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CEO @meyerburger physicist, engineer, PhD, turning sunlight into electricity

Jun 9, 2022, 14 tweets

Ist Solarenergie wirklich #unschlagbar günstig und wenn ja, warum genau kostet eine Kilowattstunde Solarenergie so wenig? Hier ein Crashkurs-Thread als Anleitung zur Berechnung der Stromgestehungskosten (Levelized Cost of Electricity, LCOE) mit Excel.

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Zur Berechnung der LCOE wird die Kapitalwertmethode (de.wikipedia.org/wiki/Kapitalwe…) angewendet. Sieht komplizierter aus, als sie ist: Die Summe aller Kosten, d.h. Investitionen sowie (variable und fixe) Betriebskosten werden unter Berücksichtigung der Kapitalkosten i (bzw.

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Kapitalwertentwicklung) über die Betriebszeit n betrachtet und durch die in der Betriebszeit n erzeugte Energie geteilt. Ergibt Kosten/kWh = LCOE.

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Excel Tabelle für Solar sieht so aus, Formel für Feld B10 zum Nachbauen: =(B2*(1+B6)+B7*B2*(((1+B6)^B9)-1)/(B6*((1+B6)^(B9-1))))/(B5*(1-(((1-B8)/(1+B6))^B9))/((B6+B8)/(1+B6)))

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Fangen wir mal mit einem kleinen System für ein Einfamilienhaus an, sagen wir 10kWp. Das entspricht etwa 20-25 Solarmodulen. Preis des Gesamtsystems all-in heutzutage (nach Preissteigerung) ca. 2200€/kWp. Ertrag in Deutschland ca. 1000 kWh/kWp/Jahr.

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Solarmodule zeigen eine kleine Anfangsdegradation der Nominalleistung von maximal 2% im ersten Jahr und maximal 0,2% pro Jahr bis zum Ende. Betriebskosten liegen bei maximal 0,5% pro Jahr (Reinigung, "Rücklage" Reparaturen, etc.). Was kommt raus? 13ct/kWh.

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Solarmodule halten locker länger als die (mindestens von #meyerburger) garantierten 30 Jahre, rechnen wir mal mit 40 Jahren. Dann sind es noch 11ct/kWh. Unsere 10kWp Anlage erzeugt 360MWh in 40 Jahren. Ein Elektroauto fährt damit 60.000km/Jahr mit 1,65€/100km. #unschlagbar

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Die gleiche Mini-Anlage in Spanien mit 1500 kWh/kWp/Jahr Energieertrag durch mehr spanische Sonne im Süden ergibt 8ct/kWh.

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Ein Kraftwerks-Solaranlage mit mehreren 100MW kostet heute etwa 1000€/kWp. Machen wir die gleiche Rechnung über 30 bzw. 40 Jahre Betrieb in Spanien (1500kWh/kWp/Jahr), landen wir bei 4ct/kWh bzw. 3ct/kWh, in Deutschland (1000kWh/kWp/Jahr) bei 6ct/kWh bzw. 5ct/kWh.

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Mit unserem Rechner können wir auch andere Erzeugungskosten überschlagen. Rechnen wir mal #Kernkraft (Daten: diw.de/documents/publ…). Investitionskosten liegen zwischen 4000-9000€/kW, also im Mittel bei 6500€/kW. Die Energieerträge liegen bei etwa 7000kWh/kW/Jahr.

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Machen wir also die Berechnung der #Kernkraft LCOE nur nach Investitionskosten bei gleichen Kapitalkosten wie PV, Laufzeit 40 Jahre. Degradation gibt es nicht. Unser #AKW läuft ohne Brennstoff(kosten) noch nicht, aber alleine die hohen Investitionen ergeben schon 4ct/kWh.

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Unser #AKW ist schon einmal auf reiner Investitionskostenbasis in der LCOE teurer, als ein spanischer Solarpark. Addieren wir nun noch die Betriebskosten dazu (mit Brennstoff ca. 1ct/kWh, 2,15ct/kWh variable Betriebskosten sowie ca. 90€/kW fixe Betriebskosten), so

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kommen 9ct/kWh raus, teurer als eine PV-Kleinstanlage in Spanien. Aber wir sind immer noch nicht am Ende: Jahrzehnte lange Suche nach Endlagerstandorten, Polizeieinsätze bei Castor-Transporten, steigende Preise für (limitierte) Brennstoffe, etc. Ergibt >16ct/kWh all-in.

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Korrigendum: In den Screenshots der Excel-Tabellen steht versehentlich bei der resultierenden LCOE "$" anstatt "€". Sonst stimmt alles...

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