Nietzsche beschreibt in Nr. 68 von „Jenseits von Gut und Böse“ die Amnesie aus Stolz. „Endlich – gibt das Gedächtnis nach.“ Bei der Tübinger Philosophieprofessorin @sabinedoering dauerte es jetzt nur fünf Tage. 1/12
Frau Döring beklagt, dass hier bei Twitter „der freie Gedankenaustausch unterdrückt wird“. Als Beispiel führt sie an, was sie am vergangenen Wochenende erlebt hat. 2/12
Sie habe „jenseits von Kant“ über Tierrechte diskutieren wollen () und habe dann Mobbing erfahren in Gestalt eines Bombardements mit Kant-Zitaten, „oberlehrerhaften“ Kant-Interpretationen usw. 3/12
Aber das ist falsch. Denn die Diskussion nahm bei Kant ihren Ausgang und wurde von Frau Döring eröffnet als Seitenfaden einer Meta-Debatte über die Nützlichkeit der Debatte über Kants vermeintlichen Rassismus. 4/12
Pannen passieren. Manchmal redet man aneinander vorbei. Frau Döring behauptet etwas anderes. Ihren Kontrahenten gehe es nicht um die Sache, sondern darum, „Personen vorzuführen, runterzuputzen, fertigzumachen, ihre Reputation zu beschädigen“. 5/12
Sie behauptet: „Man könnte sogar sagen, es wird regelrecht nach Opfern gesucht.“ Die Professorin befürchtet, „dass die Opfer beschädigt zurückbleiben“, „nicht nur gestandene Leute, sondern auch Nachwuchswissenschaftler“. 6/12
Ihrerseits unterstellt sie insbesondere einem für hartnäckiges Nachfragen bekannten Gesprächspartner, eine „Gewinner/Verlierer-Logik“ anzuwenden und darauf erpicht zu sein, „ad hominem den Todesstoß zu vollziehen“. 7/12
Aber den Eindruck, das Vorgehen dieses Gegenspielers sei „mit erkenntnisgeleiteter Debatte nicht vereinbar“, kann sie nur erzeugen, indem sie verdrängt, dass sie ein Gespräch über Kant begonnen hatte. Der Stolz hat gesiegt. 8/12
Vor ein paar Tagen gab Frau Döring ein Radiointerview zum Phänomen der sogenannten Cancel Culture. deutschlandfunk.de/cancel-culture… Jetzt bittet sie ihre Follower um Ideen dafür, wie man den von ihr beklagten „‘Debattenstil‘ beenden“ könnte. 9/12
Im Radio kritisierte sie eine neue „moralische Kultur“, eine „Moral des Opfertums, die „sehr puristisch“ sei. Es sei „Puritanismus“, wenn man Personen im öffentlichen Raum „auch vor emotionaler Verletzung“ schützen wolle. 10/12
Es ist schon drollig, dass Frau Döring heute durch Missbilligung des offenen und pointierten Streits in den sozialen Medien „Räume schaffen“ möchte, „in denen die Atmosphäre für alle positiv und unterstützend ist“. 11/12
Zum Kontext: 12/12
