Albrecht Koschorke ist ein hervorragender Literatur- und Kulturwissenschaftler, deswegen war ich von seinem Artikel im Spengler-Ton über die "dreifache Niederlage" enttäuscht.
Zunächst halte ich einige Grundannahmen für nicht richtig, so z.B. die Annahme, dass der Krieg "eine globale Konstellation wiederhergestellt hat, die an die Verhältnisse des Kalten Krieges erinnert."/1
Warum entdeckt man falsche europäische Politik in Asien & Afrika in einem Artikel just zum Zeitpunkt, an dem die Ukraine um ihr Überleben kämpft & Putin + Lawrow sich als antikoloniale Kämpfer gar in Eritrea verkaufen? Die Ukraine liefert sogar weiterhin Getreide in dieser Zeit!2
Wie die Friedensbewegung der 80er sucht Koschorke angebliche Äquidistanz zwischen den Blöcken durch Symmetrisierungen und Vergleiche zwischen dem Westen und Russland, auch wenn er den Angriffskrieg klar verurteilt. Aber deswegen betont er wohl immer die Blockfreiheit./3
Warum kritisiert man die (west)europäische arrogante Haltung gegenüber den Entwicklungsländern und ehemaligen Kolonien, aber nicht die frühere russ. koloniale Haltung zu #Ostmitteleuropa und die dt. Kolonialgeschichte des "Lebensraums" dort. Warum nur die Übersee-Beispiele?/4
Warum eine lange Generalkritik an der Aufklärung und "westlichen Moderne", aber nicht an der sowjetische #Moderne? Ist die "Red Modernity" besser? Und jetzt kommst sie gar im Gewand der Russischen Welt oder Russ. Zivilisation daher und gibt Postkolonialität vor./5
Mich erinnert an den Kalten Krieg hier eher die Fixierung auf große Nationen, Einflusssphären, Big Player. Die kleinen Länder oder bedrohte Völker ohne Staat (Kurden, Uiguren, Tschetschenen) kommen nie in den Blick. Gehört wohl zur Schrumpfform linken international. Denkens./6
Nebenbei: Zu den beliebtesten antiamerikanischen Topoi gehört der Gegensatz von Moral und Interesse bzw. Macht und Recht, die angebliche Scheinheiligkeit angelsächsischen Völkerrechtsdenkens. Auch das hört man manchmal hier./7
Zum Schluss finde ich die Schläge gegen den Liberalismus gerade in dieser Zeit, in der Russland von einem antirevolutionären und antiliberalen Alternativ-Europa träumt und gerade in #Europa Gruppen dafür über Propaganda mobilisiert, sehr schwierig./8
Die Polarisierung, die #Koschorke hier beschwört, existiert so nicht, auch wenn das Putin gern hätte. Ebenso wenig wird es einen einfachen Kollaps des Westens geben. Wichtig wäre hingegen Vertrauensaufbau in und außerhalb Europas und Dekolonisierung Russlands und anderswo./9
Hier ein interessantes Stück 'Korpuslinguistik' im Kommentar bei Der Zeit.
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Olena Zelenska: Die ukr. Staatsanwaltschaft untersucht 171 Fälle sexualisierter Gewalt gegen Ukrainerinnen durch das russ. Militär. Unter den Opfern sind 39 Männer. 13 sind minderjährig. "Wir wissen von diesen Fällen nur, weil diese Menschen die Kraft fanden, sich zu äußern."
Olena #Zelenska sagte, die Zahl der Vergewaltigungen von ukrainischen Zivilisten gebe den Eindruck, dass dies eine bewusste Politik der russischen Armee sei. Dies sei ihre bewusste psychologische und physische Waffe gegen die Ukrainer.
O. Zelenska: "Die Opfer sollen sich nicht schämen müssen für das, was sie durchgemacht haben. Andererseits sollen die Täter das Recht und die Strafe fürchten. Ich hoffe, die Bestrafung kommt schnell."
