschaut, welches das Lieblingsspielzeug des Kindes ist; dieses wird dann als Verstärker eingesetzt und soll nur noch im Rahmen der Therapie zugänglich sein.
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CN Missbrauch, sexueller Missbrauch
Es besteht das Risiko, dass diese eingeübte Compliance das Kind schutzlos macht für Missbrauch z.B. durch sexuelle Übergriffe.
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CN Essstörung
Auch Essen (Süßigkeiten o.ä.) wird als Verstärker eingesetzt. Auch wenn eine Dauerfütterung mit Gummibärchen zur Belohnung selbst kein Trauma auslösen wird, so erhöht es doch das Risiko für ein ungesundes Verhältnis zu Essen.
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CN erzwungener Körperkontakt
ABA erzwingt auch - teils durchgängig, teils in bestimmten Szenarien - Körperkontakt. Ein Stichwort in der Literatur ist hier "physical prompt": "Hand over hand" ist eine ganz typische Methode, die zum Standardrepertoire gehört.
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CN erzwungener Körperkontakt
Also etwa: Dem Kind wird eine Frage gestellt, und sofort wird seine Hand gepackt und zum Kärtchen mit der richtigen Antwort geführt.
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CN erzwungener Körperkontakt, Essstörung
"Physical prompts" gibt es aber auch z.B. bei Anwendungen von ABA, bei denen Kinder dazu gebracht werden sollen, Nahrungsmittel zu essen, die sie nicht essen wollen oder können.
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("wollen oder können": In den entsprechenden Studien gibt es in der Regel keine Hinweise darauf, ob vor dem "Esstraining" überprüft wurde, ob z.B. eine Schluckstörung oder eine Nahrungsmittelunverträglichkeit vorliegt.
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CN erzwungenes Essen, Essstörung
Oder ob das Kind überhaupt behandlungsbedürftig ist, tatsächlich Mangelernährung vorliegt.)
Was im Rahmen dieser Studien der Begriff "physical prompt" aussagen soll, ist schwierig, er wird darin meist als bekannt vorausgesetzt.
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CN erzwungenes Essen, Essstörung
Aber wie es scheint, bedeutet es, dass das Kind festgehalten wird und der Therapeut den Mund aufdrückt.
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CN erzwungener Körperkontakt
"Sozial relevantes Verhalten", das antrainiert wird, kann aber auch beispielsweise sein, dass das Kind sich umarmen lässt, ohne sich zu entziehen.
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CN Missbrauch
Wobei wir wieder bei Praktiken wären, die das Kind hilfloser machen gegenüber Missbrauch in anderen Situationen.
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CN Missbrauch
Oder die Studien, bei denen im Rahmen des "Functional Behavioral Assessment" Kinder verschiedenen Arten von Lärm ausgesetzt wurden, um gezielt einen Meltdown auszulösen, um dadurch die "Baseline" zu bestimmen, von der aus man das Ertragen von Lärm einüben kann.
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Mir fiele sicher noch mehr ein, aber es gibt noch andere Aspekte.
Neben den Methoden gibt es noch die Frage der Ziele.
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Frau Dillenburger betont im Interview, dass das zu erlernende Verhalten für die zu therapierende Person "sozial relevant" sein soll. Die Frage ist allerdings, wer festlegt, was für die Person "sozial relevant" ist. 22/x
Und auch, wenn es mittlerweile vereinzelt Therapeuten gibt, die da mit sehr viel Vorsicht herangehen, so sind Ziele, die auf "Normalisierung" hinzielen, noch eher die Regel als die Ausnahme.
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"optimal outcome" ist in der ABA-Literatur der Begriff dafür, dass das behandelte Kind sich so verhält, dass seine Autismus-Symptome nicht mehr erkennbar sind und es damit die Diagnose-Kriterien nicht mehr erfüllt.
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Ein typisches Ziel ist auch das Antrainieren von Blickkontakt. Und Stimming, das gleichzeitig der Selbstregulation dient und autistische Körpersprache ist, wird fast immer als hinderlich fürs Lernen angesehen.
