Ich bin im Kölner Norden aufgewachsen, da wo die Vororte, einst Dörfer, in die Felder ausfransen. Dieselbe Landschaft wie Lützerath: platt, reiche Böden & Höfe, braungebrannte Straßendörfer mit einstöckigen, zweistöckigen und sogar anderthalbstöckigen (Gogol) Ziegelhäusern.
2/17
Kleine Wäldchen, große Kirchen, Baggerseen, asphaltierte Feldwege, milde Winter mit viel Wind & Regen, Rübenäcker, RWE-Kraftwerke und überall Stromtrassen, riesige Donau-Masten, Umspannwerke & die Braunkohle.
3/17
Als ich Kind war in NRW, war die Braunkohle der Stolz des Landes & das RWE (& die katholische Kirche) seine Beherrscherinnen. Die Braunkohle war in unserem Sachkundeunterricht, unseren Schulausflügen & in unseren Steckdosen.
4/17
Als meine politische Bewusstwerdung begann, Anfang der 1980er, war die Atomkraft umstritten, aber nicht die Braunkohle. Ich wurde links & war jung & machte alles mit, Hausbesetzerdemos, Anti-AKW-Demos, Raketendepots blockieren… von daher sind mir Bauwagen & Trecker,
5/17
selbstgezimmerte Buden, Gesas & Wannen & Gerichtsverfahren in liebender Erinnerung. Soviel z Kapitel „Heimkehr“. @MoormannRainer sagte, „irgendwie sind es doch unsere Leute“. Irgendwie, ja, aber sie sind mir auch fremd geworden. Nicht nur, weil ich ihre Mutter sein könnte.
6/17
Da ich heute (pikanterweise zum 2. Mal gegen das RWE nach meinen Kärlich-Jahren) aus Gründen von Klimaschutz & Sozialismus für Atomkraftwerke eintrete, die ich für notwendige Produktionsmittel halte & mit deren Belegschaften ich forschungshalber jahrelang zu tun hatte,
7/17
gibt es leider für mich keinen Weg zurück in diese linke Nische. Als Nukie ist man da unerwünscht, egal wie links man sonst auch sei. Wir hatten daher keinen Bock auf Diskussionen. Es war unser privates Ding. So wie wir aussahen, waren wir völlig Teil des Gesamtkunstwerks.
8/17
So wanderten wir von Holzweiler über die Felder nach Lützerath, fast allein, von Polizei & RWE-Werkschutz abgesehen. Im Feld überall die Zeichen, das ist kein normales Feld.
9/17
Wir machten einen Spaziergang durch Lützerath (oder das, was noch übrig war) und ich betrachtete die Barrikadenbau-Versuche der Aktivistinnen mit bloßen Händen & unzulänglichen Mitteln. Welch Kontrast zum fertig aufgestellten schweren RWE-Gerät unten in der Grube.
10/17
Oben: radikale Bürgerkinder in einem Lebensabschnitt, wie ich damals. In 20 Jahren sind 2 v 10 Professorin, 2 Politiker, 1 CEO einer Ökostromfirma namens RWE, der Rest Berater für irgendwas; keiner wird dem Kapitalismus einen Fetzen Fleisch von den Knochen gerissen haben.
11/17
Unten: RWE-Arbeiter in ihren Berufsparkas mit ihren LKW, Förderbändern & Baggern beim Vorbereiten des Geländes. Die classes populaires. Die Einwohner dieses Reviers, die von der Kohle leben und jetzt das vierte, fünfte Jahr Schmähungen hinter sich haben.
12/17
Ich gehöre m meinen Erfahrungen zu beiden & zu keinem gehöre ich dazu. Vor Jahren rief ich zum Energiestreik auf. Gegen den Energiewendestaat & seine ökobürgerlichen Eliten, Resultat: vergesellschaftlichte AKW ersetzen Kohle. „& wovon träumst du nachts?“
13/17
Was ich weiß: Klimaziele werden wir nur mit, nicht gegen diese Leute erreichen, was zwangsläufig heißt, dass Orte wie Lützerath nicht mehr Vehikel jedes beliebigen linken Kampfes sein können, sondern Symbole *eines* Kampfes um erschwingliche, saubere, verfügbare Energie.
14/17
Hier feiert das historische Bündnis rot-grün-Fossil seinen Sieg. SPD & Grüne haben die CO2-arme Kernenergie zum Tode verurteilt, und das RWE leistete den Judaskuss für Garzweiler & weiterlaufende Kohlekraftwerke. Die Aktivisti kritisieren freilich nur die *eine* Hälfte.
15/17
Steht man an der Kante & sieht in den Abgrund, in dem Lützerath demnächst verschwindet, ermisst man die ganze Absurdität des Unterfangens, Strom auf diese Weise zu produzieren (und dahinter Alibi-WKA aufzustellen). Das ist Therapie: danach weiß man, was zu tun ist.
16/17
Aber es war für mich auch ein Abschied. Mein ❤️anliegen, #LuetziBleibt wenn #EmslandBleibt, die nukleare Versöhnung von Industriearbeit & Klimaschutz, endet wie die Lützerather Landstraße: abrupt, ohne Zielerreichung.
Ich widme d Thread @AkkuDoktor, anstelle des Gesprächs.
17/17
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„Die Grünen…beharrten auf der Zerstörung von milliardenteurer Infrastruktur, wie sollte man so etwas bürgerlich nennen?“
Aufschlussreiches Interview über die ideologischen Grundlagen der Grünen mit dem Politikwissenschaftler @ThomasKestler2 bei @thinkBTO. 1/
Kestlers Befunde decken sich mit meinen eigenen, die auf eigenem Erleben in der Anti-AKW-Bewegung aufbauen, aber auch auf jüngeren Erfahrungen. So versuchte ich als Beirätin der grünen Böll-Stiftung ohne Erfolg, den Grünen einen anderen approach zur Kernenergie nahezulegen.
