Was ist der Hauptzweck, der "Zweck erster Ordnung", einer Unternehmung, ja eines gesamten Wirtschaftssystems - und Systemen überhaupt?
Es ist die Selbsterhaltung, das Überleben - im "Business" auch "Viability" genannt.
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Es geht also stets um die Tragfähigkeit einer Unternehmung, eines Systems oder einer Existenz. Dieses Handeln ist evolutionär tief in unsere DNA eingebrannt - kombiniert mit einem zunächst natürlichen und später zugleich künstlich verstärkten Wettbewerbssprinzip.
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Dabei ging es zunächst um knappe, später dann auch um künstlich verknappte Ressourcen. Dieser wirtschaftliche Wettbewerb beherrscht mittlerweile alle Poren unseres gesamtes Dasein. Das ist der Kern unseres Betriebssystems - wenn man so will. Mittlerweile mehr Fluch als Segen.
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Es gibt noch "Zwecke zweiter Ordnung". Das wäre dann so etwas wie Wachstum oder Impact oder was einem noch so in Purpose Workshops entfremdeter Organisationen einfällt. Jedoch ist all das müßig, wenn der Zweck erster Ordnung, das tragende Element, irgendwann wegbricht.
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Mit der #Klimakatastrophe haben wir ein globales Ereignis, welches den Zweck erster Ordnung unseres Systems erster Ordnung - also die gesamte Biosphäre - massiv bedroht. Eine Form von hand- und hausgemachter existentieller Kernschmelze könnte man sagen.
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Es geht dabei eben nicht mehr um einzelne Unternehmungen, Branchen, Städte oder Länder. Es betrifft alle Menschen und all ihre Vorhaben in den nächsten Jahrzehnten - unabhängig von Fauna & Flora. Das "Aussterben" geschieht nicht mit einem großen Knall und alles ist weg.
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Es ist ein langer, schleichender, aufschaukelnder Prozess, der irgendwann rasant im Kollaps mündet. Das System kippt dann zivilisatorisch um. Ein Prozess, den zahlreiche WissenschaftlerInnen seit Jahrzehnten erforschen und beschreiben und den man nicht wegverhandeln kann.
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Wenn wir also das System erster Ordnung weiterhin in rasantem Tempo irreversibel zerstören, werden alle anderen, ihr untergeordneten Systeme, zwangsläufig mit in den Abgrund gezogen. Sie alle speisen sich nämlich aus dem einen gemeinsamen System.
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Das erklärt die surreale Schein-Kluft zwischen Wohlstands- und Klimaschützenden. Menschen, die ihr Unternehmen oder ihre Branche erhalten wollen, übersehen die Problematik der Bedrohung unseres Systems erster Ordnung, der Biosphäre. Die Quelle ihres bisherigen Wohlstands.
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Zudem ist und war die konventionelle Art zu wirtschaften (Produktion & Konsum) der eindeutig erwiesene Auslöser für diese Dynamik des drohenden Kollapses. Das bedeutet aber, wir stecken in einer zutiefst kniffligen Situation.
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Es müssten sich Systeme zweiter Ordnung radikal verändern und sich zum Teil komplett abschaffen, damit das System erster Ordnung wieder "atmen" und stabilisieren kann und nicht komplett aus den Fugen gerät und unberechenbare Ereignisse auslöst.
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Da alle Systeme die Funktion haben sich selbst zu erhalten, stecken wir in einer Zwickmühle. Natürlich will ein wohl gewachsener Industriezweig sich nicht verändern oder gar ganz selbst abschaffen. Das gelingt - systemtheoretisch - einfach nicht aus sich selbst heraus.
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Die spannende und noch ungeklärte Frage lautet daher: Haben oder schaffen wir rechtzeitig(!) eine systemische Governance, die - bei gleichzeitiger heftiger Gegenwehr - so tief in Strukturen und Funktionslogiken der Systeme eingreift, dass das System erster Ordnung überlebt?
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Kein Wunder also, dass @ClubOfRome in seinem Buch "Earth4All" genau diesen Umstand als größtes globales Transformationsvorhaben aller Zeiten benennt. Zig mal größer als der Marshallplan, die Mondlandung und die "grüne Revolution" in Asien/Afrika zusammen.
