Die westliche Debatte um den Krieg in der Ukraine dreht sich eindimensional um immer mehr Waffenlieferungen. So verständlich die Unterstützung der Ukraine ist, so unverantwortlich ist es, (1/13)
der Ukraine bedingungslos in ihrer „Sieges-Rhetorik“ zu folgen und das mit zunehmenden Waffenlieferungen zu unterstützen. Denn dies befeuert entweder einen jahrelangen und verlustreichen Abnutzungskrieg oder führt zu einer unbeherrschbaren Eskalation, (2/13)
falls Russland tatsächlich damit massiv unter Druck geraten würde. Über diesem Krieg schwebt mithin das Damoklesschwert einer nuklearen Eskalation.
Henry Kissingers kluge Analogie zum Ersten Weltkrieg formulierte den Gedanken, (3/13)
dass kein denkbarer Kompromiss die bereits erbrachten Opfer rechtfertigen konnte und daher die Führer zögerten, einen formellen Friedensprozess einzuleiten. Genau darum geht es: nüchtern zu überlegen, (4/13)
wie eine Verhandlungslösung aussehen könnte und nicht ein ‚Kämpfen bis zum letzten Ukrainer‘ mit Waffenlieferungen zu befeuern. Die Debatte sollte also unter strategischen Gesichtspunkten geführt werden und nüchtern Chancen und Risiken abwägen. (5/13)
Wer eine erfolgreiche Vermittlung starten will, der sollte sinnvollerweise nicht Partei sein. Vielmehr gilt es, folgende Fragen zu stellen: Was hat in der Geschichte anderer Konflikte zu halbwegs erfolgreichen Verhandlungslösungen geführt? (6/13)
Welche Bedingungen sollten geschaffen werden, damit Verhandlungen möglich werden? Wer kann was dazu beitragen, dass solche Verhandlungen wahrscheinlicher gelingen? (7/13)
Welche Themen müssten zwischen Ukraine und Russland verhandelt werden – und welche schwierigen Fragen sollten besser nicht sofort thematisiert werden?
Dieser Krieg wird nur durch eine diplomatische Lösung beendet werden. (8/13)
Dabei wird keine Seite Maximalforderungen durchsetzen können. Es wird aller Voraussicht nach vielmehr am Ende eine neutrale Ukraine geben, die nicht eindeutig dem westlichen oder russischen Einflussgebiet zufällt. Das ist gewiss keine Ideallösung, (9/13)
setzt natürlich international ein schlechtes Beispiel und verlangt insbesondere der Ukraine schmerzliche Zugeständnisse ab. Allein: Jede andere durchsetzbare Option ist schlechter, (10/13)
weil sie entweder einen jahrelangen und verlustreichen Abnutzungskrieg oder aber eine militärische Eskalation mit Russland zu Folge hätte. Ganz ähnlich sieht es auch die Studie des US Thinktanks RAND-Corporation, in der ebenfalls Verhandlungen gefordert werden. (11/13)
Wenn mithin am Ende eines langen oder weiter eskalierten Krieges das gleiche Ergebnis herauskommt, das auch heute bereits möglich wäre, dann ergibt es keinen Sinn, immer weiterzukämpfen mit zehntausenden Toten und traumatisierten Menschen. (12/13)
Die Kriegsdebatte geht insofern in eine falsche Richtung und die Politik sollte wieder die Diskurshoheit beanspruchen. (13/13)
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militärischer Unterstützung der Ukraine und dem (bisher) erklärten Willen zum Nichteintritt in den Krieg wird damit schrittweise schwieriger. Was monatelang als unverantwortliche Eskalation galt, wird inzwischen als sinnvolle Unterstützung der Ukraine verkauft. (2/10)
Die Lieferung von deutschen Kampfpanzern ist insofern ein weiterer Tabubruch in dem von Russland verschuldeten Angriffskrieg gegen die Ukraine – dem vermutlich weitere folgen werden. Kampfflugzeuge, (3/10)
Kampfdrohnen oder Kriegsschiffe – so jedenfalls die schon lange geäußerte Forderung der Ukraine – sollten ebenfalls nicht mehr tabuisiert werden.
Der Resonanzbogen für solche Forderungen in der deutschen und internationalen Debatte nimmt zu, (4/10)
Ein recht langer 🧵: Die Rede des Bundespräsidenten vom 28.10. hat zu Klarheit im Verhältnis zu Russland aufgefordert und meines Erachtens etliches Richtiges formuliert. Es ist angemessen und notwendig, angesichts des russischen Verhaltens die (Sicherheits-)Politik neu (1/17)
auszurichten und Russland einzudämmen. Ein paar Dinge sehe ich bei aller Übereinstimmung anders, und manches scheint mir zudem in der öffentlichen Wahrnehmung der Rede nicht richtig wahrgenommen.Wo ich widerspreche, ist der Punkt, dass es mit Russland keine Verhandlungen (2/17)
geben könne. Zitat: “Einige glauben, es fehle an ernsthaften Bemühungen unsererseits, ja gar an Bereitschaft zum Verhandeln. Ich kann Ihnen versichern: Niemandem, der bei Sinnen ist, fehlt der Wille. Aber die Wahrheit ist: Im Angesicht des Bösen reicht eben guter Wille (3/17)
Was soll die These, die USA und Russland führen in der Ukraine einen Stellvertreterkrieg, bedeuten – und was soll sie nicht bedeuten? Ein ziemlich langer 🧵20/20 Bitte nur sachliche Kommentare, danke.
1.Natürlich ist der Begriff „Stellvertreterkrieg“ enorm vielschichtig und muss im Kontext des Ukrainekrieges vorsichtig verwendet werden, zumal es sich unzweifelhaft in erster Linie um einen abscheulichen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine handelt. 2/20
2.Ich verstehe unter Stellvertreterkrieg grundsätzlich einen Krieg, bei dem mindestens eine der Parteien eng verbunden ist mit einer Gruppierung außerhalb des Staates, in deren Interesse letztlich der Krieg geführt wird. Dabei sind insbesondere Großmächte involviert, 3/20
📌Wie umgehen mit #Russland (thread): Genf, Brüssel, Wien - das waren Schauplätze, auf denen in dieser Woche über die europäische Sicherheitsordnung verhandelt wurde. Washington und Moskau sind aber die Orte, auf die es tatsächlich ankommt. 1/9 👉#RausAusDerEskalationsspirale
Sollen wir bei dem derzeitigen fragilen Status quo stehen bleiben oder brauchen wir wirklich neuen politischen Anlauf, um diese brisante Lage zu entschärfen? Worin liegen tiefere Ursachen dieses Scheiterns und was können wir daraus lernen? Welche Schritte sind erforderlich? 2/9
Zunächst: Die Drohgebärden Russlands gegenüber der Ukraine und das Imponiergehabe gegenüber Nato-Staaten in Übungen sind inakzeptabel. Dennoch führen Empörung und formelhafte Verurteilungen nicht weiter. Vielmehr ist jetzt #Realpolitik angezeigt. 3/9