1) Da Herr Augstein das anscheinend nicht weiß, hätte er das nicht vor einigen Wochen fragen können/sollen? Gut, geschenkt, versuchen wir uns an einer Antwort: Diese Warnungen basier(t)en auf epidemiologischen Modellen, die versuchen,..
2), den Verlauf einer Epidemie vorherzusagen, basierend auf dem, was wir zum gegebenen Zeitpunkt über die jeweilige Krankheit wissen. Seit einigen Monaten wissen wir, dass mehrere Eigenschaften von SARS-CoV-2 eine Epidemie bzw. Pandemie wahrscheinlich und gefährlich machen:
3) Keine vorhandene Immunität, Virus wird von Mensch zu Mensch übertragen, Übertragung erfolgt relativ leicht, viele asymptomatische oder milde Verläufe, weshalb viele Infizierte das Virus unbemerkt weiterverbreiten, (unvollständige Liste). Diese Eigenschaften bildet man dann...
4) in besagten Modellen mathematisch und vereinfacht nach (z.Bsp. in der bekannten Basisreproduktionszahl R) und fügt noch den Faktor Letalität hinzu, der bestimmt, wie viel % der Infizierten überleben und danach immun sind. Wo bekommt man die Werte für diese Parameter her?...
5) Eben von dort, wo man bereits Erfahrungen mit der neuen Krankheit gemacht hat, in diesem Fall aus Wuhan, mittlerweile auch aus vielen anderen Ländern. Mit dem fertigen Modell kann man dann den Verlauf der Epidemie in einer Bevölkerung simulieren.
6) Im Fall des Coronavirus ist der Verlauf eben nicht wortgetreu "apokalyptisch", da der Fortbestand der Menschheit nicht bedroht ist, sondern es irgendwann so viele Immunisierte und nur noch so wenig aktive Träger geben wird, dass es kaum noch Neuinfektionen geben wird. Das ist
7) "Herdenimmunität". Geschätzt müssten dafür min. 60% der Bevölkerung immunisiert sein. Damit kommen wir zu den Millionen Toten: Die Sterberate der Infizierten (Infection Fatality Rate) wurde für die Vorhersagen auf etwa 0,7% gesetzt - was deutlich niedriger als bspw. Ebola ist.
8) Aber: Rechenbeispiel USA: 320 Mio. Einwohner x 0,6 = 192 Mio. Infizierte bis zur Herdenimmunität. Davon sterben 192 Mio. x 0.007 = 1,3 Millionen. Global ergäbe dieselbe Rechnung 33 Mio. Tote. Das Problem mit dem Coronavirus ist also seine Fähigkeit zur weiten Verbreitung,...
9), die seine relativ geringe Letalität mehr als wettmacht, da sogar nur geringe Letalität bei Millionen oder Milliarden an Infizierten eben trotzdem zu vielen Toten führt. Eine Seuche, die schneller und häufiger tötet, würde dagegen schneller in sich zusammenbrechen.
10) Wichtig: Die Simulationsergebnisse der Millionen Toten basierten auf "do nothing"-Szenarien, in denen es keine Interventionen zur Verlangsamung der Verbreitung gibt. Nun hat die Politik durch viele Maßnahmen, u.a. Lockdowns, interveniert. Das macht die Modelle nicht falsch.
11) Brücke zu den Antikörperstudien: Mit einiger Vorsicht verraten sie uns mehr über die Infection Fatality Rate, da sie uns die Zahl aller bereits Infizierten besser schätzen lassen. Bisher gibt es noch keinen Anlass, die IFR von 0,7% wesentlich in Frage zu stellen.
12) Musste man den Warnungen der Modelle glauben? Nicht unbedingt, aber anscheinend waren sie für die politisch Verantwortlichen überzeugend genug. Ich bin nebenbei kein Experte in dieser Thematik, Korrekturen/Ergänzungen werden gern entgegengenommen.
Ein hoffentlich erhellender Thread für den zitierten SPIEGEL-Kolumnisten. @BachmannRudi @jsuedekum @NikolausBlome @Doener @Fischblog
