Katja Hoyer hat ein apologetisches Buch über die #DDR geschrieben - und bedient im Interview mit @jana_hensel Narrative, die wir sonst von Verharmlosern dieser Diktatur kennen, bzw. von Leuten, die von einer neuen Diktatur raunen.
Bemerkenswert ist schon der Begriff "Experiment DDR". Das suggeriert, die Entwicklung dieses Regimes sei irgendwie offen gewesen. Experimente kann man abbrechen. Das hatten die "Versuchsleiter" in Ost-Berlin (und in Moskau) natürlich nie vor. Was sie als "unideologischen" 2/
Ansatz anpreist, entspricht somit bereits im Kern der SED-Ideologie - oder präziser: deren Propaganda.
Dementsprechend leugnet sie, dass die DDR das Kind Stalins war. Die Vorstellung, er habe diesen Staat irgendwie als Belastung empfunden, ist völlig lächerlich: Der sowjetische
Diktator hat die DDR als wichtigen militärischen und politischen Vorposten gesehen, von dem aus er sein Imperium absichern und den Westen unterminieren wollte. Stalins Bedeutung muss in Hoyers Darstellung minimiert werden, weil der Terrorcharakter der ersten Jahre der DDR sonst
klar hervorträte. Ementsprechend fühlt sich Hoyer berufen, auch den Terror an der innerdeutschen Grenze zu relativieren, indem sie eine geradezu widerliche Täter-Opfer-Umkehr betreibt, wenn sie auf einen erschossenen Grenzer verweist und damit Flüchtlinge als (potentielle) Mörder
darstellt, während sie suggeriert, die Grenzer hätten sich in einer Art Befehlsnotstand befunden und gar keine andere Möglichkeit gehabt, als auf Flüchtlinge zu schießen (statt z.B. gezielt daneben).
Damit findet sich hier ein Narrativ, das wir aus rechten Kreise kennen, die
NS-Täter als Opfer böser Umstände darstellen. Es erstaunt daher nicht, dass sich bei Hoyer auch andere Narrative finden, die wir aus (neu-)rechten Diskursen kennen. Etwa die von Liberalismus und Demokratie als Elitenprojekt, das einfache Leute nicht interessiere:
Auch sehr beliebt, nicht zuletzt bei Mitgliedern des @NetzwerkW, ist das Mantra, dies und das dürfe man hierzulande so ja gar nicht mehr sagen, weshalb ihr deutsche Kolleg:innen gedankt hätten, dass sie - als quasi Außenstehende - dieses heiße Eisen angefasst habe. Und wie das
bei Opfern der schlimmen, schlimmen #CancelCulture eben so ist, werden solche Thesen so gnadenlos totgeschwiegen, dass ihr Buch nur im uralten Publikumsverlag wie @HoCaHamburg erscheinen und sie selbst in randständigen Medien wie der @zeitonline und @derspiegel zu Wort kommt.
Die Selbststilisierung als Dissidentin, die erst in der quasi Emigration frei über Deutschland schreiben könne und die gar nicht so subtile Gleichsetzung der Bundesrepublik mit der DDR ist in dieser Hinsicht nur konsequent.
Es ist einigermaßen erschütternd anzusehen, wie der einstige Großdenker #Habermas seine Weltanschauung durch die Realität eben nicht erschüttern lässt - und auch gar nicht merkt, dass er die Argumente von #Trump teilt, der ihm der neue Gottseibeiuns ist.
