Wie funktionieren eigentlich jene Verfahren, die die #elterlicheSorge oder den #Umgang betreffen?
Was sollte man/frau beachten, wenn man/frau sich nicht selbst ins Bein schießen möchte?
Folgt mir hier lang für ein paar (sehr allgemeine, aber wichtige) Tipps ⤵️
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Zunächst einmal (und dieser Tipp richtet sich ausgehend von meiner bisherigen Erfahrung vorwiegend an Väter) sollten die Beteiligten folgenden Punkt beachten:
Ob nun Umgang oder elterliche Sorge – der Ausgangspunkt für die gerichtliche Entscheidung bleibt stets das Kindeswohl.
§ 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB bestimmt dies explizit für die Entscheidungen zur Übertragung der elterlichen Sorge, während die Rechtsprechung zum § 1684 BGB eine entsprechende, am Kindeswohl orientierte Prüfung verlangt.
Wer also gerichtliche Anträge bezüglich seiner/ihrer Kinder stellt, sollte sowohl bei der Frage, ob ein solcher Antrag gestellt werden soll, als auch bei der Formulierung des Antrages darauf achten, eine möglichst objektivierte (Kindes-) Sicht einzunehmen.
Es geht nicht (bloß) um das eigene, "gute Recht", sondern um die eigene Sicht darauf, was dem Kindeswohl entspricht.
Es ist für das Gericht durchaus von großer Relevanz welche Kindeswohlaspekte die Eltern für maßgeblich halten und wie Sie sie einschätzen.
Es interessiert die Gerichte aber deutlich weniger, was nach Auffassung der Eltern deren Rechten am Besten entspricht. Unabhängig davon, dass eine gerichtliche Entscheidung bezüglich der elterlichen Sorge und/oder das Umgangs stets eine Abwägung aller Betroffenen Rechte verlangt,
fehlt es vielen Anträgen bzw. Antragsbegründungen bereits an Angaben, weshalb die jeweiligen Elternteile bestimmte Tatsachen als kindeswohlrelevant ansehen bzw. weshalb die von ihnen gewollte Regelung dem Kindeswohl entsprechen soll.
Und darum sollte es doch gehen, oder?
Als (meist) Vater, der mehr Umgang mit seinem Kind begehrt, sollte man dem Gericht nicht erzählen, dass man das Kind mehr sehen möchte – das versteht, ja sogar weiß das Gericht auch ohne diesbezüglichen Vortrag.
Man sollte dem Gericht aber durchaus erklären, weshalb man der Auffassung ist, dass dieses Mehr an Umgang im Sinne des Kindeswohls ist (nicht jede Stunde mehr ist per se besser fürs Kind) und weshalb die (einem bekannten) Argumente der Gegenseite gerade am Kindeswohl vorbeigehen.
Während man diese, das Kindeswohl betreffenden Belange aus seiner Sicht darstellt, sollte man aber auch Folgendes beachten:
Wenngleich Emotionen die eigene Sicht durchaus beeinflussen, sollte man, soweit es geht, möglichst sachlich bleiben und nicht übertreiben.
Liegt keine Diagnose vor, sollte man sich mit Vorwürfen wie bipolare Störung, Psychose, Narzissmus etc. zurückhalten.
Man sollte auch nur jene, das Kindeswohl gegebenenfalls betreffenden Verhaltensweisen der Gegenseite beschreiben, die man selbst tatsächlich wahrgenommen hat.
Solange Ihr keine Kameras und Abhörgeräte in der Wohnung des anderen Elternteils habt (und wenn Ihr es tut, dann habt Ihr ein viel ernsteres Problem als Ihr vielleicht meint), solltet Ihr auf Spekulationen über Äußerungen und Verhaltensweisen im dortigen Haushalt verzichten.
Wenn Ihr von etwas berichtet, was Euer Kind zu Euch gesagt hat, dann stellt dies auch genauso dar.
Erklärt dem Gericht ruhig, weshalb Ihr welche Aussagen glaubt, aber überlasst schlussendlich dem Gericht die endgültige Würdigung.
Nicht nur, weil Ihr selbst im Verhältnis zu Euren Kindern häufig nicht ganz neutral sein könnt, sondern schlicht und ergreifend deshalb, weil Würdigung von kindlichen Aussagen zum Fachgebiet der Familiengerichte gehört und sich niemand gern den eigenen Job erklären lässt.
