Habe heute die erste halbe Stunde meiner Vorlesung dazu verwendet, das sozio-technische System hinter dem Sturm auf das Kapitol zu diskutieren (mit meinen Sozioinformatiker:innen). Liebe Lehrer:innen und Kolleg:innen, habt Ihr das Thema auch aufgegriffen? Was ist Eurer Meinung
nach die Pflicht von Dozent:innen in solchen Situationen?
Ich glaube, dass wir die kommende Generation ausrüsten müssen mit einem scharfen Blick für systemische Phänomene, die erst durch die Interaktion von Menschen (plus Digitlaisierung) entstehen und geprägt sind
von menschlichem (Fehl-)Verhalten. Die Situation wird befeuert durch "Echo-Chambers" (selbstgewählte Bekanntschaften zu Personen, die dasselbe glauben wie man selbst) und Filterblasen, d.h., der algorithmischen Auswahl von Themen, die einem gut reinpassen.
Zum Thema "Filterblase" hier der Originaltalk von Eli Pariser von 2011: ted.com/talks/eli_pari…
Inzwischen ist klar, dass die "Filterung" nicht so vollständig ist. Die meisten Menschen hören sehr wohl die Meinung der "anderen", reagieren aber darauf ungläubig, ob der scheinbar offensichtlichen Verdummung des jeweils anderen.
Durch diese Reaktionen verfestigen sich die Echochambers. Insbesondere in den Verschwörungsmythosblasen ist ein Ausstieg aus mind. drei Gründen dann kaum denkbar: 1) Das Gefühl der Überlegenheit, etwas verstanden zu habe, was (fast) alle anderen nicht sehen konnten, fiele weg.
2) Man müsste zugeben, dass das gesamte Argumentationsgebäude auf Sand und Gutgläubigkeit gebaut war. Die damit verbundene kognitive Dissonanz ist kaum auszuhalten. de.wikipedia.org/wiki/Kognitive…
3) Wer aussteigt, verliert einen Großteil seines sozialen Netzwerkers und wird zudem zum Aussätzigen. Diese Person steht oft erst einmal vor dem sozialen Nichts.
Wer die Videos gestern gesehen hat, wird feststellen, dass viele sehr normal aussehende Menschen dabei waren, die sich im Kapitol eher wie Touristen benahmen. Wie kann es dazu kommen, dass ganz normale Menschen wie Du und ich an solchen Aufständen teilnehmen?
Dazu hat Granovetter ein Model entwickelt - gibt leider nur eine englische Wikipedia-Seite dafür: en.wikipedia.org/wiki/Threshold…
Das Modell geht davon aus, dass jede Person einen individuellen Schwellwert hat, ab dem man mitgerissen wird. Manche kommen schon bewaffnet und wollen gleich stürmen. Andere machen mit, sobald der oder die erste anfängt.
Wieder andere lassen sich erst dann mittreiben, wenn sie sonst gegen den Strom gehen müssten.
Das Modell erklärt, wie eine Kettenreaktion einsetzen kann, sobald die ersten stürmen. Und auch, warum eigentlich gesetzestreue Bürger:innen plötzlich auf der falschen Seite
vom Zaun stehen. Diese und ähnliche Modelle vom menschlichen Verhalten, sozialen Beziehungen und Aufstandsgeschehen können helfen, Situationen einzuschätzen. Daher gilt diesem Bereich im Studiengang Sozioinformatik unsere größte Aufmerksamkeit und ich würde
mir wünschen, dass sie auch in anderen Studiengängen vermittelt würden (z.B. Wirtschaft, Politikwiss., Recht, Psychologie, etc.).
Leider sind auch sie nicht ausreichend, um einen Weg aus der Krise zu weisen. Aber ich glaube, dass die neue Generation von Schüler:innen und
Studierenden in dieser immer globaleren Welt genau dieses Wissen brauchen, um die vielen emergenten (systemischen) Phänomene dieser Welt zu erkennen und ihre zukünftige Entwicklung richtig einschätzen zu können.
