Was über Schulzufriedenheit und Gewalt unter Kindern und Jugendlichen bekannt ist:
Zufriedene SchülerInnen
-fühlen sich wohler
-erzielen bessere Leistungen
-haben mehr Peer-Kontakte
-berichten über größere schulische Unterstützung durch MitschülerInnen und besonders durch
1
Lehrkräfte
-nehmen eine hohe Kompetenz der Lehrkräfte wahr
-zeigen weniger klinisch relevante Symptome wie psychische Beschwerden
-neigen zu weniger regelverletzendem Verhalten und Risikobereitschaft
Mit zunehmendem Alter sinkt die Schulzufriedenheit rapide ab bis
2
etwa zur 10. Klasse. Dann bleibt sie auf einem etwa gleich niedrigen Niveau. Die Schule nimmt für die allgemeine Lebenszufriedenheit einen zentralen Platz ein, da Kinder und Jugendliche einen großen Teil ihres Lebens darin verbringen. Wichtige Faktoren dabei sind vor allem
3
die Schüler-Lehrer-Interaktion, die Unterrichtsqualität und die Unterstützung beim Lernen. Hier gibt es die deutlichsten Zusammenhänge.
Praktisch alles, was ich in den letzten 25 Jahren zum Thema gelesen und an praktischer Erfahrung sowie im Austausch mit hunderten
4
KollegInnen auch auf zahlreichen Fortbildungen gesammelt habe, lässt sich grob auf einen Satz runterbrechen:
"Der schulische Erfolg steht und fällt mit dem Engagement der Lehrkraft."
So ist es möglich, dass euer Kind auf einer hervorragenden Schule ist, aber
5
einfach ein wenig Pech hat, weil der Klassenlehrer das einzige Arschloch dort ist. Andersrum wäre es dann besser. In der wohl größten und längsten Studie zu Gewalt unter Jugendlichen spielt noch ein anderer Faktor eine signifikante Rolle. Je höher die Schulform, desto
6
weniger spielt das Engagement eine Rolle. Ein Gymnasiast der Oberstufe kommt auch mit gelegentlichen Rückschlägen klar. Ein Hauptschüler weniger. Eine wichtige Erkenntnis auch in der Debatte um Gewalt, Kultur und Migrationshintergrund. Ein junger Türke aus Wiesbaden
7
schneidet hier z.B. statistisch insgesamt besser ab als ein gleichaltriger deutscher Schüler aus Elmshorn. Die Hauptschule ist der große Gleichmacher. Bei Jugendlichen, die Gewalterfahrungen machen, spielt es praktisch keine Rolle mehr, ob sie aus einem deutschen Elternhaus
8
oder einem ausländischen kommen. Schultyp und Bildungschancen und der Zusammenhang mit Gewalt sind deutlich. Dazu kommen die Faktoren Gewalterfahrungen in der Familie und Armut zum Beispiel durch Arbeitslosigkeit. Auch hier lassen sich im Prinzip
9
alle Erkenntnisse auf einen Satz reduzieren:
Willst du, dass Kinder später aufrecht gehende und glückliche Erwachsene werden, sorge für eine gewaltlose Erziehung, Bildung, Teilhabe und ein finanzielles Auskommen.
Die niedrigsten Kriminalitätsraten findet man bei
10
Jugendlichen, die Musik machen, einem Sportverein angehören oder in einer Theatergruppe mitwirken. Ein Aufwachsen irgendwo in einer Plattenbausiedlung in Mecklenburg-Vorpommern verschafft einem möglicherweise schlechtere Ausgangsbedingungen. Erst recht, wenn dich dort
11
viele Menschen ausgrenzen und der Zugang zu materiellen Dingen nur durch kriminelle Handlungen möglich scheint.
Die gewaltlose Erziehung spielt in der Schule bei der Schüler-Lehrer-Interaktion eine ebenso wichtige Rolle. Das Recht der Lehrkräfte, SchülerInnen
12
körperlich zu bestrafen, ist nicht abgeschafft worden, weil der Gesetzgeber irgendwann dachte "ist irgendwie überholt", sondern wurde durch den Braunschweiger Joachimfritz Staeter durchgesetzt. Der mutige Richter konnte durch alle Instanzen seine Rechtsauffassung
13
ab 1962 durchsetzen. Bis das beim Kultusministerium ankam, waren über 20 Jahre vergangen!
Noch 1984 sprach der Bundesgerichtshof einen Vater frei, der angezeigt worden war, weil er seine achtjährige Tochter mit einem Gartenschlauch derart auf das Gesäß geschlagen hatte,
14
dass Striemen sichtbar waren. Er hatte sich über seine Tochter geärgert. Der Gerichtshof war der Meinung, dass diese Form der Züchtigung noch zum Elternrecht gehöre. Noch im Jahr 2000 gaben in einer großangelegten anonymen Befragung 17% der SchülerInnen an, dass
15
ihre Eltern sie mit Gegenständen geschlagen hätten. Nur 10% von dieser Gruppe vertrauten sich ihren Lehrkräften an, nur 3,5% gingen zur Polizei. Das meiste in diesem Land beim Thema Gewalt gegen Kinder bleibt im Dunkeln. Wir tun viel für den Tierschutz, leider
16
wenig für den Kinderschutz. Während bei deutschen Vätern häufig Alkohol im Spiel ist bei Gewalt gegen die eigenen Kinder, ist es bei türkischen Vätern zum Beispiel häufig der Kulturkonflikt, weil sich die Familienmitglieder aus den alten Rollenvorstellungen lösen wollen.
