Erschreckend: Das Innenministerium verbreitet in Emails an Bundestagsabgeordnete #Falschinformationen und Quatsch-Jura. Die Befürchtungen von Seenotrettungsorganisationen sind berechtigt. Es droht eine Kriminalisierung der #Seenotrettung. Ein #Faktencheck-Thread.
Hintergrund: in einem Gesetzentwurf hat das BMI einen Satz versteckt. Dieser führt dazu, dass uneigennützige Helfer*innen künftig wegen Einschleusens in die EU bestraft werden können. Das kann auch Seenotretter*innen treffen, wie @RonenSteinke berichtet: sueddeutsche.de/politik/ampel-…
Das BMI bestreitet das jetzt. Die Email, die nach meinen Informationen an mehrere Bundestagsabgeordnete verschickt wurde, enthält Aussagen, die teils eindeutig falsch sind, teils zumindest irreführend. Im Einzelnen:
Das BMI behauptet, dass die Gesetzesänderung nicht Rettungen erschweren "soll". Sie tut es aber! Seenotretter*innen erfüllen künftig den objektiven Tatbestand des Einschleusens. Das bestreitet das BMI auch nicht. Ausführlich auf @Verfassungsblog: verfassungsblog.de/its-called-sav…
Diese Aussagen sind irreführend. Der neue Straftatbestand hat 3 Merkmale:
- Hilfeleisten
- zur unerlaubten Einreise in die EU
- zugunsten mehrerer.
Ende.
Ein skrupelloses, menschenverachtendes oder gefährliches Verhalten ist keine (!) Voraussetzung für die Strafbarkeit.
Das ist Quatsch-Jura. Vorsätzlich handelt, wer weiß, dass er*sie den Tatbestand erfüllt. Seenotretter*innen wissen, was sie tun. Dass es ihnen nicht auf die Hilfe zur unerlaubten Einreise ankommt (Absicht) ist rechtlich egal. Lernt man im 1. Semester Jura.
Dieser Satz ist richtig. Nur: Was, wenn die Staatsanwaltschaft das anders sieht? Der rechtfertigende Notstand (§ 34 StGB) setzt eine Interessenabwägung voraus. Es reicht, wenn eine Staatsanwaltschaft einen Anfangsverdacht bejaht. Durchsuchungen, Beschlagnahmen usw können folgen.
Der letzte Satz ist wieder klar falsch. Die Strafbarkeit von Schleusungen mit Waffe (§ 96 Abs. 2 Nr. 3) und "Durchbruchsfällen" (neuer § 96 Abs. 2 Nr. 6) sind völlig unabhängig von der einfachen uneigennützigen Schleusung (§ 96 Abs. 1 Nr. 1 b)). Das BMI wirft alles in einen Topf.
Das Vorgehen des BMI ist schockierend. Erst versucht es, den Ampel-Fraktionen in einer komplizierten Formulierungshilfe eine politisch umstrittene Verschärfung unterzujubeln (ohne Begründung, ohne Synopse!). Jetzt führt es die Abgeordneten mit Falschinformationen hinters Licht.
Dieses Verhalten gegenüber dem Parlament ist nicht nur politisch skandalös, sondern verstößt auch gegen den Grundsatz der Verfassungsorgantreue. Es sollte in meinen Augen auch personelle Konsequenzen haben.
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Das Bundesverfassungsgericht hat das Polizeigesetz in MV in großen Teilen für verfassungswidrig erklärt. Es war die erste Verfassungsbeschwerde, die ich für @freiheitsrechte koordiniert habe. Hier meine Twitter-Analyse der Entscheidung. 🧵 bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Ent…
Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen die Ausweitung von Überwachungsbefugnissen, wie man sie auch in anderen Bundesländern und auf Bundesebene beobachten kann. Die Beschwerdeschrift findet ihr hier (ganz unten unter Dokumente): freiheitsrechte.org/themen/freihei…
Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Weite Teile des Polizeigesetzes sind verfassungswidrig. Sie bleiben jedoch teilweise mit Maßgaben aus Karlsruhe in Kraft. Gesetzgeber muss tätig werden. Diesmal bitte ohne Grundrechtsverletzungen, sonst müssen wir wieder nach Karlsruhe.
Weil einige jetzt das kürzlich ergangene Urteil des #EGMR zu #Melilla anführen, um die Zurückweisung von #RefugeesGr zu rechtfertigen: Der EGMR hat keinen Blankoscheck für #Pushbacks ausgestellt. Das Vorgehen von #Griechenland ist evident rechtswidrig. 1/5
2/5 Der EGMR hat sich nur mit dem Verbot der #Kollektivausweisung beschäftigt. Aus dem Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung und der Garantie effektiven Rechtsschutzes ergibt sich weiterhin ein Anspruch auf Zugang zum #Asylverfahren.
3/5 Auch das Verbot der Kollektivausweisung greift – selbst nach der problematischen Auslegung des EGMR! Denn der EGMR hat die Ausnahme im Fall #ndandntvsspain (irrtümlich) darauf gestützt, dass legale Zugänge bestehen. Die gibt es in #Griechenland (momentan) nicht.