Weil mich der @moser_at getriggert hat, dass der Entwurf für das Kommunikationsplattform-Gesetz schon online ist (hier: ec.europa.eu/growth/tools-d…) ad hoc ein paar erste kurze Anmerkungen dazu, ich kann aber jetzt schon aus Zeitgründen nicht sehr ins Detail gehen
1. auf der Meta-Ebene: das KoPl-G ist ein Signal/Symbol, testet einmal die Leidensfähigkeit der Kommission - die hat das dt. NetzDG durchgelassen und die französische loi avia - jetzt schaut AT einmal, ob die Komm. auch kleineren Staaten gegenüber so großzügig ist
2. damit zusammenhängend: der Entwurf soll auch Druck auf Komm. machen, den Digital Services Act (oder ähnliches in diese Richtung) rasch auf Schiene zu bringen, denn je mehr Mitgliedstaaten Regelungsbedarf sehen, desto dringlicher wird eine Harmonisierung auf Unionsebene
3. auch noch meta: das KoPl-G ist nicht alles, es wird auch zivil- und strafrechtliche Maßnahmen geben (müssen nicht notifiziert werden, werden wir daher wohl erst morgen lesen), eine gemeinsame Einordnung wäre sinnvoll
4. keine Klarnamenpflicht oder ähnliche unsinnige Registrierungspflichten für "Poster", ein großer Fortschritt gegenüber dem letztmaligen Anlauf - jetzt klar reduziert auf Maßnahmen, die ein rasches Löschen/Entfernen erreichen sollen, dem angepasst auch der Anwendungsbereich
5. die Pflichten für die (nur großen) Plattformen sind herausfordernd, aber wohl angemessen: Meldesystem, Pflicht zur Überprüfung (gegen Overblocking) und dann Berichtspflicht und bei systemischem Versagen auch Geldbußen
6. bemerkenswert der beherzte Versuch, die Plattformen wirklich zu erwischen (und nicht im irischen oder kalifornischen Nirwana Zustellversuche unternehmen zu müssen): a) verantwortlicher Beauftragter muss benannt und bei (elektron.) Zustelldienst angemeldet sein
b) wenn das nicht erfolgt, wird via Website der Aufsichtsbehörde zugestellt und in der Folge kann es zur Einbringung der dann zu verhängenden Geldbußen auch zu einer Art Drittverbot (wie bei der "Lohnpfändung") kommen:
KommAustria kann zB Werbekunden einer Plattform, die sonst nicht greifbar ist, untersagen, die geschuldeten Zahlungen für Werbung an die Plattform zu bezahlen - damit soll ökonomischer Druck aufgebaut werden, doch im System mitzuspielen und greifbare Verantwortliche zu bestellen
7. interessant auch, wie die Konformität mit der E-Commerce-RL und der dazu ergangenen Rsp des EuGH hergestellt werden soll in § 9 Abs 3: Plattform darf nicht im Ergebnis zu einer Vorabkontrolle von Inhalten gezwungen werden
8. erstes Fazit: schwierige Gratwanderung, aber meines Erachtens nicht schlecht gemacht, teilweise auch durchaus innovativ (und damit natürlich auch angreifbar, weil in dieser Form sonst noch nicht bekannt); wird sicher ein spannendes Begutachtungsverfahren /Ende
(PS: hab nur den Gesetzestext gelesen, noch nicht Erläuterungen, und muss mich jetzt auch ein bis zwei Stunden ausklinken aus allfälliger Diskussion)
PPS - kleine Korrektur: wurde von @cSchmon aufmerksam gemacht, dass die Kommission doch Einwendungen gegen die französische loi avia hatte, ändert aber nichts daran, dass das NetzDG von ihr akzeptiert wurde und AT austestet, ob das tw ans NetzDG angelehnte KoPl-G auch "durchgeht"