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Werden diese Autismus-Symptome abtrainiert, so verliert das Kind ein wichtiges Ventil, um Stress abzubauen. Es lernt, dass die eigene Art, Emotionen auszudrücken, falsch ist. 26/x
Es lernt, dass eigenes Unbehagen oder sogar Schmerzen, die bei vielen Autisten durch Blickkontakt ausgelöst werden, nicht zählen. Es lernt, dass es nur Lob bekommt, wenn es sich verstellt und in jedem Augenblick kontrolliert.
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(Ist Dir aufgefallen, dass auf dem Bild auf S. 161 ein Kind abgebildet ist, das der Therapeutin sehr auffällig in die Augen schaut? Zumindest die Urheber das Bildes sehen das wohl als Therapie-Erfolg.)
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Alles zusammen erscheint vielleicht nicht viel. Wir reden hier aber nicht von einer überschaubaren Zeit, innerhalb derer man sich schon mal überwinden kann, etwas Unangenehmes zu tun. 29/x
Wir reden hier von 20-40 Wochenstunden "Therapie", und wenn, was als wünschenswert gilt, die Eltern zu Co-Therapeuten ausgebildet werden, und auch Schule/ KiTa eingebunden werden, dann umfasst die "Therapie" die gesamte Wachzeit.
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Und weil ich schonnmal dabei bin, möchte ich noch auf einen Widerspruch hinweisen:
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Vyse weist im Artikel sehr deutlich darauf hin, dass es einen Ethikkodex gibt, und Verstöße an das Certification Board gemeldet werden können. Oude-Aost geht detailliert auf die Elektroschocks am Judge Rotenberg Center ein. 32/x
Der Vergleich mit dem Fall Winterhoff weist aber in die Irre. Winterhoff war tatsächlich ein Einzelfall, sein Missbrauch der Verschreibung von Neuroleptika widerspricht allen Leitlinien, und die Empörung auch unter Kollegen war groß.
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Im Gegensatz dazu ist es seit Jahrzehnten bekannt, dass im JRC Elektroschocks als Aversiva eingesetzt werden, die bis zu 20x so stark sind wie ein Taser. Die UN bezeichnet das ausdrücklich als Folter. Die Verantwortlichen haben dafür aber nicht etwa ihre Lizenz verloren. 34/x
Nein, sie wurden von der Dachorganisation zu Konferenzen eingeladen, und erst diesen November distanzierte sich die Dachorganisation ABAI von dieser Praxis.
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Nein, sie wurden von der Dachorganisation zu Konferenzen eingeladen, und erst diesen November distanzierte sich die Dachorganisation ABAI von dieser Praxis.
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Welchen Wert hat da der genannte Ethikkodex und die Beschwerdestelle, wenn nicht einmal ganz offensichtliche Folter zu einer Sanktion führt?
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Du schreibst, "Was man benötigt, ist nicht die Abschaffung, sondern die Verbesserung des Vorhandenen."
Ich sehe das anders.
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Auch wenn man versuchen wollte, ABA zu "verbessern" - als den Kern von ABA sehe ich den Versuch, durch Konditionierung das Verhalten der Kinder minutiös zu kontrollieren, bis in die Körpersprache hinein. Und das kann nicht gut sein.
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Ich sehe, dass es etwas Anderes braucht. Und das gibt es ja auch schon. Als definierte Methode wie z.B. der "Low Arousal Approach". In der Beratung zur Umgestaltung etwa von Kliniken und Wohnheimen nach dem hier beschriebenen Konzept: 40/x ndti.org.uk/resources/publ…
Und sehr viel im Einzelnen, im Individuellen. Wo genau geschaut wird, was für das Kind tatsächlich ein Problem ist, und wo Akzeptanz und Rücksichtnahme ausreichen. Hier kommen je nach Bedarf Ergotherapie und Logopädie zum Einsatz, ...41/x
hier wird nichtsprechenden Kindern der Umgang mit Talkern beigebracht, und es wird geschaut, wie man durch Reizreduktion die Lebensqualität verbessern kann.
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Nicht spektakulär vielleicht. Aber das, was die Bedürfnisse der autistischen Kinder ernstnimmt.
