Lasst uns heute die 2. Kategorie der #Umgangsverweigerung etwas näher beleuchten.

Wie bereits angesprochen, handelt es sich hierbei um Fälle in welchen das Kind seine #Verweigerungshaltung deshalb aufbaut, weil es seitens des Elternteils, dem es sich verweigert, gekränkt FÜHLT.
Hierbei muss keine tatsächliche Kränkung vorliegen!

Entscheidend ist lediglich die Sicht des Kindes, aus welcher die Handlung bzw. Äußerung bzw. eine angebliche Handlung oder Äußerung als kränkend eingestuft wird.
Woraus resultieren die in diese Kategorie fallen den Kränkungen?
Woraus resultieren die in diese Kategorie fallenden Kränkungen?

Auch hier sind die Ursachen vielfältig:
Eine besonders große Rolle spielen hierbei die häufig vorkommenden "neuen Beziehungen" der jeweiligen Elternteile.
Je nach Alter des Kindes und dessen Gefühlslage kann bereits das Eingehen eine Beziehung des Elternteils zu einer anderen Person als Kränkung aufgefasst werden.
Dies völlig unabhängig davon, ob jene Person dem Kind gegenüber grundsätzlich positiv oder negativ eingestellt ist.
Aus Sicht eines Kindes, aber auch eines Heranwachsenden, kann diese Person als Eindringling in die – aus Sicht des Kindes oftmals heile – Beziehung der Eltern aufgefasst werden. Diese Person kann sich um das Kind bemühen oder auch nicht – sie bleibt im Zweifel immer der Feind.
Und das Kooperieren mit dem Feind/Angreifer kann bekanntermaßen sehr kränkend für den "Angegriffenen" sein.

Auch die im Zusammenhang mit der neuen Beziehung vom Kind ggf. wahrgenommene Sexualität des entsprechenden Elternteils kann je nach Alter des Kindes kränkend wirken.
Hierbei müssen die sexuellen Handlungen mit dem neuen Partner weder offen vorgenommen noch verbalisiert werden. Auch Vermutungen des Kindes diesbezüglich können ausreichen. Kinder sind oftmals viel feinfühliger als man gemeinhin meinen möchte.
Ähnlich kränkend kann auch das Vorhandensein der Kinder der neuen Lebenspartner der Eltern wirken.
Hier kann das kindliche Empfinden dazu führen, dass bereits das bloße Akzeptieren der anderen Kinder durch den eigenen Elternteil als falsch und kränkend empfunden wird.
Die ggf. vorliegenden Zwänge und grundsätzlich oftmals richtigen Hintergedanken des Elternteils können von Seiten des Kindes oft nicht richtig eingeordnet werden, sodass sich das Kind zurückgesetzt, vernachlässigt oder zu Unrecht mit Fremden gleichgesetzt fühlt.
Die neuen Partner spielen auch dann eine Rolle, wenn diese selbst grenzüberschreitend agieren, indem sie sich zB in die Rolle eines Elternteils versetzen oder das Kind ausgrenzen, während der eigene Elternteil diesem Umstand aus Sicht des Kindes nicht hinreichend entgegenwirkt.
Schließlich führen auch die im Rahmen der Trennung oftmals seitens der Eltern eingesetzten Methoden der elterlichen Konfliktvermeidung/Auseinandersetzung ggf. zu Kränkungen.
So kann das Beschuldigen des anderen Elternteils, mit dem sich das Kind aufgrund seiner Bindung identifiziert und deswegen ggf. auch solidarisiert, als Beschuldigung des Kindes wahrgenommen werden bzw. zu einer Verteidigungshaltung aufgrund dieser Dritt-Kränkung führen.
Gleiches gilt für Situationen, in welchen Kinder zu "Mitverschwörern" gemacht werden:
Sie sollen den anderen Elternteil belügen oder etwas verschweigen.
Die hierdurch hervorgerufene Zwangssituation kann je nach Resilienz nicht bloß kränken, sondern sogar nachhaltig schädigen.
Wenn eine der obigen Situationen oder eine anderweitige Kränkung vorliegt und sich das Kind bedingt durch die Kränkung für eine Umgangsverweigerung entscheidet, dann ist für eine Annäherung an den entsprechenden Elternteil ein besonders behutsames Vorgehen erforderlich.
Das A und O in solchen Situationen sind Geduld, Verständnis und Zwangsfreiheit:
Im Rahmen der hier meist erforderlichen fachlichen Beratung und Unterstützung muss besonders darauf geachtet werden, dass sich ein Druckaufbau auf das Kind in der Regel negativ auf die Beziehung zum
jeweiligen Elternteil, von dessen Seite das Kind den Druck verspürt, und damit die Haltung des Kindes auswirkt. Der ggf. als zu hoch empfundene Druck führt hier somit zum umgekehrten Ergebnis der ggf. dauerhaften Verweigerungshaltung, die nicht mehr aufgelöst werden kann.
Dem Elternteil, von dem die vom Kind verspürte Kränkung ausgeht, muss – ggf. im Rahmen einer sensibilisierenden Beratung und Unterstützung - vor Umgangsanbahnung zunächst vermittelt werden, dass überhaupt eine Kränkung, ggf. völlig ungewollt, vorliegt. und worin diese liegt.
Erst wenn der Elternteil dies verinnerlicht hat, können und sollen vermittelnde Gespräche zwischen dem Kind und dem Elternteil, bestenfalls unter fachlicher Begleitung, initiiert werden.
Beiden Seiten soll eine Möglichkeit zur Aussprache eröffnet werden.
Während auf Seiten des Elternteils die Sensibilisierung zwingend ist, ist auf Seiten des Kindes eine Unterstützung und Motivation dazu erforderlich, sich auf den Elternteil einzulassen und mit den Gründen der eigenen Kränkung/Verweigerung auseinanderzusetzen.
Eine solche fachlich begleitete Auseinandersetzung mit eigenen Wünschen und Kränkungen dies nicht nur dem aktuellen Umgang, sondern auch der allgemeinen psychischen Stärkung des Kindes.