Nachtrag: Grund Nr. 4, warum der Ausstieg so schwer ist, hat Sascha Lobo mal schön aufgeschrieben: Viele der aktuellen Verschwörungen sind "zum Selbermachen". Man muss "selbst recherchieren", kann sich dabei alles selbst zurechtlegen - hat aber vor allen Dingen selb investiert.
@saschalobo vergleicht das mit dem IKEA-Effekt, der Tatsache, dass uns selbst zusammengebaute Möbel mehr wert sind als fertig gekaufte: spiegel.de/netzwelt/web/q…
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Wie können digital unterstützte Verschwörungsmythosspiralen verhindert werden? 1) Personen müssen frühzeitig daran gehindert werden, so tief abzutauchen. Wir müssen alle mehr daran arbeiten, Freunden und Familie zu Beginn einer solchen Spirale zu widersprechen und zu diskutieren.
2) Es sollte überlegt werden, ob Social Media Accounts ab einer gewisse Größe der Followerschaft journalistischen Standards folgen müssen (z.B. Impressum), wenn sie weiterhin beliebig viel posten wollen. Ansonsten Drosselung der Tweets pro Tag oder Verbreitungsgeschwindigkeit.
3) Verbot von personalisierter Werbung, Rückkehr zu Kanalbasierter Werbung. D.h.: Alle, die demselben Medium folgen, sehen dieselbe Werbung. Ich glaube, dass personalisierte Werbung aufgrund vieler, nicht nur politischer sondern auch medizinischer, wirtschaftlicher und
I thought about watching this video with my kids, to show them that animals are conscious about their mates, that even birds care about each other. Then, I realized that my kids would actually never question that.
It is me that has "learnt" - being an adult - that almost all animals are not self-conscious. That only the very highly developed animals mourn when their children are taken away - but neither cows nor pigs would do that.
That most animals do not care about other animals - that they rather fight each other. That they mate only for the offspring or care about their offspring only to improve their genes' survival rate.
It is this that makes it astonishing for me to see birds care about each other.
This wording is just plainly wrong. Nothing is ever made "entirely by AI" and we need to stop framing it in this way.
It is a laborious process to create an "AI". A human has to pick the artwork from which the AI should learn. @j2bryson
Humans will turn many knobs, push levers and make dozens of modeling decisions to turn the system into something that suits human taste. Finally, the gallery has surely selected those pieces of art it found especially extraordinary. For me, it is HUMAN MADE art USING a complex
and sometimes serendipitous tool. I agree that the methods of machine learning create a big chunk of that art, but it is in no ways "made entirely by the AI". Without human artists to learn from, there would be nothing here.
Meine Vorlesung mit ca 20 Studierenden hat richtig gut funktioniert- und ich teile kurz mit Euch, was bei uns funktioniert hat. Es ist ein digitales flipped classroom-Modell, mE auch relevant für Schulen.
1) Die Studierenden finden auf der Plattform auf je einer Webseite alles zur Vorbereitung: Texte, Videos, Tests, Übungsblatt. 2) Die Videos bilden nicht die üblichen 90 Minuten ab, sondern sind thematisch zugeschnitten, in jeweils 20-35 minütigen Portionen.
3) Es gibt pro Video 2-4 Fragen an die Studierenden. Teil der Klausurzulassung ist, dass Studierende jeweils mind. einen sinnvollen Diskussionsbeitrag zum Video liefern müssen, zB eine Antwort auf eine der Fragen als Kommentar. Das hat gut geklappt.
(dcapswoz.ict.usc.edu) and contains 28 persons (!) marked as depressive in 142 (about 2 times the ratio of depressive patients in Germany). Data set was divided in training/test set for some competition (arxiv.org/pdf/1605.01600…) with 107/35 persons, respectively.
To maintain incidence, likely 21 depressive patients were in the training set and 7 (!) in the test set (called "development set"). Thus, a recall of 80% means they found 5-6 of the 7 and a precision of 71% means they labeled 7 to 8 as depressive of which 2 were not depressive.