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Es gibt zwei Möglichkeiten allgemeine Menschenrechte zu betrachten:
A) Als unverhandelbaren Universalismus
B) als ausgehandelte Ideologie (wobei jedwede Negation auch Ideologie ist und somit gleichsam zur Verhandlung stünde)
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Wenn ich von A) ausgehe, dann gibt es darüber keine wirkliche Diskussion. Es ist gesetzt. Auch wenn Menschenrechte tagtäglich gebrochen werden, bedeutet es im Umkehrschluss ja nicht, dass ihr Dasein und Wesen grundsätzlich falsch seien. /2
Wenn ich von B) ausgehe wird es wesentlich kniffliger. Man landet dann entweder im Relativismus ("weil ja alles nur Ideologie") oder im Wettbewerb um die beste Ideologie. Ich riskiere sozusagen das hohe Gut der Menschenrechte (inkl. der eigenen) für eine Verhandlung. /3
Ich bin über ein paar Beobachtungen rund um die Rezeption von Precht/Welzers neues Buch "Die vierte Gewalt" bzw. dessen Bewerbung (bei Lanz) - vor allem auf Twitter - außerordentlich überrascht.
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Ich bin zunächst sehr überrascht, dass den beiden Autoren es in der Buchpromotion Talkshow Lanz so gar nicht gelungen ist, auch nur eine einzige These aus ihrem Buch zu artikulieren (vor allem wenn man das Buch kennt). Sie wirken, als ob sie es gar nicht geschrieben hätten. /2
Die Sendung habe ich als eine komplette Verunfallung einer Debatte empfunden, bei der keine der Beteiligten wirklich Interesse am Diskurs zeigte. Wie so oft fand eine Moderation in dieser Sendung nicht statt. Es blieb auf allen Seiten bei Machtkampf um gekränkte Deutung. /3
Bin gerade auf die Definition von #SozialerArbeit nach IFSW und DBSA gestoßen. Finde ich sehr interessant.
Here we go:
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"Soziale Arbeit fördert als praxisorientierte Profession und wissenschaftliche Disziplin gesellschaftliche Veränderungen, soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt sowie die Stärkung der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen."
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"Die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, Menschenrechte, die gemeinsame Verantwortung und
die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlage der Sozialen Arbeit. Dabei stützt sie sich auf Theorien der Sozialen Arbeit, der Human- und Sozialwissenschaften und auf indigenes Wissen." /3
Warum ich libertäres, antistaatliches Gebahren als rückschrittlich, entzivilisiert und trotzig empfinde. Ein Thread 🧵 /1
Viele Libertäre, die sich gegen den Staat positionieren, verstehen nicht, dass ihre Haltung erst durch einen Staat ermöglicht wurde. Der Staat als Gesellschaftsvertrag regelt unser Recht u. a. ermöglicht es erst Handel und Wohlstand. /2
Niemand hat mehr vom Staatskonstrukt profitiert als Händler oder Freidenker. Im Zuge der Aufklärung wurde das „Gottesgnadentum“ durch einen Staat ersetzt und somit waren Menschen eher in der Lage aus sich selbst heraus Wohlstand und Einfluss zu vergrößern (Fragt die Fugger). /3
Vor Jahren wurde die Anthropologin Margaret Mead von Studenten gefragt, was ihrer Meinung nach das erste Zeichen der Zivilisation, der menschlichen Kultur sei. Sie erwarteten, dass Mead von Angelhaken, Tontöpfen oder Schleifsteinen sprechen würde. /1
Mead antwortete, dass das erste Zeichen der Zivilisation in alten Kulturen ein Oberschenkelknochen war, der gebrochen und dann ausgeheilt war. Sie erklärte, dass man im Tierreich sterbe, wenn man sich das Bein breche. /2
Man kann nicht mehr vor einer Gefahr weglaufen, zum Fluss gehen, um Wasser zu holen oder nach Nahrung jagen. Man ist Beute für herumstreunende Tiere. Kein Tier überlebt einen Beinbruch lange genug, damit der Knochen heilen kann. /3
Ein kleiner Thread zum Thema Umgang mit Erbe, Erbschaftssteuer, Staat und Gemeinwesen.
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Die Erbschaft in der westlichen Kultur ist ein Relikt aus der Feudalzeit. So hat der Adel seinen Besitz und damit natürlich auch seine Macht bewahrt und an die folgende Generation weitergereicht. Pech hatte, wer in der falschen Familie geboren wurde (2/23)
Der Klerus hat übrigens institutionell vererbt. Da war das Eigentum der Priester und Nonnen das Eigentum Gottes und damit auch der Institution Kirche - jedenfalls im Katholizismus. (3/23)