Gewaltbeziehungen haben oft eine Komponente, die gerne übersehen wird: das Opfer - ich spreche der Einfachheit halber ab nun von der Frau, was nicht immer so sein muss, aber im Großteil der Fälle so ist - das Opfer ist selbst in der Kindheit schon in Gewaltbeziehungen
aufgewachsen. Bei mir ein gewalttätiger, narzisstischer, pädophiler, sadistischer Vater und eine ebenfalls psychisch schwer gestörte Mutter, die Mittäterin war.
Gleich zu Beginn kann und muss gesagt werden, dass die beiden selbst natürlich psychisch schwer gestörte
Persönlichkeiten sind. Der Vater ist übrigens ein hoch charismatischer Mensch, Lehrer, sehr angesehen. Die Mutter 'stellt auch etwas dar' . Soll heißen: gepflegte, feine Leute.
Ich war höchst auffällig als Kind - würde ich zumindest heute, als Pädagogin sagen - sehr verängstigt, still, etwas weinerlich. Außenseiterin. Kontakte wurden vom Elternhaus weitgehend unterbunden . Auch untergewichtig und kränklich.
Als ich meinen Mann kennenlernte und er sehr schnell heiraten wollte (ich war schon lange ausgezogen) schmeichelte mir das und gab mir Hoffnung auf Geliebtwerden, Geborgenheit, Ruhe. Und machte mich nicht mißtrauisch.
Ein halbes Jahr drehte er das erste mal durch. Dinge wurde kaputt gemacht, es wurde gebrüllt und ich war panisch. Und ja, natürlich: an diesem Tag hätte ich gehen müssen. Aber wohin? Es gab niemanden, der mir beigestanden wäre oder Mut zugesprochen hätte.
Und außerdem: man kann doch nicht jemand nur wegen sowas verlassen! Ich konnte nicht. Ich war außerdem schwanger, untergewichtig, speibend. Und bekam kurz darauf vorzeitige Wehen. Drei Monate KH-Aufenthalt, dann Neugeborenes. Schreikind.
Mein damaliger Mann, nennen wir ihn Hubert (H), arbeitete viel oder behauptete das zumindest. Er war kaum zuhause. Und es gab auch kein Geld von seiner Seite. Ich finanzierte unser Leben.
Ich vertrug die Pille nicht, sein Commitment zum Kondom war endenwollend. Ich verlor im Jahr darauf zwei Schwangerschaften.
Es gab regelmäßig Übergriffe auf mich (er schüttelte und warf gegen die Wand) aber nicht gegen die Kinder.
Also blieb ich. Ich hatte ja auch keine Wahl, mein Geld brauchte ich, um uns Essen zu besorgen. Es gab nichts, wo ich hinhätte können.
Ich wurde wieder schwanger und trotz aller Schwierigkeiten behielt ich dieses Kind bis zur 30. Woche. Mein wunderbarer Sohn, der sich mit 1000g das Leben erkämpfte, wird in den nächsten Tagen 20Jahre alt.
Wir waren lange im KH, Zuhause hielt eine Familienhelferin der Caritas alles am Laufen. Ich weiß nicht, ob sie jemals sein wahres Gesicht gesehen hat - ich glaube nicht. Das ist nämlich etwas ganz Wichtiges: auch H war ein reizender, rel. konservativer junger Mann,
vielversprechende Karriere, gepflegt, drückte sich gewählt aus, ...
Dennoch, als alles wieder etwas zur Ruhe kam, das Frühgeborene etwas fitter wurde erwachte Kampfgeist in mir. Wir waren in eine günstigere Wohnung umgezogen, ich schöpfte Mut. Seine Ausbrüche wurden häufiger -
ich bat um Trennung. Wir einigten uns auf einen zweimonatigen Versuch, ob wir die Dinge gerade biegen könnten. Konnten wir nicht. Dann: H willigt plötzlich doch ein, Paartherapie zu machen. Gut ein Jahr hatte ich ihn darum gebeten, haufenweise Schläge gegen die Wand
mir eingefangen. Und jetzt das! Könnte ich ihm das verwehren? Wenigstens einen Versuch? Nein, konnte ich nicht. Vertrauensvoll bin ich da hingegangen und hab mich - wider meines Bauchgefühls - reinquatschen lassen. H gab seinen Job auf, begann dasselbe Studium, das ich machte,
überwachte mich noch mehr als vorher. Ich hatte keine Sekunde mehr für mich. Er bekniete mich, noch ein Kind zu bekommen, er würde jetzt alles besser machen, er hätte bei den ersten beiden alles verpasst wegen der vielen Arbeit, ....
Liebesbriefe, Treuesvhwüre, Geschenke. Ich hab mich reinquatschen lassen und wurde sofort schwanger. Natürlich war die Vorstellung einer glücklichen Familie traumhaft!
Kaum war ich schwanger war wieder alles wie früher. Gewaltausbrüche, Zorn, ...
Auch diese Schwangerschaft müsste ich bis zur Geburt liegen, die Kinder und ich waren ihm hilflos ausgeliefert. (Gewalt hab es aber nach wie vor nur gegen mich.)
Das Kind kam behindert zur Welt. Um mich herum explodierte alles, ich wusste nicht, wie ich das schaffen sollte. H hatte nach wie vor keinen Job, ich hatte schon vor der Schwangerschaft unterrichtet und begann sofort wieder damit. Weil H ja auch studierte hatte
Er auch kein Arbeitslose. Alles ging an mir. Plus der Verantwortung fürs behinderte Kind. Es gab nicht nur keine Unterstützung von ihm sondern mehr Gewalt gegen mich. Und Schulden. Er häufte Schulden an.
Nach ca eineinhalb Jahren wurde er zum ersten mal gegen das Jüngste gewalttätig. Da wusste ich, ich muss mit den Kindern raus.
Wir waren zu dem Zeitpunkt bereits 6 Jahre verheiratet gewesen.
Fortsetzung - Trennung von einem Gewalttäter - folgt. #TagGegenGewaltanFrauen

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25 Nov
Was passiert einer Frau, die sich vom Gewalttäter trennt? #TagGegenGewaltanFrauen
Unverständnis. Erst mal ganz viel Unverständnis. Weil er (H) so nett wirkt. Und gepflegt. Und wo frau doch drei Kinder mit ihm habe! So schlimm könne das nicht sein!
Der Notruf, den ich damals gewählt hatte verlangte, dass ich ihn anzeigte. Ich war so fertig und hatte so viel zu tun mit Job, Kindern und Co, ich hatte keine Ahnung, wie ich das bewerkstelligen hätte sollen. Noch dazu am Land.
Das bedeutete also noch mehr Druck, keine Hife.
Die einzige Hilfestellung, die ich bekam, war von einer Frauenberatungsstelle, die hießen "Udine" glaub ich und falls sie das jemals erreicht, ihnen gilt mein Dank!
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25 Nov
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22 Nov
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Sorry. Es musste raus.
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