Das endete in meinem Rauswurf dort, aber auch in der Ausformulierung meiner eigenen Gedanken in einem Buch. Auch da gibt es einiges zur Ideologiekritik der Atomgegnerschaft zu lesen, zB über die Frage, wie das AKW „rechts“ wurde, obwohl es genausogut anarchistisch sein könnte.
. @dr_gruenewald von der IHK Köln im @cicero_online-Podcast zur 🇩🇪 Energiestrategie des Ausstiegs aus so gut wie jeder gesicherten Leistung: „Chinesischer Besuch hatte nur Verwunderung - und Mitleid.“ Das betretene Schweigen, dass sich danach unter den anwesenden Unternehmern
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aufbaute, kann ich aber nur zum Teil verstehen: spätestens 2015, als sich abzeichnete, dass sich Klimaziel & günstiger Industriestrom nur vereinbaren lassen, wenn der Atomausstieg kassiert würde, hätten sich Industrie und IHKn zu Wort melden müssen. Was sahen wir stattdessen?
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Laute Bekenntnisse zur Energiewende und allenfalls Skepsis im privaten Gespräch. Keinerlei Unterstützung für die Stimmen, die es schon damals sagten & die heutige Situation prophezeiten. Diese wurden in den Medien als „Rechte“ und „Ewiggestrige“ verleumdet.
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Saarstahl-Chef Stefan Raubers (@spdde) Aussagen in @faznet sind symptomatisch für unsere Industriekapitäne: eigentlich springt‘s ihnen aus jedem Knopfloch, dass der #Atomausstieg die root cause der Stahl-Misere ist - aber ihn zu kippen, das traut man sich denn doch nicht. 1/6
5 ct/kWh Industriestrompreis bräuchte die deutsche Stahlbranche, um im Land zu bleiben, sagt Rauber. Das mit Strom-Subventionen zu erreichen, wäre Selbstmord auf Raten. Jetzt spielt man Schwarzer Peter & Energie-Mikado. Das geht so:
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Die Industrie (O-Ton Rauber) behauptet, das habe die Politik nunmal so gewollt - also solle sie auch zahlen. Als hätten die Manager nicht 3 Jahrzehnte jeden 🇩🇪Energiewende-Hype mitgemacht & die AKW-Abschaltung nicht mitgetragen. Jetzt wollen sie es nicht gewesen sein.
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Der „sorgfältige Faktencheck“ des @Cleanthinking @jendrischik gegen @Axel_Bojanowski ist weder sorgfältig noch Check, aber ein Beleg für die Selbstabdichtung & Selbstreferentialität der 🇩🇪Umwelt-Szene. Wie funktioniert‘s? 1/7
• Kaum unabhängige Quellen, sondern fast ausschließlich Akteure des 🇩🇪Energiewendestaats oder grünennahe NGO wie UBA, DIW, ISE, Öko-Institut, Agora, mit ihren immer wieder widerlegten falschen Aussagen zur Kernenergie.
• Rechtsdenunziation.
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• Zur „Sorgfalt“ des Checkers @jendrischek: „Beleg“ für die Falschaussage, Atomkraft sei Deutschland „nie wirtschaftlich tragfähig“ gewesen, ist eine unspezifische Startseite des UBA, das sich bzgl seiner Aussagen zur Kernenergie seinen schlechten Ruf hart erarbeitet hat.
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Gerade gehört: Interview mit der grünen „Klimabürgermeisterin“ von Mannheim über Hitzeschutz in ihrer Stadt. Sie sprach 10 Minuten über alles mögliche von Sonnensegeln, Verhaltenstips & Dachbegrünung bis „sich um Ältere kümmern“.
Nur das Wort „Klimaanlage“ kam nicht vor.
Vermutung: so fanatisch Grüne für Wärmepumpen agieren - das deutsche Vorurteil, Klimaanlagen (im Grunde Wärmepumpen in Prozessumkehrung) seien ein verwerflicher, stromfressender US-Luxus, ist nicht aus ihnen rauszubringen. Dabei wäre eine Klimatisierung von Altenheimen,➡️
Schulen, Kindergärten & Krankenhäusern das erste Mittel der Wahl, um die Hitze-Verletzbarsten zu schützen.
@solarpapst @Kekule9 @CSU Wenn Sie im Falle der Bahn mit potenzieller, durch Dobrindt verhinderter CO2-Einsparung argumentieren, müssen Sie das im Fall der Kernergie ebenfalls, an deren Bekämpfung Sie sich tatkräftig beteiligt haben. Auch Sie gehören also zu den „potenziellen Totschlägern“.➡️
@solarpapst @Kekule9 @CSU Warum? Weil die von Ihnen postulierte Aussage „trotz Atomausstiegs stoßen wir weniger CO2 aus als zu AKW-Zeiten“, 2 Fehler enthält: 1) Non sequitur & 2) Vertauschung von Korrelation und Kausalität.
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@solarpapst @Kekule9 @CSU 1) auch Dobrindt könnte ja wie Sie argumentieren, dass der 🇩🇪CO2-Ausstoß trotz seines fehlenden Bahn-Engagements gesunken sei. Falls Sie dieses Argument nicht anerkennen, trifft Ihr Vorwurf an Dobrindt, eine Klimaschutz-Maßnahme (mit)verhindert zu haben, genauso auf Sie zu.➡️