1) Das Gericht vertritt entgegen der hL die Auffassung, §13 VI TMG sei unvereinbar mit der DSGVO. Das ist insbesondere in Anbetracht von Art 5 I c & e DSGVO nicht nachvollziehbar und lässt vermuten, dass das Gericht den Regelungsgehalt der DSGVO schlichtweg nicht durchdrungen hat
2) Das Urteil steht eindeutig dem BGH Urteil “spick ich“ entgegen, nach dem die anonyme Nutzung dem Internet immanent ist und eine Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit auf Äußerungen, die einem bestimmten Individuum zugeordnet werden können, mit Art 5 I 1 GG unvereinbar ist
3.1) Im Rahmen einer historischen Auslegung der DSGVO argumentiert das Gericht:
3.2) Der „europäische Normgeber [hat] entgegen den deutschen Vorschlägen [meint: ein Papier der DSK sowie ein Arbeitspapier der dt. Delegation im Rat] den Nutzern sozialer Netzwerke bewusst keinen Anspruch auf die Verwendung eines Pseudonyms eingeräumt“
3.3) Offensichtlich hat das Gericht keine Vorstellung davon, wie EU-Gesetzgebungsverfahren verlaufen, wie viele hunderte Akteuere beteiligt und wie viele tausende (keinen Einfluss gefundene) Einbringungen es in deren Verlauf gibt.
4.1) Da als RGL für die Verarbeitung von Klarnamen vorliegend sowohl die Einwilligung (wg Art 7 IV) als auch das Vertragsverhältnis (Art 6 b, mangels Erforderlichkeit) ausscheiden - immerhin das wurde vom Gericht erkannt -, bliebe lediglich das berechtigte Interesse nach Art 6 f
4.2) Dies hätte mittels einer sorgfältigen Abwägung ermittelt (u. mMn eindeutig zugunsten des betroffenen Nutzers verneint) werden müssen. Das Gericht stellt mit einem (!) Satz und ohne (!) Begründung fest, dass Fb ein berechtigtes Interesse an der Verarbeitung der Klarnamen habe
5) Es fehlt eine eigenständige Prüfung, ob die Klarnamen-Klausel aus den Fb AGB nach § 307 II Nr. 1 BGB wegen Art. 6 I DSGVO unwirksam ist (bzw. ob ein Verstoß gg. § 134 BGB vorliegt).
6) Das Gericht verkennt, dass Pseudonymisierung des Art. 25 I und 32 I DSGVO ≠ Nutzung von Pseudonymen durch Betroffene iSd. DSGVO ist
7) Das Gericht verlautbart, dass es „nunmehr“ (im Vgl. zur Situation vor Anwendungsbeginn der DGSVO) neben der Einwilligung auch die RGL des berechtigten Interesses gebe. Ähm... § 28 BDSG a.F.?
8.1) Zuletzt ein nicht jur. Kommentar: Die Anerkennung des Gerichts eines ‚Interesses [von Fb], im Hinblick auf negatives Verhalten wie Beleidigungen, Bedrohungen und hasserfüllte Beiträge ihren Nutzern gegenüber auch präventiv tätig zu werden‘ zeigt wie viel Druck im Kessel ist
8.2) Umso wichtiger, dass mit dem heute veröffentlichten #DigitalServicesAct effektivere, grundrechtsschonendere Lösungsansätze als die #Klarnamenpflicht vorgeschlagen werden. Gute Gründe gegen Klarnamenpflicht gibt‘s zur Erinnerung hier: netzpolitik.org/2018/16-beispi…
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