Thread by @anked

Heute ist ein schwarzer Tag, denn wir werden in der Fraktionssitzung am Nachmittag das Ende der Linksfraktion beschließen. Als Optimistin glaube ich, dass es im nächsten Bundestag wieder eine Linksfraktion geben wird, selbstverständlich ist das aber nicht. Wie geht es weiter? 🧵

Heute beschließen wir, wann genau die Liquidation der Linksfraktion beginnt, das wird sich eher in etlichen Tagen als (etlichen) Wochen messen. Parallel werden wir die Gründung einer Gruppe der @dieLinke vorbereiten u bald die Anerkennung beantragen. Das ist ein Präzedenzfall./2

Noch nie wurde eine Fraktion während einer Legislatur in eine Gruppe umgewandelt, wir betreten also Neuland u es gibt auch gewisse Grauzonen. Vieles ist Verhandlungssache, denn die Mehrheit im Bundestag (= Ampel) beschließt über unsere Rechte als Gruppe, das kann auch dauern./3

Wir (linke MdB) hoffen, dass die Anerkennung als Gruppe schnell geht, denn bis dahin sind wir alle nur „fraktionslose Einzel-Abgeordnete“ u als solche hat man die geringstmögl. Rechte u natürlich auch keine extra Ressourcen, die es auch für Gruppen gibt zB für Fachpersonal. /4

Mit dem Ende der Linksfraktion müssen nämlich ü 100 Mitarbeiter:innen entlassen werden, das ist das Schlimmste, da hängen ja Schicksale u Familien dran. Außerdem geht natürlich unschätzbare Expertise u Erfahrung verloren. Wir wollen so viele wie möglich als Gruppe übernehmen./5

„So viele wie möglich“ heißt aber „viel weniger als bisher“, denn wir werden viel weniger Budget als Gruppe haben. Deshalb gibt es einen Sozialplan, der schlimmste Härten abmildern soll. Für Wiedereinstellung braucht es aber auch eine schnelle Gruppenanerkennung./6

Die Übergangszeit als Einzel-MdB kann Wochen oder Monate (hoffentlich nicht!) dauern, ich bin dann (nur) in 1 Ausschuss (bei mir Digitalausschuss), habe weniger Rederecht u kein Stimmrecht mehr. Ich fliege aus der Obleute-Runde u kann die Tagesordnung nicht mehr mitbestimmen./7

Außerdem kann ich als Einzel-MdB keine Sachverständigen bei Anhörungen benennen (das ist ein Verlust an Einfluss für die Zivilgesellschaft, denn aus deren Kreis kamen fast immer unsere SV). Kleine Anfragen kann ich auch nicht mehr stellen, nur noch 4 Schriftliche Fragen im Mon./8

Mit Schriftlichen Fragen (SF) kann man viel weniger erfragen, denn man darf keine SF stellen, die mehr als 28 mögl Antworten enthält, also nie wieder fragen: Welche der ü 180 Rechenzentren des Bundes nutzen 100% Erneuerbare? o „was ist der Status der 35 OZG Boosterleistungen?“/9

Auch deshalb haben viele meiner MdB Kolleg:innen der Linksfraktion, unterstützt von den Mitarbeiter:innen, die trotz Erwartung ihrer Kündigungen ihr Bestes gaben, noch viele Kl. Anfragen auf den Weg gebracht - ich zB zu Nachhaltigkeit der Bundes-IT, OpenSource + Digit. Gewalt /10

Als Einzel-MdB ist man auch nicht mehr in diversen Gremien vertreten, bei mir selbst heißt das, dass ich mit Liquidation der Fraktion aus d Beirat der @BNetzA u aus der IuK Kommission des Bundestages fliege. In Letzterer diskutieren wir zZ elektr. namentliche Abstimmungen. /11

In all diesen Gremien wird es ein Verlust sein, wenn die Stimme der Linken Opposition fehlt. Im Beirat der BNetzA habe ich für regionales Roaming, für gemeinwohlorientierten Glasfaserausbau v.a. im ländlichen Raum gekämpft, für das Recht auf schnelles Internet u.v.m./12

Das werden jetzt bittere Zeiten, aber wir stecken den Kopf nicht in den Sand u wir sind auch nicht raus aus dem Bundestag. Wir sind immer noch dort u immer noch als linke Opposition u werden alles tun, was geht. Wir werden uns schnell als Gruppe konstituieren u organisieren./13

Denn uns ist sehr bewußt, dass ü 2 Mio Wähler:innen bei der letzten Bundestagswahl die Linke gewählt haben und das von uns auch erwarten. Manches wird künftig vielleicht sogar leichter gehen, wenn das Störfeuer von innen endlich wegfällt u wir einen and. Arbeitsmodus finden./14

@threadreaderapp please unroll