Einige Anmerkungen: 1/
Besonders krass tritt die gedankliche Nähe zwischen Trump und Habermas gleich am Beginn des Essays zu Tage. "The war should have never happened", sagt der Machthaber im Weißen Haus ständig - und auch Habermas tut so, als sei es an Washington gewesen, den Krieg zu verhindern. 2/
Pikant ist dabei, dass Habermas den Europäern unterstellt, sie seien "ohne eigene Zielsetzung" in diesen Krieg gegangen. Diese Frage nach den angeblich fehlenden "Zielen", ist seit 2022 häufig aufgeworfen worden, und ich habe sie nie verstanden: Reicht Habermas denn das Ziel,
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"Man fragt sich auch selbst, ob man im Prozess der Politikberatung als Wissenschaftler immer die richtigen Hinweise gegeben hat", sagt Herfried #Münkler im Gespräch mit der @SZ zum Krieg gegen die #Ukraine, Drohnen, Trump etc. Selbstkritik vom Großdenker?! Gucken wir mal hin. 1/
So viel vorweg: Natürlich stellt Münkler keinen einzigen seiner "Hinweise" in Frage - und die unvorbereiteten Stichwortgeber @baumstieger und @AGorkow erst recht nicht. Er meint nur, dass er seine Ratschläge vielleicht nicht mit der "nötigen Verve" gegeben habe, zB zu Drohnen: 2/
@baumstieger @AGorkow Dann wollen wir sehen, was er (öffentlich) gesagt hat. Und siehe da: Die "Schlachtfelder" kamen z.B. in seinem Interview mit der FAZ 2015 überhaupt nicht vor. Vielmehr diskutiert er Drohnen nur mit Blick auf asymetrische Kriege - mit einem vielsagenden Vergleich: 3/
Bei @ulfposh sind die demokratischen Sicherungen endgültig durchgebrannt und so begeistert er sich über Trumps bonapartistische Machtdemonstration aka „Hyperexekutive“ und wünscht sich eine CDU-AfD-Regierung. Ein paar Anmerkungen. 1/
Den Hitlergruß von Musk kann nur „kontextfrei“ nennen, wer den antisemitischen Tsunami auf Twitter und das automatische Abspielen der Videos von Alex Jones ignoriert. Aber vielleicht ignorieren Ulf und Anna das gar nicht, schließlich finden sie das neue „X“ ja „aufregend“. 2/
Beim Heizungsgesetz ging noch die Welt unter, weil ein *Entwurf* nicht passte. Jetzt hingegen rückt Poschardt das parlamentarische Prozedere an sich rhetorisch in die Nähe jüdischer Verschwörungen (er lässt Trump sprechen, stimmt ihm aber inhaltlich zu). 3/
Klar - wenn ein Interview auf die Weise geführt wird, wie er es selbst sonst dem ÖRR z.B. im Fall von Habeck unterstellt (anbiedernd und mit Suggestivfragen als Stichwortgeberin), dann fühlt sich @ulfposh wohl. Im Gespräch über sein #Shitbürgertum vollzieht er einen geradezu 1/
performativen Widerspruch, indem er sich - einen hochbezahlten leitenden Angestellten eines Milliardärs, der mit dem reichsten Mann der Welt im Kontakt steht - als Underdog und "einfachen Wähler" geriert.
Immerhin pflegt der die gleiche Cui-bono-Logik wie verpeilte Querdenker. 2/
Ihn irritiert gar nicht, dass seine nette Gesprächspartnerin selbst wenig von Meinungsfreiheit hält, da sie Kritik als damit inkompatibel begreift. Poschardt selbst wiederum hält sich mit historischen Fakten gar nicht auf - wildes Psychologisieren reicht doch auch! 3/
Oliver Conradi und @SchullerKonrad haben ein aufschlussreiches Interview mit #Wagenknecht über #Putin, Ukraine, NATO geführt - aber angesichts des Lügen-Tsunamis stellt sich mir die Frage, wie sinnvoll Gespräche sind. Sie kommt mit zu vielen Aussagen durch; die bleiben hängen: 1/
Problematisch sind v.a. die klassischen Fake News, die Wagenknecht verbreitet und denen nicht widersprochen wird. Dann nehmen Leser an, es seien Fakten. Hier: in der UA stationiertes US-Militär und CIA-Basen. Die waren nicht nur keine Ursache des Krieges - es gab sie nicht! 2/
Nebenbei erklärt Wagenknecht dann auch den Krieg in Afghanistan und in Libyen zu völkerrechtswidrigen Kriegen - obwohl beide Interventionen mit Mandaten des UN-Sicherheitsrates durchgeführt wurden. In Libyen waren es zudem FR und GB, die vorgeprescht sind, nicht die USA. 3/
Am Leben von Maria Gruzdova, die in meinem Buch über #Kyiv in den 1930/40er Jahren eine wichtige Rolle spielen wird, lässt sich ablesen, wie Menschen im #Stalinismus gebrochen und Opfer zu Tätern gemacht wurden. Werfen wir einen Blick in die Personalakte dieser NKVD-Agentin: 1/
Darin hat sich ein Dokument erhalten, das am Beginn des Prozesses ihrer Anwerbung steht. Es handelt sich um den Bericht eines Geheimdienstmitarbeiters vom Sept. 1937, der sein erstes Treffen mit ihr an diesem Tag schildert. Gruzdova war für den NKVD interessant, weil sie über
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ihren Lebensgefährten, den 1910 geborenen Literaturredakteur Nikanor Jaruta mit vielen ukrainischen Schrifsteller:innen bekannt war. Jaruta war Ende 1936 verhaftet worden. Der NKVD-Mitarbeiter beschreibt, wie zurückgezogen Gruzdova lebte und wie misstrauisch sie war: Auf
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