Voll verschärft!
Ein How-to für Klimakommunikation aus der Hothouse-Hölle! 📣🔥
Thread 🔽
1. Frame Klimaziele negativ und ihre Erhöhungen als Verschärfung
Verschärfung ist ein tolles Wort, und kann deine Leser:innen an eine Vielzahl von unangenehmen Erfahrungen denken lassen: Bestrafung, einschränkende Regeln (vlt. sogar aus der eigenen Kindheit), Strenge, Streit…
2. Stelle Kosten und Belastungen durch Klimaschutz ins Zentrum
Führe genau an, wieviel Geld Klimaschutz-Maßnahmen kosten, aber unbedingt ohne die positiven wirtschaftlichen (oder anderen) Effekte anzuführen. Auch Formulierungen wie "Einschnitt" od. "Belastung" kommen gut an!
3. Schweige zu positiven Seiten des Klimaschutzes
Sichere, gesündere und lebenswertere Städte durch weniger Autos? Saubere Luft? Mehr soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Vorteile?
Don't touch this! Besonders in Kombination mit Punkt 1. – und halte dich an Punkt 2.
4. Sei vage bei Klimaschutz-Vorteilen, konkret bei (vermeintlichen) Nachteilen
Wenn sich trotz Beherzigen von Punkt 2. Punkt 3. nicht vermeiden lässt: stelle Kosten und Belastungen möglichst konkret und zeitnah dar, schiebe mögliche positive Effekte durch KS weit in die Zukunft.
5. Stell mehr Klimaschutz als radikal dar, weniger als pragmatisch
Mögliche dramatische Folgen der Klimakrise unbedingt ausblenden! Das macht es einfacher, Menschen, die Maßnahmen im Einklang mit wiss. Erkenntnissen fordern, als radikal oder noch besser Extremisten darzustellen.
Lass Menschen reden, die wenig Ahnung von Klimawandel oder -politik haben, aber tendenziell bremsen wollen. Am besten funktioniert es i. d. R. mit weißen älteren Männern. Nenne sie "Pragmatiker" oder "Realisten" oder lass sie sich selbst so bezeichnen. Leugner funktionieren auch!
6. Betone, dass die Bevölkerung nicht mehr Klimaschutz will
Ignoriere dafür die zahlreichen Umfragen, die das Gegenteil zeigen. Hebe Zweifel über die Dringlichkeit der Klimakrise stattdessen stark hervor und stelle KS am besten in Gegensatz zu "Wirtschaft" oder "Wohlstand".
7. Stelle die klimaschädliche westliche Lebensweise als alternativlose Normalität dar
Blende aus, dass unsere Lebensweise global gesehen alles andere als normal ist. Rede immer wieder darüber, dass Menschen keine Veränderungen daran wollen, ignoriere anderslautende Erkenntnisse.
To be continued…
Ich merke gerade, dass ich im ersten Tweet besser "Klimajournalismus" (oder -berichterstattung) statt "Klimakommunikation" schreiben hätte sollen. Der Thread war gar nicht nur auf Journalismus konzentriert geplant, hat sich dann aber so entwickelt. But you get it.
8. Stelle Klimaschutz als Partikularinteresse dar
Rede so über Klimaschutz, als ob er nicht im Interesse aller wäre. Verknüpfe ihn stattdessen mit "Aktivisten" oder einzelnen ("radikalen") Parteien. Behandle das Bremsen von KS als legitime pol. Position.
Berichte keinesfalls von deren Forderungen und Positionen. Stattdessen konzentriere dich auf den Ablauf der Aktionen, Gewalt (gegen Aktivist:innen oder noch besser DURCH sie, egal ob es diese gab) und einzelne Vertreter:innen.
10. Sprich von Wandel und Erwärmung
Verwende möglichst positive Worte für die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. "Klimawandel" klingt gut, weil Wandel immer etwas Positives hat. "Erderwärmung" erzeugt ein richtig positives körperliches Gefühl. Vermeide Krise, Katastrophe u.ä.
11. Verschleiere die wahren Schuldigen
Projiziere die Verantwortung für die Klimakrise auf das Individuum, entpolitisiere das Problem. Sprich nicht über Strukturen u Institutionen, die das fossile System aufrechterhalten. Benenne keine verantwortlichen Konzerne oder Entscheider.
