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Jan 9, 2023 17 tweets 8 min read Read on X
Der #LuetziBleibt-Thread.
Habe abseits des großen Demo-Trubels mit @MoormannRainer, meinem Co-Autor in saveger6.de, & 1 guten Freund das von @RWE_AG & @Die_Gruenen zum Abbaggern preisgegebene Dorf #Lützerath besucht. Für mich Heimkehr, Therapie & Abschied.
1/17 Mondaufgang über Lützerath am 6.1.2023, rechts der betrieb
Ich bin im Kölner Norden aufgewachsen, da wo die Vororte, einst Dörfer, in die Felder ausfransen. Dieselbe Landschaft wie Lützerath: platt, reiche Böden & Höfe, braungebrannte Straßendörfer mit einstöckigen, zweistöckigen und sogar anderthalbstöckigen (Gogol) Ziegelhäusern.
2/17 Die Insel Lützerath, von Holzweiler aus gesehen.Denkmalschutzplakette & historische Information über den Du
Kleine Wäldchen, große Kirchen, Baggerseen, asphaltierte Feldwege, milde Winter mit viel Wind & Regen, Rübenäcker, RWE-Kraftwerke und überall Stromtrassen, riesige Donau-Masten, Umspannwerke & die Braunkohle.
3/17
Als ich Kind war in NRW, war die Braunkohle der Stolz des Landes & das RWE (& die katholische Kirche) seine Beherrscherinnen. Die Braunkohle war in unserem Sachkundeunterricht, unseren Schulausflügen & in unseren Steckdosen.
4/17
Als meine politische Bewusstwerdung begann, Anfang der 1980er, war die Atomkraft umstritten, aber nicht die Braunkohle. Ich wurde links & war jung & machte alles mit, Hausbesetzerdemos, Anti-AKW-Demos, Raketendepots blockieren… von daher sind mir Bauwagen & Trecker,
5/17 Der besetzte Duisserner Hof in Lützerath
selbstgezimmerte Buden, Gesas & Wannen & Gerichtsverfahren in liebender Erinnerung. Soviel z Kapitel „Heimkehr“. @MoormannRainer sagte, „irgendwie sind es doch unsere Leute“. Irgendwie, ja, aber sie sind mir auch fremd geworden. Nicht nur, weil ich ihre Mutter sein könnte.
6/17 „Weg der Radikalisierung“ am Tagebau GarzweilerBaumhaus der Besetzer in Lützerath
Da ich heute (pikanterweise zum 2. Mal gegen das RWE nach meinen Kärlich-Jahren) aus Gründen von Klimaschutz & Sozialismus für Atomkraftwerke eintrete, die ich für notwendige Produktionsmittel halte & mit deren Belegschaften ich forschungshalber jahrelang zu tun hatte,
7/17 Ich als industrial anthropologist mit Schichtleiter-Stellver
gibt es leider für mich keinen Weg zurück in diese linke Nische. Als Nukie ist man da unerwünscht, egal wie links man sonst auch sei. Wir hatten daher keinen Bock auf Diskussionen. Es war unser privates Ding. So wie wir aussahen, waren wir völlig Teil des Gesamtkunstwerks.
8/17 Minidemo aus 3 Leuten
So wanderten wir von Holzweiler über die Felder nach Lützerath, fast allein, von Polizei & RWE-Werkschutz abgesehen. Im Feld überall die Zeichen, das ist kein normales Feld.
9/17 Weg von Holzweiler nach LützerathDrainagerohr fürs Grundwasser-Abpumpen auf den zur Abbagger
Wir machten einen Spaziergang durch Lützerath (oder das, was noch übrig war) und ich betrachtete die Barrikadenbau-Versuche der Aktivistinnen mit bloßen Händen & unzulänglichen Mitteln. Welch Kontrast zum fertig aufgestellten schweren RWE-Gerät unten in der Grube.
10/17 Ortseingang Lützerath
Oben: radikale Bürgerkinder in einem Lebensabschnitt, wie ich damals. In 20 Jahren sind 2 v 10 Professorin, 2 Politiker, 1 CEO einer Ökostromfirma namens RWE, der Rest Berater für irgendwas; keiner wird dem Kapitalismus einen Fetzen Fleisch von den Knochen gerissen haben.
11/17
Unten: RWE-Arbeiter in ihren Berufsparkas mit ihren LKW, Förderbändern & Baggern beim Vorbereiten des Geländes. Die classes populaires. Die Einwohner dieses Reviers, die von der Kohle leben und jetzt das vierte, fünfte Jahr Schmähungen hinter sich haben.