Ein russ. Z-Blogger fordert zum Genozid im Osten und Süden der Ukraine auf. @den_kazansky erklärt mit diesen zwei russischen Posts zu #Charkiv sehr klar, warum die Russen gerade im Osten der Ukraine so brutal agieren. 1/6
Ü:⬇️
Kazansky: "Dies schrieb ein völlig authentischer russ. Z-Blogger. Falls noch jemand zweifelte, dass Russland vorsätzlich Städte in der Ostukraine auslöscht, ist dies der Beweis, dass sie es absichtlich tun."/2
Russisches Original des Bloggers⬇️
Kazansky: "Es erklärt, auch warum die Bewohner von Charkiv, #Mariupol und dem von der Ukraine kontrollierten Donbas von russ. Unmenschen mehr gehasst werden als die Bewohner von #Lemberg (Lviv) und Transkarpatien."/3
Peter Pomerantsev, Autor des Buches "This Is Not Propaganda: Adventures in the War Against Reality" (2019) spricht darüber, warum Menschen in Russland und anderswo an Propaganda glauben.
🧵 svoboda.org/a/vse-vse-znay…
Beruht auf einem russischsprachigen Podcast (siehe verlinkter Artikel). #Pomerantsev begann sich für Propaganda zu interessieren als er in den Nullerjahren 9 Jahren in Russland lebte und die Entstehung des neuen Modells des Autoritarismus miterlebte./1
Das Interview ist sehr lang, es geht u.a. auf einen Essay von #Adorno ein, Le Bon, Goebbels, auf Parallelen und Unterschiede zum Nationalsozialismus, die aktuelle Situation in Russland sowie Zukunftsszenarien. Ich konnte nur einige Punkte übersetzen oder zusammenfassen./2
"Die vom russ. Staat finanzierten Massenfolterkammern waren kein Zufall, sondern Teil eines sorgfältig durchdachten und finanzierten Plans, die nationale und kulturelle Identität der Ukraine auszulöschen", sagte der britische Anwalt Wayne Jordash. 1/4 theguardian.com/world/2023/mar…
"Mehr als 1.000 Überlebende haben Zeugnis abgelegt und mehr als 400 Menschen sind aus #Cherson verschwunden, sagen die Anwälte."/2
"Die in #Cherson gesammelten Beweise zeigen, dass die russ. Folterzentren nicht "zufällig" entstanden sind, sondern vom russ. Staat geplant und direkt finanziert wurden. Dies berichtet ein Team ukr. und internationaler Anwälte unter der Leitung eines britischen Anwalts."/3
"Wichtig ist hier, dass es keine besondere Reaktion auf diese Verstöße gab. Das bedeutet, es wird ein Verbrechen begangen, das ohne Konsequenzen bleibt."
Memorial-Mitglied V. Malychin erklärt, warum Russland in jedem Krieg seit Jahren Zivilisten angreift.
Laut einem Bericht des "Zentrums für Menschenrechte 'Memorial'" begeht die russische Armee seit mehr als 30 Jahren ähnliche Kriegsverbrechen in verschiedenen Konflikten. Die Gruppe hatte letzte Woche einen komparatistischen Artikel dazu veröffentlicht.
Übersetzung des Ausschnitts:
Journalist:"Habe ich den Hauptgedanken Ihres Artikels richtig verstanden, dass die Dinge, die wir in der #Ukraine gesehen haben - in Butscha, Mariupol, Isjum oder Cherson - all das lässt sich nicht als Einzelfall eines Täters erklärten,../1
Empfehlenswerter Thesencheck: @GestwaKlaus von der Universität Tübingen zerlegt kenntnisreich und detailliert acht allzu populäre Thesen 'meinungsstarker, aber ahnungsloser' Stimmen. Hier der Anfang zur dritten These.
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K. Gestwa diskutiert folgende populäre Behauptungen: 1. Die NATO hat Russland bedroht. Putin musste sich verteidigen. 2. Die Ukraine gehört historisch gesehen zu Russland. 3. Niemand kann genau sagen, was Putin will./2
Weitere Behauptungen: 4. Die Ukraine ist kein demokratischer Staat, sondern wird vom Westen & Oligarchen gesteuert. 5. Die Krim & der Donbas gehören historisch gesehen zu Russland. 6. Wer Waffen liefert verlängert den Krieg. 7. Russ. Medien lügen auch nicht mehr als westliche./3