1/ ich werde nie verstehen, warum viele #deutsche ein romantisches #russland-bild pflegen: der staat ist nicht nur kolonial, gewalttätig und autoritär regiert, sondern in weiten teilen ein armenhaus mit rückständigsten lebensbedingungen. ein thread mit einigen fakten.
2/ wer russland als tourist bereist, fährt meist ins “europäische” russland und sieht dort die grossen kulissen: #moskau und st. #petersburg. dort konzentrieren sich dort die ressourcen, denn wer in russland geschäftlich erfolgreich sein will, muss nahe an der macht sein.
3/ ich vermute, die touristen sehen die wolkenkratzer und restaurierten historischen gebäude und denken sich: ein staat, der so bauen und repräsentieren kann, muss unermesslich reich sein. sie sehen aber lediglich potemkin’sche dörfer.
4/ denn das russland der (weitgehend korrupten) eliten, die diese satrapenbauten errichten, hat wenig mit der lebensrealität der bevölkerung zu tun, aucn und gerade im “europäischen” russland. und die sieht so aus:
5/ mit ausnahme von moskau, st. petersburg und einigen rohstoffreichen regionen beträgt das durchschnittseinkommen nicht einmal 900 dollar pro monat. en.wikipedia.org/wiki/list_of_r…
6/ in der #sowjetunion durfte “armut” aus ideologischen gründen im “sozialistischen realstaat” nicht existieren. es gibt daher bis 1991 keine offizielle armutsstatistik, lt schätzungen lebten 35% verarmt (bild: schwarzmarkt in leningrad, ca 1985)
7/ nach der heutigen, inner-russischen definition liegt armut dann vor, wenn eine person weniger als 15’000 rubel / monat einkommen hat. offizieller kurs: 1 us$ ~ 60 rubel, schwarzmarkt derzeit: ~100 rubel.
8/ nach dem chaos der 1990er jahre trug der wirtschaftsaufschwung der nuller jahre zur einer starken reduktion der armut bei. aber auch in diesen jahren lebten 20 von ca. 150 millionen einwohnern unterhalb der armutsgrenze.
statista.com/statistics/103…
9/ diese strukturelle armut von ca. 20 millionen menschen ist seither stabil – rosstat-daten, also wohl eher die untere grenze der realen zahl - , wird sich aber infolge des krieges wieder vergrössern.
themoscowtimes.com/2019/07/30/21m…
10/ aber auch wer nicht unter diese grenze fällt, kann sich nach abzug von miete und lebensmitteln kaum noch etwas leisten. ein lada oder eine ferienreise in die türkei sind für den grossteil der bevölkerung unerschwingliche luxusgüter.
11/ ein universitätsprofessor (full professor) im russland westlich der wolga verdient etwa 600 us$ pro monat. kein druckfehler. sechshundert. pro monat. siehe v.v. moiseev, actual problems of social policy in russia, icpem 2019, 425-432. (bild: strasse in der grossstadt #tver)
12/ es ist kein zufall, dass russische soldaten in der ukraine toilettensitze stehlen. russland hat das schlechteste sanitärsystem der welt. 20% der bevölkerung haben keinen zugang zu wasser-wcs.
themoscowtimes.com/2019/04/02/ind…
13/ gleiches gilt für den zugang zu warmem wasser und zentralheizungen. es zeigt sich der flucht aller rohstoffreichen entwicklungsländer: gewinne fliessen in die taschen korrupter funktionäre, die sich zwar paläste, der bevölkerung aber keine modernen wohnhäuser bauen.
14/ … und zwar nicht nur auf dem land, sondern auch in den mietskasernen der grossen städte. ironischerweise hat sogar russia today, nicht gerade für kritische berichterstattung bekannt, darüber berichtet. rt.com/news/russia-ci…
15/ ich empfehle allen deutschen russland- und putin-verstehern, mit der transsib weit ins inland zu fahren, mitten auf der strecke auszusteigen, ins nächste dorf zu wandern (vorsicht, das könnte tage dauern) und dort drei monate zu leben. danach sind sie geheilt. / ende
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