Und während Ihr die ersten beiden Punkte beachtet und Euren Schriftsatz sachlich und kindeswolorientiert formuliert, denkt auch an das sogenannte Cochemer Modell (wer es nicht kennt, googelt an dieser Stelle schnell mal) und verinnerlicht:
"In der Kürze liegt die Würze!"
Denkt bei jedem Vorwurf, den ihr schriftlich erhebt, dass sich die Gegenseite nicht nur dazu auslassen, sondern mit mindestens einem weiteren Gegenvorwurf zurückschlagen wird.
Und, oh ja, sie wird selbstverständlich eigene Vorwürfe finden.
Nobody's perfect. Auch Ihr nicht!
Nur, wenn es außerordentlich wichtig ist, dass das Gericht eine bestimmte Verhaltensweise oder Äußerung der Gegenseite kennt, sollte man diese erwähnen und gegebenenfalls auch unter Beweis stellen. Dazu gehören selbstredend Drogenkonsum, gravierende Erkrankungen und ähnliches.
Nach Eingang eines Antrages in der kindschaftssache wird das Gericht meist nicht nur einen Termin zur mündlichen Anhörung bestimmen und gegebenenfalls einen Verfahrensbeistand hinzuziehen, sondern auch das Jugendamt informieren, das sich mit den Beteiligten in Verbindung setzt.
Antwortet auf die Schreiben des Jugendamtes. Folgt deren Einladungen, auch dann, wenn Ihr die Leute für total doof und blöd und was weiß ich haltet.
Das Jugendamt hat die Aufgabe, das Kindeswohl, auch im gerichtlichen Verfahren, sicherzustellen. Und das natürlich MIT der Eltern.
Das Jugendamt ist (Ausnahmen soll es auch durchaus geben) weder der Feind noch der Mittäter des Feindes.
Auch wenn vieles bereits zuvor schief gelaufen ist, solltet ihr gegebenenfalls in Begleitung eines Beistands zum Gespräch gehen und offen die Problempunkte ansprechen.
Gleiches gilt selbstverständlich auch für die Kontaktaufnahmen durch den Verfahrensbeistand, der im Wesentlichen die Aufgabe hat, die Kindesinteressen im Verfahren zur Geltung zu bringen.
Wer sich dem Jugendamt und/oder dem Verfahrensbeistand verweigert, hat einen schweren Stand.
Und last but not least:
Benehmt Euch im Termin besser als in der Grundschule.
Lasst den Gegner (auch bekannt als anderer Elternteil EURES Kindes!) ausreden, auch wenn er gerade den Dreck über euch ausgießt.
Damit schießt er/sie sich ins Knie. Bleibt ruhig und wartet.
Du bekommst deine Gelegenheit zur Stellungnahme und darfst (sachlich und möglichst ruhig) deine Sicht der Dinge darlegen. Und wenn du weißt, dass dir das schwer fallen wird, dann rede darüber auch mit Jugendamt und Verfahrensbeistand.
Oder bring einen Anwalt mit zur Sitzung.
Es ist keine Schande, emotional zu sein.
Es ist keine Schande, verzweifelt zu sein.
Es ist auch keine Schande, vor Gericht nicht die richtigen Worte zu finden.
Es ist aber eine Schande, ein bösartiges, unfreundliches Arschloch zu sein.
Ja, erstaunlicherweise auch vor Gericht.
Nun denn, ich hoffe diese Tipps werden dem/der Einen oder Anderen helfen, das eigene Verfahren kindeswohlorientiert und kindeswohldienlich zu führen und erfolgreich abzuschließen.
Weitere Tipps gibt's ggf. in weiteren Threads oder als Antwort in den Drukos.
Wie so oft bei meinen Darstellungen gilt auch hier die Einschränkung, dass nicht auf alle Eventualitäten eingegangen werden kann. Diese können gerne im Rahmen von Antworten auf entsprechende Fragen im Kommentarbereich eruiert werden.
So und nun lasst uns beginnen:
Ein Scheidungsverfahren wird stets durch eine anwaltliche Antragsschrift eingeleitet. Diese muss zwingend einige Angaben, wie beispielsweise zur Eheschließung, zu gemeinsamen minderjährigen Kindern sowie zu etwaigen Folgesachen (dazu sogleich) enthalten.