Bayern klagt in Karlsruhe gegen den Länderfinanzausgleich, und das ist eine schöne Gelegenheit (danke!), mal grundsätzlicher über das Thema nachzudenken.
Sinnvoll wäre es, wenn Bayern wesentlich mehr zahlen müsste.
Kleiner Thread 🧵 1/
In Deutschland geht es mit dem Föderalismus so weit, dass nicht nur die Verwaltung dezentral ist, sondern auch die Steuerzahlungen der Bürger/innen weitgehend in ihren jeweiligen Regionen verbleiben, anstatt in der Mitte in einen großen Topf gelegt zu werden. 2/
Heißt: Dort, wo Menschen hohe Einkommen haben, kann der Staat guten Service bieten. Dort, wo sie weniger haben, weniger. Und wenn man sich nun überlegen möchte, ob das eine gute Idee ist, dann sieht man sich als demokratisch gesinnter Mensch am besten an, was das bewirkt. 3/
Vor dem geistigen Auge also: die Karte von Deutschland. Wo stehen die meisten Polizeibeamt/innen? Es ist bemerkenswert: Sie stehen nicht dort, wo sie am dringendsten gebraucht werden. Nämlich dort, wo die größte Armut, die größten sozialen Probleme herrschen, Berlin zB. 4/
Sie stehen dort, wo es den Menschen am besten geht, in Stuttgart oder München. Und: Wo in diesem großen, heterogenen, vor so vielen Problemen stehenden Land gibt es die meisten Lehrerinnen, Sozialarbeiter, Erzieherinnen? Auch das ist erstaunlich. 5/
Man findet sie nicht dort, wo sie am dringendsten benötigt werden, in den Hotspots. Sondern dort, wo es den Menschen ohnehin besser geht, wo die Steuereinnahmen sprudeln und die Bundesländergrenzen dafür sorgen, dass kaum etwas zur ärmeren Nachbarschaft hinüberschwappt. 6/
Der Länderfinanzausgleich ist der Versuch, die reichen Regionen dazu zu bewegen, zumindest ein bisschen mehr hinüberschwappen zu lassen. 7/
Dies ist kein System, bei dem die Reichen ihren Reichtum abgenommen bekämen. Reiche Menschen können sich privat schöne Autos leisten, schöne Häuser bauen, schöne Privatversicherungen leisten. 8/
Bei der Debatte um den Länderfinanzausgleich geht es allein darum, ob Menschen in den eher wohlhabenden Regionen des Landes – obendrein! - auch noch die besseren staatlichen Dienstleistungen bekommen sollten. 9/
Im Hinblick auf die Effizienz staatlichen Handelns ist das schlicht unklug. Die Bundesrepublik Deutschland könnte, wenn sie ihre Polizeibeamten an den richtigen Orten konzentrieren würde, viel größere Erfolge in der Bekämpfung der Kriminalität erzielen. 10/
Genauso in der Bildung: Man könnte schon viel weiter sein, wenn die an manchen Stellen durchaus üppig zur Verfügung stehenden Mittel sinnvollerweise an die Orte gelenkt würden, wo sie den größten Effekt erzielen. 11/
Unsachlich ist es, wenn Bürger/innen, die in reichen Regionen wie Bayern leben, schon bei der geringsten Umverteilung aufschreien: Das kann doch nicht gerecht sein, da gibt der Staat pro Kopf mehr Geld für Fischköpfe aus als für uns Bayern! 12/
Pardon: Der Staat ist nicht dafür da, Menschen zu beschenken. Sondern dafür, vor allem den Menschen unter die Arme zu greifen, denen es schlecht geht. 13/
Wenn es solche Notlagen in einer großen, weitgehend ländlichen Region wie Bayern seltener gibt als in Ballungszentren wie Hamburg oder Berlin: Gratulation! Glücklich sind die Landstriche, in denen dies seltener nötig ist. 14/
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Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft teilt mit, dass sie die Überwachung des Pressetelefons der #LetzteGeneration inzwischen beendet habe. Nach dem Auslaufen des letzten Durchsuchungsbeschlusses am 26. April habe man diese Leitung nicht mehr belauscht. #pressefreiheit 1/5
Knapp 6 Monate lang lief die Lauschaktion aber demnach - mit einer Verlängerung zwischendrin. Und obwohl die Polizei-Abhörer schon nach wenigen Wochen vermerkt hatten, dass diese Journalistengespräche uninteressant seien, meint die GenStA jetzt noch, das sei nötig gewesen. 2/5