Von allen Seiten, insbesondere von Seiten beider Eltern, muss zudem darauf geachtet werden,
die bereits mit einem enormen Druck verbundene Situation für das Kind nicht durch weiteren Druck aufzuladen.
Allen Seiten muss klar sein, dass eine solche Situation nicht binnen Wochen und oftmals auch nicht binnen weniger Monate aufgelöst werden kann.
Schafft man aber ein solches behutsames, begleitetes, sensibilisierendes und druckfreies Vorgehen, so besteht mittel- bis langfristig eine durchaus beachtlich hohe Wahrscheinlichkeit für eine erneute Annäherung.

Und das ist bekanntermaßen ja auch das kindeswohldienliche Ziel :)
Und ja, liebe MIAs, die mir hier so so gern unter meine Threads rotzen, dass ich "jegliche Gewalt" gerne "ignoriere", auch in diesen Fällen bzw. in dieser Kategorie müssen wir für die erforderliche, rechtlich klare Einordnung jene Fälle mit Gewaltelementen leider ausklammern.
Zum Thema Gewalt und Umgang habe ich schon Einiges geschrieben und möchte Euch und alle anderen Interessierten darauf verweisen.
Die Welt ist nicht immer nur schwarz und weiß und Fälle der Umgangsverweigerung sind bunter als jeder Pride-Umzug. Damit müsst Ihr Euch abfinden.
Bei Fragen, wie sich erwiesene oder lediglich behauptete Gewalt auf die (gerichtliche) Umgangsgestaltung auswirkt, gerne die Suchfunktion benutzen oder z.B. hier lang:
und .

Vielen Dank - erneut - für Eure Aufmerksamkeit :)
@threadreaderapp unroll please

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Feb 1
@BiancaGegen @UnrollHelper Nun, Dritte, die ihre Interessen haben und ggf durchsetzen, gibt's oftmals. Häufig sind auch Großeltern treibende Kräfte, meist jedoch anders ausgerichtet als hier.
Wichtig ist, dass man den Elternteile seitens des JA bzw in der Beratung klar macht, dass hier eine klare
@BiancaGegen @UnrollHelper Abgrenzung zu erfolgen hat und dass sich dieser Elternteil ggf unter Einbeziehung des Dritten klar machen muss, dass dies die Umgänge und damit das Kindeswohl ggf beeinträchtigen könnte. Eine Allzweckwaffe gegen Einmischungen gibt's aber auch hier nicht. Wenn sich der/die Dritte
@BiancaGegen @UnrollHelper weigert mitzuspielen bzw weiter alles torpediert (und dies nachweisbar ist), kann allerdings auch eine familiengerichtliche Regelung unter explizitem Ausschluss des Dritten nützen.
Die Gefahr hierbei ist jedoch, dass der Konflikt dadurch auf eine höhere Ebene gehoben werden
Read 4 tweets
Jan 31
Streit um #Umgang bzw. Kinderbetreuungszeiten nach Trennung ist ein ebenso komplexes wie emotional schwieriges Thema, das vor allem hier zu wilden Diskussionen führt.

