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Über diese Pressemitteilung der Polizei Hamburg wurde sich aus meiner Sicht noch lange nicht genug aufgeregt. Der Eindruck, der hier erweckt werden soll, ist rechtlich schlicht falsch, und das finde ich bei einer Pressemitteilung der Polizei schon bemerkenswert. 1/
Im Text heißt es unter anderem: "Klar ist, dass die Polizei ihrem gesetzlichen Auftrag Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen nachkommen muss." Liebe Leute, das ist nicht nur nicht "klar", es ist schlicht falsch. 2/
Jeder polizeiliche Eingriff muss eine Rechtsgrundlage haben und verhältnismäßig sein. Dies muss erkennbar geprüft werden und es gehört zur Aufgabe der Polizei, auch einmal gerade nicht einzugreifen - z. B. dann, wenn der Eingriff zwar unverhältnismäßig wäre. 3/
Bei Ordnungswidrigkeiten - wie im konkreten Fall - kann die Polizei von einem Einschreiten darüber hinaus auch aus sogenannten Opportunitätsgründen absehen. Die Behauptung, die Polizei hätte hier einschreiten müssen, ist daher in doppelter Hinsicht rechtlich falsch. 4/
Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit kann man sicherlich zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, wie man ja an der Diskussion im Netz sehr schön sehen kann. Aber bedenken Sie doch bitte auch folgendes: 5/
Der Stadtteilbeamte, der zunächst anwesend war, hat den renitenten Jugendlichen angesprochen. Diese Ansprache war ersichtlich erfolglos. Aufgrund des Verhaltens des Jugendlichen könnte man hier auf die Idee kommen, dass der Polizist mit dieser Aufgabe schlicht überfordert war. 6/
Da hätte es doch eigentlich nahe gelegen, jemanden zu Hilfe zu rufen, der sich mit psychisch labilen Jugendlichen auskennt: den sozialpsychiatrischen Dienst, irgendwie so etwas. Was aber macht der Beamte? Er ruft drei Beamte zur Hilfe, die das alle noch weniger können als er. 7/
Einer der neu hinzu gerufenen Beamten schreit den mittlerweile völlig verstörten Jugendlichen laut an und ruft nochmal vier weitere Beamte zu Hilfe. So verhält sich jemand, der eine - eigentlich harmlose - Situation eskalieren, aber sicherlich niemand, der sie lösen will. 8/
Schließlich stürzen sich vier Beamte auf den Jugendlichen. Kommentar der Polizei dazu: Schließlich sei der Jugendliche "groß und stark" gewesen. Und das meinen die augenscheinlich ernst. Protipp: Man hätte auch einfach weggehen und die Situation sich beruhigen lassen können. 9/
Wenn ich meiner etwa gleichaltrigen Tochter - für ihr Alter ausgesprochen groß und stark - aus ähnlichem Anlass eine scheuern würde, hätte ich mit ziemlicher Sicherheit ein Strafverfahren am Hals, und zwar zu Recht. Ich meine ja nur. 10/10
Eines noch: Es ist ein grundsätzliches Fehlverständnis polizeilicher Aufgaben zu glauben, die Polizei müsste immer irgendetwas "durchsetzen" und zwingend als Sieger vom Platz gehen. Die Aufgabe der Polizei ist in erster Linie, sich an Recht und Gesetz zu halten.
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