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Die OdW hat mir Gelegenheit gegeben, die uneinheitlichen Regelungen der Juniorprofessur mit und ohne TT in Deutschland zu durchleuchten. Stichwort: Akademisches Höchstalter. Ein kleiner Thread 1/x
Wie lang ist man in Deutschland akademischer Nachwuchs? Die Juniorprofessur richtet sich ihrer Konzeption nach an frische PostDocs und bietet die Gelegenheit zu wissenschaftlich selbständigem Arbeiten direkt nach der Promotion. 2/x
Bei Einführung durch den Bundesgesetzgeber (damals noch zuständig) sollte die Juniorprofessur statt der 6 Jahre WissZeitVG-PostDoc-Befristung bekleidet werden können. 2014 empfahl der Wissenschaftsrat die Einführung der TT-Professur - allerdings als R3-Baustein. 3/x
Resultat: Völlig disparate Regelungen, bis wann man Juniorprofessor*in werden kann. Es haben sich mehr oder weniger 3 Regelungskonzepte herausgebildet. Nur etwa die Hälfte der Bundesländer hat das Konzept des Wissenschaftsrats explizit übernommen. Praktiziert wird Wildwuchs. 4/x
Der VGH BW hat dem noch ein Krönchen aufgesetzt und (nur/erst) einen Habilitierten (!) aus einem Bewerbungsverfahren um eine Juniorprofessur ausgeschieden. Es ist Zeit, die Juniorprofessur in das Gesamtsystem wissenschaftlicher Karrieren zurückzuführen. 5/x
Das funktioniert nicht, wie es das @BMBF_Bund und die @HRK_aktuell fordern, indem eine vierjährige sachgrundlose Befristungszeit vorgeschaltet wird. Das widerspricht dem Ziel des Gesetzgebers, frühzeitig selbständige Wissenschaft zu ermöglichen. 6/x
Das geht nur, indem die Juniorprofessur mit und ohne TT als zwei von drei Karrierewege zur unbefristeten Beschäftigung in der Wissenschaft gedacht werden. Daneben sollte die Entwicklungsphase der #Anschlusszusage stehen. 7/x
Die Orientierungsphase von 2 Jahren dient dann dazu, einen der drei Karrierepfade einzuschlagen. Wer schnell (und risikoreich) zur Professur will, für den ist die Juniorprofessur mit und ohne TT der Weg. Wer im Mittelbau bleiben oder ein langfristiges Projekt verfolgen möchte,
Das Drei-Phasen-Modell der #Anschlusszusage funktioniert nur, wenn die Länge der Phasen so bemessen wird, dass jede ihren Zweck erfüllen kann. Werden einzelne Phasen zu lang bemessen, droht eine #Zweckentfremdung. Das Risiko besteht besonders für die #Orientierungsphase. 1/20
Deshalb lohnt es sich, noch einmal einen Blick auf den Zweck der #Orientierungsphase zu werfen. Die Orientierungsphase soll im Drei-Phasen-Modell nach Abschluss der Promotion folgen und in die #Entwicklungsphase münden. Sie schlägt die Brücke zwischen Pre- und PostDoc. 2/20
Dem Namen nach könnte die #Orientierungsphase aus dem giftigen Vokabular der Kategorie: Nachwuchs stammen. Es klingt ein bisschen nach dem ahnungslosen Wissenschaftler, der völlig überrascht von seiner plötzlichen Promotion erst einmal Orientierung finden muss. 3/20
Das Eckpunktepapier des BMBF zur Reform des WissZeitVG ist ein Grund, meinen erholsamen (#DiehellenDinge) Urlaub zu unterbrechen und mit diesem Thread 🧵einer näheren Betrachtung zu unterziehen – Spoiler, ein harter Ritt: 1/x
Unmittelbar offenbart sich eine bezeichnende Spreizung zwischen erklärter Zielsetzung und avisierten Reformen. Nichts von „klaren Entfristungsperspektiven“ und „unbefristeter Beschäftigung“. Die „wissenschaftliche Qualifizierung“ soll nur in der Begründung Raum bekommen. 2/x
Dies fordert die juristische Methodenlehre: Ist der Wille eines nicht gesetzesändernden Gesetzgebers überhaupt beachtlich? Gesetzesauslegung ist Aufgabe der Justiz, während Rechtssetzung Aufgabe der Legislative ist. Geltendes Recht nur umzuinterpretieren – das ist Neuland. 3/x
Das Schmankerl zur Arbeitszeiterfassung ist da: BAG, Beschluss vom 13.09.2022 - 1 ABR 22/21. Und ich habe nicht zu viel versprochen: Das BAG verpflichtet (!) bundesweit branchenunabhängig zur Arbeitszeiterfassung. bundesarbeitsgericht.de/sitzungsergebn…
Die Verflichtung ergibt sich nicht aus der GRCh, sondern aus der Arbeitszeitrichtlinie, lässt demnach grds. gesetzliche Ausnahmen zu. Solche sind bisher nur in 18 ff. ArbZG geregelt (und beschränken sich auf leitende Angestellte, die Kirchen und hoheitliche Aufgaben).
Die Arbeitszeit muss nicht nur gemessen, sondern Beginn und Ende überprüfbar aufgezeichnet werden. Es reicht nicht aus, den Arbeitnehmer*innen die Option zur Arbeitszeiterfassung (freiwillig) zu eröffnen.
BAG, Beschluss vom 13.09.2022 - 1 ABR 22/21: Der Arbeitgeber ist nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.
Der Volltext liegt noch nicht vor, allerdings eine PM. (1/x)
Die Vorinstanz sah dies noch anders: Das LAG Hamm, Beschluss vom 27.07.2021 – 7 TaBV 79/20 = NZA-RR 2021, 602, 603 Rn. 49 erachtete europarechtliche Vorgaben noch als nicht streitentscheidend, sah es doch ein Initiativrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.
Das Bundesarbeitsgericht hob diese Entscheidung auf: Ein Initiativrecht des Betriebsats und Regelungsmöglichkeiten mittels Betriebsvereinbarung (genauso wie mit Dienstvereinbarung) besteht nur, soweit das Gesetz keine zwingenden Vorgaben macht (3/x).
Das @BMBF_Bund behauptet in seiner Stellungnahme vom Sonntag, Befristungen seien für Qualifikationstätigkeiten auch in der freien Wirtschaft Alltag. Damit liegt das @BMBF_Bund grob daneben. Ein Thread zur rechtlichen Einordnung #IchbinHanna (1/x)
In der freien Wirtschaft gibt es dem wissenschaftlichen Bereich vergleichbare Qualifikationstätigkeiten nicht. Sofern in der Wirtschaft zur Qualifikation beschäftigt wird, liegt entweder ein Ausbildungsverhältnis i.S.d. 3 ff. BBiG, eine duales Studium oder ein Praktikum vor. (2/x
Die Berufsausbildung findet befristet statt. Die Laufzeit der Befristung ist jedoch eng an die Ausbildungsdauer geknüpft. Gem. 21 Abs. 1 BBiG endet die Ausbildung mit dem Ablauf der Ausbildungsdauer. Eine Kündigung ist nur sehr beschränkt (22 BBiG) möglich. (3/x)