Gerade bei der komplexesten Fallgestaltung, der #Umgangsverweigerung, wird oft leider zu emotional argumentiert.
Wenngleich dies aus Gründen der persönlichen Betroffenheit nachvollziehbar sein mag, führt das Ausblenden der Erkenntnisse der Kindesentwicklungs- und Verhaltenspsychologie oftmals, wenn nicht gar meistens, zu falschen, ja gar umgekehrten Ergebnissen für die Umgangsberechtigten.
Die Vorbereitung dieses Threads dauerte sehr lange und ich muss direkt vorweg sagen, dass es insgesamt 3 Threads sein werden, denn die Konstellationen der #Umgangsverweigerung sind vielfältig und lassen sich grob in 3 Kategorien einordnen, die ich für Euch gern aufarbeiten will.
Read 22 tweets
Jan 24
"Mein Urlaub ist doch mein gutes Recht?!"
Tja nun - kommt drauf an.

Warum?
Nun ja, es gibt da einige Gründe, warum der #Urlaub Andere betriffen kann.
Als Arbeitnehmer weiß man das. Einfach weg? Geht nicht.

Auch Elternteile müssen Einschränkungen hinnehmen.

Folgt mir mal kurz:
Den Ausgangspunkt für die Frage, wann getrennt lebende, gemeinsam sorgeberechtigte Eltern MIT ihren Kindern in Urlaub fahren dürfen, bildet der Grundsatz der alleinverantwortlichen Kindesbetreuung, der sich gesetzlich verankert in § 1687 Abs. 1 S. 1 bis 4 BGB findet.
Was meint der Gesetzgeber damit?
Nun, danach sollen getrennt lebende Eltern in den (fürs Kind) wesentlichen Angelegenheiten im gegenseitigen Einvernehmen (gemeinsam) entscheiden.
In alltäglichen Angelegenheiten entscheidet hingegen grundsätzlich der aktuell betreuende Elternteil.
Read 14 tweets
Jan 23
Es ist manchmal unheimlich schwer, beim Lesen der Jugendamtberichte von Vätern/Müttern, die ihre Kinder scheinbar grundlos auf- und weggeben, nicht in Wut und Verständnislosigkeit zu verfallen, sondern ernsthaft nach dem "Warum" zu forschen und sich in deren Lage zu versetzen.
Schafft man es aber, diese anfängliche Ungläubigigkeit über das "absolut nicht nachvollziehbare" Elternverhalten abzuschütteln, stellt man allzu häufig fest, dass man in solcherlei Situationen selbst wohl kaum in der Lage gewesen wäre, anders bzw. besser zu handeln.
Und oftmals, wenngleich sicher selten, stellt man zudem fest, wie richtig und wichtig diese - gerade für jene Eltern sicherlich sehr schwere - Entscheidung am Ende des Tages fürs Leben des Kindes sein könnte.
Read 4 tweets
Jan 19
Wie funktionieren eigentlich jene Verfahren, die die #elterlicheSorge oder den #Umgang betreffen?

Was sollte man/frau beachten, wenn man/frau sich nicht selbst ins Bein schießen möchte?

Folgt mir hier lang für ein paar (sehr allgemeine, aber wichtige) Tipps ⤵️

1/x
Zunächst einmal (und dieser Tipp richtet sich ausgehend von meiner bisherigen Erfahrung vorwiegend an Väter) sollten die Beteiligten folgenden Punkt beachten:

Ob nun Umgang oder elterliche Sorge – der Ausgangspunkt für die gerichtliche Entscheidung bleibt stets das Kindeswohl.
§ 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB bestimmt dies explizit für die Entscheidungen zur Übertragung der elterlichen Sorge, während die Rechtsprechung zum § 1684 BGB eine entsprechende, am Kindeswohl orientierte Prüfung verlangt.
Read 25 tweets
Jan 16
Nun denn, Ihr habt es so gewollt!

Heute beschäftigen wir uns mal mit dem (deutlich vereinfacht dargestellten) Ablauf eines Scheidungsverfahrens.

1/X
Wie so oft bei meinen Darstellungen gilt auch hier die Einschränkung, dass nicht auf alle Eventualitäten eingegangen werden kann. Diese können gerne im Rahmen von Antworten auf entsprechende Fragen im Kommentarbereich eruiert werden.

So und nun lasst uns beginnen:
Ein Scheidungsverfahren wird stets durch eine anwaltliche Antragsschrift eingeleitet. Diese muss zwingend einige Angaben, wie beispielsweise zur Eheschließung, zu gemeinsamen minderjährigen Kindern sowie zu etwaigen Folgesachen (dazu sogleich) enthalten.
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