12. Bleib konsequent beim CO2
Lass außen vor, dass auch Methan u. andere Gase das Klima schädigen. Sprich nicht darüber, dass vermeintliche technische Lösungen große (ökologische) Schäden anrichten können. Sag mit "Dekarbonisierung", dass es nur um Fossile vs. Erneuerbare geht.
13. Sei unkritisch
Bereite dich möglichst wenig auf Interviews etc. mit Politiker:innen oder Manager:innen vor, faktenchecke ihre Klimapläne und -positionen weder vorher noch nachher. Frage auf keinen Fall kritisch nach und lass keine Expert:innen die Aussagen analysieren.
14. Streue Zweifel
Oldie but Goldie: Lass klassische Leugner zu Wort kommen. Noch effektiver sind mittlerweile aber Leute, die den Klimawandel "ernst nehmen", aber infrage stellen, wie schlimm er wirklich ist, dass wir die richtigen Lösungen haben und was diese wirklich bringen.
15. Stelle Aktivist:innen als heuchlerisch dar
Langstrecken-Luisa und Geldschefflerin Greta. Gib's ihnen! Denn wenn man für Klimaschutz ist, muss man in einer Tonne leben und Jutesack tragen. Alles andere ist pure Heuchelei. Betone das delegitimiere so die inhaltlichen Anliegen!
16. Spiel auf Zeit
Betone, dass Klimaschutz etwas ist, das erst in der Zukunft passieren muss! "Wir haben noch zehn Jahre, um den Klimawandel zu stoppen", klingt vlt für Auskenner:innen dringend. Für die meisten heißt es aber schlicht, dass wir heute noch nichts tun müssen.
17. Schüre Angst um Arbeitsplätze
Stelle Klimaschutz als Arbeitsplatz-Killer dar. Blase die Zahl der mögl. Jobsverluste groß auf. Verschweige, dass die Arbeitswelt sich immer wieder wandelt und durch Klimaschutz auch Jobs entstehen oder dass wir auch weniger arbeiten könnten.
18. Sprich über andere Länder und Kontinente
Ignoriere die historische Verantwortung und die hohen Pro-Kopf-Emissionen deines eigenen Landes. Sprich lieber über den absoluten CO2-Ausstoß anderer Länder (China! Indien!) und sag ohne deren Beitrag bringe Klimaschutz hier nichts.
19. Behandle das Klimathema isoliert
Für Redaktionen gilt: Schieb die Verantwortung für ökologische Themen an 1-2 "Klimajournalisten" ab. Behandle die Klimakrise und mögl. Lösungen nicht in anderen Ressorts, obwohl sie relevant für praktisch alle Aspekte der Gesellschaft sind.
20. Bau einen Konflikt "Wirtschaft gegen Klima" auf
Wirtschaft ist selbstverst. nur BIP, "der Markt" und v.a. Großkonzerne. Wachstum über alles. Ignoriere, welche Leistungen wirklich essenziell für gesellschaftl. Wohlergehen sind. Stelle Klimaschutz als Sozialismus à la DDR dar.
21. Nutze Bilder, die Distanz aufbauen
Eisbären sind toll, weil sie weit weg leben und keine Menschen sind. Schlecht: Fotos von Menschen, die unter dem Klimawandel leiden, demonstrieren & an Lösungen arbeiten. Lieber leblose oder entfernte Motive wie Fabriksschlote, Grönland…
22. Schieb die Schuld auf das Bevölkerungswachstum
Sprich über das "bedrohliche" Bevölkerungswachstum in Afrika und Asien! Verschweige, dass ein kleiner, reicher Teil der Weltbevölkerung v.a. im Westen den Löwenanteil der – historischen und aktuellen – Emissionen verursacht.
23. Diskreditiere guten Klimajournalismus
Bezeichne Kolleg:innen, die ernsthafte Berichterstattung über die Klimakrise machen, als "Aktivist:innen", sprich ihnen die journalistische Integrität ab. Stelle wiss. Fakten als Übertreibung dar. Verschweige deine eigene polit. Agenda.
24. Spiele den Anteil von Ländern und Sektoren herunter
Beispiele: "Aber Deutschland/der Flugverkehr produziert nur 2 % der globalen Emissionen – hier zu reduzieren ändert nichts." Verschweige sowohl Pro-Kopf-Emissionen als auch, dass alle Länder und Sektoren mitmachen müssen.
