Thread by @VeganCardio

Bei den Reaktionen auf meinen Tweet habe ich gemerkt, dass vielen Menschen die "Abartigkeiten" des ambulanten KV-Systems tatsächlich gar nicht bekannt sind. Daher an dieser Stelle ein #infotweet zur kassenärztlichen ambulanten Versorgung. #medizinbrennt #medizin @Karl_Lauterbach

Wenn Fachärzte wie wir Kardiologen einen Kassenpatienten behandeln, bekommen wir eine sog. Komplexpauschale, in meinem Fall also den kardiologischen Komplex bezahlt. Hierbei gibt es obligate Bestandteile, also Leistungen, die erbracht werden müssen, um diesen abzurechnen. So muss

ich z.B. ein Ultraschall vom Herzen (Echokardiographie) vornehmen, ansonsten kann die Komplexpauschale nicht abgerechnet werden. Für ein Gespräch (auch wenn dieses 30 Minuten dauert) dürfte ich nur die Versichertenpauschale abrechnen (abhängig vom Alter des Patienten 20-25 Euro).

Des Weiteren ist es so, dass mit Abrechnung der Komplexpauschale alle weiteren Leistungen im gleichen Quartal abgegolten sind. D.h., dass wir keinen Cent mehr bezahlt bekommen, wenn der Patient noch zusätzlich ein Belastungs-EKG, ein Langzeit-EKG, LZ-Blutdruck etc bekommt.

Außerdem bekommen wir auch für jeden weiteren Patientenbesuch keine zusätzliche Vergütung. Bedeutet in der Praxis, dass ich für einen jungen fitten Patienten, der wegen leicht erhöhtem Blutdruck einmalig in die Praxis kommt genauso viel Geld bekomme wie für einen schwer

herzkranken Patienten, der sechsmal im Quartal kommt, zahlreiche Untersuchungen und natürlich auch viel Zeit benötigt. Dies schafft für gewinnorientierte Praxen natürlich den Anreiz,lieber mal ein paar "leichte" Fälle zusätzlich anzunehmen und die richtig kranken Patienten warten

zu lassen. Wenn man das als seriöser Arzt mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann, wird man dafür vom System "bestraft", indem man viele Leistungen umsonst erbringt. Besondern bestraft werden Fachrichtungen, die eben sehr viele, sehr kranke Patienten behandeln (oder @DocOnco?)

Dieses System muss daher reformiert werden. Warum soll eine Leistung nur einmal im Quartal vergütet werden? Außerdem muss das Abrechnungssystem auch irgendwo dem Aufwand Rechnung tragen. In der GOÄ haben wir noch die Möglichkeit, über eine Steigerung des Faktors Mehrarbeit

abzubilden, beim EBM fehlen diese Möglichkeiten gänzlich!