17
In der Mittelschicht Istanbuls zum Beispiel liegt der Wert für die Gewalt gegen Frauen durch ihre Männer etwa auf der Höhe, die auch deutsche Frauen angeben. So oder so. Vor dem Hintergrund, dass gewaltlose Erziehung hier immer noch eine relativ neue und nicht immer
18
vorhandene Errungenschaft ist, wirkt es etwas deplatziert, sich als Moralinstanz aufzuspielen und von "Paschas" zu sprechen. Einige der größten und schlimmsten Kinder-Porno-Ringe, die aufgedeckt werden konnten, haben deutsche Drahtzieher. So viel dazu.
19
Was heißt das für Schulen? Körperliche Gewalt ist mittlerweile ein Tabu, wird aber nicht selten durch psychische Gewalt ersetzt. Eine Schule, in der Mobbing nicht nachgegangen wird, in der Lehrkräfte überfordert, vielleicht selbst Teil des Problems sind, wird
20
wenig überraschend nicht positiv wahrgenommen. Hier ist die Schulzufriedenheit am geringsten. Wenn dann noch eine niedrig wahrgenommene Lehrkräftekompetenz und wenig Unterstützung beim Lernen hinzukommen, sind zahlreiche Probleme und Konflikte vorprogrammiert.
21
Tatsächlich ist dies oft auf Schulen der Fall, die sowieso schon in sozialen Brennpunkten liegen und die größten Probleme haben, geeignetes Personal zu finden.
Die Ideen, die jetzt von der KMK in den Raum geschmissen werden, um einem Lehrkräftemangel vorzubeugen, sind
22
eine Katastrophe. Man muss kein Hellseher sein, um innerhalb von Sekunden zu begreifen, dass es bei dieser Entscheidungsfindung nicht mehr allein um die Zukunft der Schule geht. Es geht um die Zukunft des Bildungssystems, die Zukunft unserer Kinder, die Zukunft unseres
23
Landes und wie wir leben wollen.
Ich habe eine klare Meinung dazu und werde alle beruflichen Entscheidungen meiner Zukunft im Sinne meines Berufsstandes und der Zukunft unserer Kinder treffen.
Schämt euch, liebe KultusministerInnen!
24 und Ende
1992
Eine Mitschülerin aus Jugoslawien erhält während unseres USA-Aufenthaltes im Rahmen eines einjährigen Schüleraustauschs e. Anruf ihrer Mutter:„Bleib da, wenn du kannst! Hier sterben alle."
Da meine Gastmutter kurz nach meiner Abreise an Krebs stirbt, kann mein Gastvater,
1
der auch gleichzeitig unsere Austauschgruppe betreut, dafür sorgen, dass sie bleiben kann. Die beiden heiraten, was ihr automatisch die Green Card verschafft.
2001
Suada B., 14, Kosovo-Albanerin, ist seit Kleinkindalter in Deutschland. Als Integrationshelfer unterrichte ich
2
sie in einer Kleinstgruppe in unserer Förderschule. Sie ist leistungsmäßig an der Spitze. Seitdem sie bei uns ist und individuelle Förderung bekommt, gibt es zudem keine Verhaltensprobleme mehr. An der alten Schule war sie ungeduldig, konnte bei Fragen nicht auf die Lehrkräfte
3
2035. Frühaufsicht wie immer ab 7.30 Uhr. Wir sind zu dritt. 8.00 Uhr Unterrichtsbeginn. Durch die einfache bauliche Maßnahme, eine Wand zu entfernen, konnten zwei Klassenzimmer kostengünstig zusammengelegt werden. 60 SchülerInnen haben so die Gelegenheit meinen Frontalvortrag
1
erleben zu dürfen. Gut, dass ich wenigstens ein Mikro samt Verstärker habe. Mein Stimmvolumen hat nach 34 Jahren Unterricht und 12 mal Corona etwas nachgelassen. Danke an dieser Stelle der KMK für die 140€ Zulage.
Alle müssen sehr diszipliniert sein. Wenn es zu laut wird
2
oder wenn es zu Konflikten wegen des Sozialverhaltens aufgrund der Enge kommt (man kennt das aus der Massentierhaltung, Stress und so...), müssen die Störenfriede sofort nach Hause. Nicht unser Problem. Schule und Erziehung, das ist schon lange her. Heute schaffen den Abschluss
3
Die Anzahl der Verletzten habe ich nicht vermerkt.
Die Täter sind im Teenageralter bis über 70. Es sind SchülerInnen, Handwerker, Anwälte usw. verschiedener Herkunft. Sortiert ausschließlich nach Anzahl der Opfer 1949 bis 2022 in Deutschland. Wobei 15 der Taten nach 2000
2
stattfanden. Alles verschiedene Menschen. Aber eine Sache vereint fast alle: Sie sind oder waren alle psychisch krank, sozial isoliert, gekränkt, verzweifelt oder alles zusammen.
Können wir endlich aufhören über Namen zu reden sondern stattdessen über Menschen?
4
Denn bei den freien Wählern wird nur aufgenommen, wer selbst ein Schwein geschlachtet, täglich eine Kuh geschubst und eine Nacht mit einem Esel verbracht hat!
2