25. Setze alle Hoffnung in (inexistente) Technologien
Verschiebe Klimaschutz auf übermorgen, wenn wir endlich die Technologien entwickelt haben werden, die uns unendlich viel Energie liefern. Klassiker: Kernfusion! Sag nicht, dass wir bereits alle Mittel haben, die wir brauchen.
26. Negiere unterschiedliche Betroffenheit durch Klimawandel-Folgen
Ignoriere wiss. Erkenntnisse dazu, dass Frauen*, Menschen im Globalen Süden u verschiedene marginalisierte Gruppen stärker unter Folgen der Klimakrise leiden. Wenn du darauf angesprochen wirst, mach dich lustig.
27. Stelle Klimaschutz als Freiheitsberaubung dar
Freiheit besteht natürlich ausschließlich in der Möglichkeit unendlich viel zu konsumieren. Weniger Autofahren etc. ist Verzicht und damit inakzeptabel und undemokratisch(!). Ein Hit: Wörter wie Ökodiktatur oder Klima-Extremisten
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Die ÖVP schießt sich immer mehr auf die Klimabewegung ein und wird wohl vor der Nationalratswahl einen Law-and-Order-Wahlkampf fahren. Die Gefahr ist groß, dass die Bewegung ihr in die Karten spielt.
"Klimakleber" wurde mittlerweile zu einem Synonym für Klimaaktivist:innen/bewegung. Von immer mehr Leuten aus der Klimabewegung höre ich, dass ihnen das auffällt und negative Konsequenzen für sie hat. Dass es sich darauf auswirkt wie sie sich von anderen wahrgenommen fühlen.
2/17
Für 🇩🇪 zeigte sich in dieser @moreincommon_de-Umfrage, wie sich die Gleichsetzung "Klimakleber" = Klimabewegung auf die Sicht der Bevölkerung auf diese auswirkt. Die Zustimmung sinkt dramatisch. Für 🇦🇹 gibt es leider keine entspr. Zahlen.
3/17
Sehr gut, dass wir dank dieser Recherche über CO2-Kompensation reden.
Aber das wahre Problem ist nicht, dass viele Zertifikate nutzlos sind: Das Problem ist, dass wir Kompensation überhaupt akzeptieren, anstatt Emissionen an der Quelle zu stoppen.
"Aber wir brauchen das Geld daraus, um wichtige Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen" antworten manche darauf.
Das ist falsch: Wir müssen Emissionen an der Wurzel beenden – und z.B. Waldschutz finanzieren. Unabhängig voneinander.
2/x
CO2-Kompensation führt in eine Sackgasse.
Warum? Schauen wir uns als Beispiel dafür die Firma Gucci aus dem Zeit-Artikel an.
3/x
Liebe alle, ich will endlich weniger "Wir alle verdrängen die Klimakrise"-Bla hören und mehr Ideen dafür, wie wir die Lobbys und Politiker stürzen, die unseren Planeten unwiederbringlich zerstören. derstandard.at/story/20001375…
Auch in den als den Klimawandel leugnend verschrienen USA hat eine überwältigende Mehrheit die Klimakrise verstanden – und will mehr Klimaschutz.
Should rich countries degrow their economies to stop climate change?
@NiranjanAjit with a very nuanced article for @dw_environment: on growth, the climate, poverty and more - with a lot of interesting thoughts, graphics and voices.
Capping global heating at 1.5 degrees requires incredibly fast emissions reductions - and very likely negative emissions solutions. Some argue the former is only possible in a #degrowth scenario. @ysaheb points out the lack of literature on both degrowth & negative emissions. 2/
Until now, world leaders have bet on green growth to solve this.
3/
.@CarelMohn25 darüber, warum #ÜbersKlimaReden wichtig ist.
Er sagt: "Die Gesellschaft ist bereit für Klimapolitik – auf das Ansprechen und das Wie kommt es an.
Es macht ein Narrativ zu den Ergebnissen der COP26 die Runde und es ist geschichtsvergessen und ungerecht. Verbreiten wir es nicht und ordnen wir es richtig ein.
Ein Thread
1/
Einer der wenigen Lichtblicke im COP-Abschlussdokument ist, dass fossile Brennstoffe endlich explizit erwähnt werden und ein Ausstieg vorsichtig angesprochen wird. Das Wording dazu ist extrem schwach: "Phasing down" of "unabated coal" and "inefficient fossil fuel subsidies".
2/
In Zwischenentwürfen klang diese Passage schon stärker, wenn auch nie berauschend.
3/