12/17
Ich gehöre m meinen Erfahrungen zu beiden & zu keinem gehöre ich dazu. Vor Jahren rief ich zum Energiestreik auf. Gegen den Energiewendestaat & seine ökobürgerlichen Eliten, Resultat: vergesellschaftlichte AKW ersetzen Kohle. „& wovon träumst du nachts?“
13/17
Was ich weiß: Klimaziele werden wir nur mit, nicht gegen diese Leute erreichen, was zwangsläufig heißt, dass Orte wie Lützerath nicht mehr Vehikel jedes beliebigen linken Kampfes sein können, sondern Symbole *eines* Kampfes um erschwingliche, saubere, verfügbare Energie.
14/17 Ortsschild von Lützerath mit vielen linken Aufklebern & „
Hier feiert das historische Bündnis rot-grün-Fossil seinen Sieg. SPD & Grüne haben die CO2-arme Kernenergie zum Tode verurteilt, und das RWE leistete den Judaskuss für Garzweiler & weiterlaufende Kohlekraftwerke. Die Aktivisti kritisieren freilich nur die *eine* Hälfte.
15/17
Steht man an der Kante & sieht in den Abgrund, in dem Lützerath demnächst verschwindet, ermisst man die ganze Absurdität des Unterfangens, Strom auf diese Weise zu produzieren (und dahinter Alibi-WKA aufzustellen). Das ist Therapie: danach weiß man, was zu tun ist.
16/17 Tagebau Garzweiler von Lützerath gesehenDer Braunkohle-Bagger steht in Position, Lützerath
Aber es war für mich auch ein Abschied. Mein ❤️anliegen, #LuetziBleibt wenn #EmslandBleibt, die nukleare Versöhnung von Industriearbeit & Klimaschutz, endet wie die Lützerather Landstraße: abrupt, ohne Zielerreichung.
Ich widme d Thread @AkkuDoktor, anstelle des Gesprächs.
17/17 Lützerath, Landstraße an der Abbruchkante

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Jun 10
@solarpapst @Kekule9 @CSU Wenn Sie im Falle der Bahn mit potenzieller, durch Dobrindt verhinderter CO2-Einsparung argumentieren, müssen Sie das im Fall der Kernergie ebenfalls, an deren Bekämpfung Sie sich tatkräftig beteiligt haben. Auch Sie gehören also zu den „potenziellen Totschlägern“.➡️
@solarpapst @Kekule9 @CSU Warum? Weil die von Ihnen postulierte Aussage „trotz Atomausstiegs stoßen wir weniger CO2 aus als zu AKW-Zeiten“, 2 Fehler enthält:
1) Non sequitur &
2) Vertauschung von Korrelation und Kausalität.
➡️
@solarpapst @Kekule9 @CSU 1) auch Dobrindt könnte ja wie Sie argumentieren, dass der 🇩🇪CO2-Ausstoß trotz seines fehlenden Bahn-Engagements gesunken sei. Falls Sie dieses Argument nicht anerkennen, trifft Ihr Vorwurf an Dobrindt, eine Klimaschutz-Maßnahme (mit)verhindert zu haben, genauso auf Sie zu.➡️
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May 11
Was aus dem Spanien-Blackout für Deutschland gelernt werden kann: die Abwehrfront der Energiewende-Kapitalfraktionen steht. @maurerchr, @LionHirth und Simon Müller stecken mit eigenen Beratungsfirmen bzw NGOs mit drin in der lukrativen Energiewende-Staatsforschung.
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Was die Autoren nicht sagen: dass die Aufgabe, zigtausende Erzeuger mit netzbildenden Wechselrichtern und der zugehörigen digitalen Kommunikation auszurüsten, einen neuen, zusätzlichen, von der Allgemeinheit zu tragenden Milliarden-Kostenblock auf die „billigen“ EE lädt.
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May 10
Der europäische Stromverbund @ENTSO_E
bildet eine Untersuchungskommission & publiziert eine erste Chronologie des Spanien-Blackouts.
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Über die Netztrennung des AKW Golfech-1 gab es 2 Angaben, 12:33 und 12:34. Das kann auch mit Sekundenverzögerung der unterschiedlichen Reaktionen der Anlage zusammenhängen, aber auch 12:33 legt nahe, dass die Netztrennung eine Folge, nicht Ursache d spanischen Ereignisses war.
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• hohe Durchdringung mit Leistungselektronik auf Erzeuger- wie Lastseite (Serverzentren!) begünstigt solche Oszillations-Ereignisse, die die Systeme dann in Schutz-Aus treiben
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Apr 29
Der #Notstromthread. Was war mit den AKW beim Blackout in Spanien los? War das ein „Ausfall“ oder spielten sie gar eine Rolle beim Blackout, wie etliche Leute behaupten? Ich erkläre es im Detail & mit einer Überlegung, wie 🇩🇪AKW das Problem gelöst hätten.
1/23 Meine Handnotizen über die Stromversorgung eines deutschen Kernkraftwerks
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2/
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3/
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