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@dissoziationen@typeono@QuerDenkender@gwup Eine "unabhängige Aufklärung" wäre gewesen, wenn man die Frage, ob ABA als solches (nicht: in bedauerlichen Einzelfällen) in relevantem Ausmaß Trauma verursacht, von z.B. einem Trauma-Spezialisten hätte klären lassen. 1/x
@dissoziationen@typeono@QuerDenkender@gwup Denn DAS sind die ethischen Bedenken, die gegen ABA im Raum stehen. Das Redaktionsteam vom Skeptiker hätte das aus der Diskussion entnehmen können, die im Februar zu dem Versprechen geführt hat, sich des Themas anzunehmen. Oder sie hätte es recherchieren müssen.
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@dissoziationen@typeono@QuerDenkender@gwup Die Personen, die ausgewählt wurden, das Thema anzugehen, sind aber zu eng mit dem Fach selbst verbunden, als dass ihre Beurteilung "unabhängig" sein kann.
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.@AnnMemmott, would you be interested in submitting an article about the criticism of ABA to the journal "Der Skeptiker", as far as I can tell the German equivalent to the "Sceptical Inquirer"?
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The journal managed to publish in it's recent volume three articles about the critics of ABA without ever addressing any of the main concerns against ABA.
2/13 gwup.org/147-wurzel/arc…
Now the chair of scientific council of the organisation (@gwup), @nikilmukerji thinks that a well researched article countering those three articles would be published, and I'd like to take him at his word.
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@StefanKirsch@CDCgov Hallo Stefan, zu dem Artikel, den Du hier geteilt hast, möchte ich ein paar Worte sagen - sozusagen von (fachfremder) Wissenschaftlerin zu (fachfremden) Wissenschaftler. Achtung, es wird lang.
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@StefanKirsch@CDCgov Ich möchte bei dem Artikel zwei Dinge auseinanderhalten: die Kritik an einer Studie und die Polemik, die diese Kritik umgibt.
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Der Artikel bespricht eine Studie, die aus einer qualitativen Auswertung der Befragung von sieben Personen besteht, die angaben, eine ABA-Behandlung erhalten zu haben, und von denen sechs angaben, dass sie in irgendeiner Form schädlich gewesen sei:
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@LivingCode2 Ich hatte aus Deinen früheren Threads ja schon einen Teil der Geschichte mitbekommen. Und was da schon schrecklich war, ist jetzt, so alles hintereinander, noch schrecklicher.
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@LivingCode2 Ich habe zum Glück so etwas noch nie erlebt, kenne aber ein bestimmtes Denkmuster aus eigener Erfahrung:
Was ich mir vorstellen kann, was Deine Frau jetzt möglicherweise noch mehr belastet, ist das Grübeln, "Habe ich in der oder der Situation etwas falsch gemacht?
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@LivingCode2 Was hätte ich stattdessen machen sollen?"
Und deshalb möchte ich ihr nochmal in aller Deutlichkeit sagen:
Es war nicht ihre Schuld, dass sie sich nicht gewehrt hat. Es war die Schuld des Täters, der etwas getan hat, von dem ihm klar sein musste, dass es ein Verbrechen war.
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#StopTheShock
Die autistische Community ist ihrem Ziel, die Elektroschocks am Judge Rotenberg Center verbieten zu lassen, einen Schritt näher gekommen: Das US-Repräsentantenhaus hat für ein entsprechendes Gesetz gestimmt. 1/x
Nun muss noch der Senat zustimmen. Erst dann wird es Gesetz.
Ich hoffe, dass das klappt, und nicht das eine Haus das andere blockiert.
Dann wäre endlich Schluss mit staatlich geduldeter Folter.
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@gwup, bitte beachtet: Wenn die Elektroschocks verboten werden, die im Rahmen der ABA-"Therapie" eingesetzt werden, ist es kein Verdienst der großen ABA-Verbände. Diese bieten dem JRC nach wie vor eine Bühne.
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Das hier ist ein Artikel über den Umgang mit autistischen Kindern, der hier auf Twitter sehr unterschiedlich bewertet wurde, und ich dachte, ich sehe ihn mir selbst mal an. 1/x
Ich hatte überlegt, erstmal alles über Sprache auszuklammern und mich auf den Inhalt zu fokussieren. Darauf, ob der Text Verständnis für autistische Kinder wecken kann oder nicht. 2/x
Dem Autor, Timo Warnholz, geht es seiner eigenen Aussage nach ja vor allem darum, „wertschätzendes Verhalten“ zu generieren, also sollten wir fragen, welches Verhalten beschrieben wird.
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