Interessant an der Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft ist, dass sie betont, man habe zu jeder Zeit an die Pressefreiheit gedacht und sich erst nach Abwägung fürs Lauschen entschieden. Ähm: Yeah, sure. Im Durchsuchungsbeschluss steht dazu keine Silbe. 3/5
Ich habe als Journalist in den vergangenen Monaten - so wie viele andere - mit Vertreter*innen der #LetzteGeneration telefoniert. Jetzt ist klar: Seit Oktober sind deren Telefone von der Polizei abgehört worden. Sogar das offizielle Pressetelefon. #pressefreiheit (1/8)
Das ist der Festnetzanschluss mit Berliner Vorwahl, den die Letzte Generation als ihren offiziellen Pressekontakt angibt. Wann immer dort Journalisten anriefen, waren - nach SZ-Recherchen - unbemerkt auch Ermittler des bayerischen Landeskriminalamts mit in der Leitung. (2/8)
„Auf dem Anschluss gehen fast ausschließlich Anfragen von Medienvertretern, Studenten und Schülern ein, die um eine Presseauskunft oder ein Interview bitten“, resümierten die Kriminalpolizisten nach den ersten zwei Lausch-Monaten, am 9. Januar, in einem internen Vermerk. (3/8)
Über die Dummheit und Kriminalität von Menschen, die faustgroße Steine in die Hand nehmen und auf lebende Menschen werfen, die Polizeiuniform tragen, braucht man nicht viele Worte zu verlieren, so offensichtlich ist sie. #leipzig 1/9
Über die Reaktion, die die Polizei hierauf vor wenigen Tagen in Leipzig gezeigt hat, aber schon: den #Polizeikessel. Denn da ist die Bewertung komplizierter. 2/9
Beamte aus zwölf Bundesländern sind aufgelaufen; ein angemessen großer Einsatz, nachdem einige linke Aktivisten großmäulig gedroht hatten, an diesem "Tag X" Gegenstände im Wert von mehreren Millionen Euro kaputtschlagen zu wollen. 3/9
Seit Jahresbeginn haben sich 3 Strafgefangene in Berliner JVAs das Leben genommen. Das ist furchtbar traurig. Skandalös hingegen ist: 2 von ihnen saßen nur, weil sie eine Geldstrafe nicht zahlen konnten. 1/
Der eine hatte 360 Tagessätze Geldstrafe abzusitzen in der JVA Plötzensee. An seinem 5. Hafttag tötete er sich. Der andere war schon seit 10 Wochen in Haft, jetzt hatte er noch 20 weitere Wochen vor sich. Es ging u.a. um Leistungserschleichung. 2/
Das bedeutet: Die von der Ampel geplante Minimalreform, die Dauer so einer sog. #Ersatzfreiheitsstrafe nur zu halbieren, hätte beide Fälle nicht verhindert. Suizide finden fast immer am Anfang der Haft statt, der „Haftschock“ ist da besonders groß. 3/
Das ist Hayri T., 42 Jahre alt, Vater von zwei Kindern. Er sitzt in Berlin im Gefängnis, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlen kann. Wie das? 🧵
Sein Vergehen: Er ist auf seinem Fahrrad mit einem Krankenwagen zusammengestoßen, in der Nacht, betrunken. Der Krankenwagen hatte dann eine Beule, drei Tage Werkstatt. Betriebswirtschaftlicher Schaden: 2000 Euro.
Trunkenheit im Verkehr, sagte das Gericht, deshalb hat Hayri T. 100 Tagessätze Geldstrafe zu bezahlen, das sind noch mal 1500 Euro.
Noch mal ein genauer Blick auf den überraschend verschärften 130 Abs.5 StGB (#Volksverhetzung): Es geht jetzt um Leugnung ALLER Kriegsverbrechen und Genozide weltweit und zwar in ALLEN Jahrhunderten. Gesetzesbegründung aus dem @bmj_bund besagt: keine historische Beschränkung. 1/3
Das erfasst Maos „großen Sprung nach vorne“ mit Millionen Toten theoretisch genauso wie Hungerkampagnen Stalins, Kolonialverbrechen in Afrika oder Indien… Wenn über historische Bewertung diskutiert wird, kann sich künftig in all diesen Fällen die deutsche Justiz einschalten. 2/3
Bemerkenswert. Geschichtspolitik ex cathedra. Ich frage mich, ob man sich das gut überlegt hat. Und ob das juristische Korrektiv, wonach eine Leugnung nur bei „Eignung“ zur „Gefährdung des öffentlichen Friedens“ in Deutschland strafbar sein soll, wirklich ausreicht. 3/3