Der bisher kaum bekannte Energiecharta-Vertrag könnte EU und Mitgliedsstaaten Hunderte Milliarden kosten und daran hindern, ihre Klimaziele zu erreichen. Das ist das Ergebnis unserer @investigate_eu-Recherche, die ab heute europaweit erscheint. (1/x)
Unsere neue @investigate_eu-Recherche zeigt: Der Energiecharta-Vertrag erlaubt es Energieunternehmen, Staaten vor internationalen Schiedsgerichten auf Milliardenentschädigung zu verklagen, wenn diese sich durch notwendige Klimamaßnahmen unfair behandelt fühlen. (2/x)
Einst sollte die Energiecharta Anfang der 90er Jahre Investitionen in neuen Demokratien mit unsicheren Rechtssystemen schützen. Das Abkommen ist vage formuliert. Europäische Konzerne wie RWE oder Vattenfall nutzen es nun auch, um gegen EU-Staaten zu klagen. (3/x)
In den vergangenen Monaten sprach ich mit Juristen, Wissenschaftlerinnen, Aktivisten und Politikerinnen. Sie warnen, wenn Staaten Gesetze verabschieden, um aus fossilen Energieträgern auszusteigen und so ihre Klimaziele zu erreichen, könnte eine Klagewelle drohen. (4/x)
Das Potenzial der Klagen ist immens. Wir haben berechnet, dass der Wert der Kohle-, Öl- und Gas-Infrastruktur in der EU, UK sowie Schweiz, die durch den Vertrag geschützt wird, rund 350 Milliarden Euro ist. Das ist fast zwei Mal das Budget der EU, inklusive Covid-Hilfen (5/x)
Das ist kein fernes Zukunftsszenario. Der britische Ölkonzern Rockhopper klagt gegen ein italienisches Ölförderverbot, der deutsche Energie-Gigant RWE klagt gegen den niederländischen Kohle-Ausstieg. Sie fordern Entschädigung in Millionen- bzw. Milliardenhöhe. (6/x)
Doch allein die Möglichkeit einer Klage reicht offenbar für Milliardenentschädigung. Die Bundesregierung garantiert einem Kohlekonzern Milliarden für den Kohleausstieg, dafür gibt der Konzern sein Recht auf mit Hilfe der Energiecharta gegen den Ausstieg zu klagen. (7/x)
Eine Klagedrohung reicht mitunter, um Klimagesetze zu beeinflussen. Ein ambitioniertes Ölförderverbot Frankreichs wurde nach der Intervention eines kanadischen Investor unter Verweis auf die Energiecharta deutlich abgeschwächt. (8/x)
Die EU-Staaten wollen den Vertrag reformieren. Doch der Modernisierung müssen alle Vertragsparteien zustimmen. Japan hat angekündigt, das nicht zu tun. Deshalb fordern Frankreich und Spanien nun einen Austritt zu erwägen. Dafür gibt es bisher keine Mehrheit. (9/x)
Ein vollständiger Austritt aus der Energiecharta ist ohnehin kaum möglich. Der Vertrag erlaubt es, Investoren Staaten noch 20 Jahre lang zu verklagen, nachdem diese die Charta verlassen haben. Höchste Zeit, dem bisher kaum bekannten Vertrag mehr Aufmerksamkeit zu widmen. (10/x)
Intensiver Investigativjournalismus kostet. Wenn ihr meine Kolleg*innen und mich dabei unterstützen wollt, künftig weiter europaweit zu Themen wie dem Energiecharta-Vertrag zu recherchieren, könnt ihr das hier tun: investigate-europe.eu/de/spenden/
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Konzerne wie Google vermeiden in der EU im Jahr 70 Mrd Euro Steuern. Damit könnte bald Schluss sein. Denn der Rat der EU bringt heute ein wichtiges Gesetz auf den Weg. Nach @investigate_eu-Infos verhinderte die Bundesregierung die Reform jahrelang. (1/x)
Bisher können multinationale Konzerne einen Großteil ihrer Gewinne an Briefkastenfirmen in Ländern mit Dumpingsteuersätzen verschieben, etwa in die Niederlanden oder Irland. Alleine Google entzieht EU-Staaten im Jahr so knapp 20 Milliarden Euro. (2/x)
Wie viel Steuern die Konzerne wo zahlen, ist unbekannt. Die EU wollte deshalb eine Berichtspflicht für Konzerne wie Amazon oder Google einführen. Die Hoffnung: Öffentlicher Druck könnte dazu führen, dass Unternehmen dort Steuern zahlen, wo sie Gewinne erzielen. (3/x)
Seit den Ausschreitungen in Chemnitz vor einem Monat haben allein Opferberatungsstellen mind. 52 Fälle rechter Gewalt und Straftaten gezählt außerhalb der sächsischen Stadt. Ich habe weitere recherchiert. Ich dokumentiere sie hier. THREAD
(1/71) 26.8.: In Berlin-Adlershof soll ein Unbekannter einen Mann, dessen Frau und drei Kinder (drei bis zehn Jahre alt) beleidigt haben. Dann habe er, so die Polizei, seinen Hund auf die Familie gehetzt.
(2/71) 26.8.: Mit Freunden aus den USA zieht der frühere Fußballprofi des FC Ingolstadt, George Mbwando über den Barthelmarkt im bayerischen Oberstimm. Dann kommen sechs Männer, erinnert sich Mbwando später, beleidigen ihn rassistisch und schlagen ihm ins Gesicht.