Erst jetzt gesehen: Das LVwG Wien hat im Februar in der Causa "Darmwind" entschieden.
Was war passiert? Die LPD Wien hat für das "laute Entweichenlassen eines Darmwindes" eine Strafe von 500 € wegen der Verletzung des öffentlichen Anstandes verhängt.
Das LVwG hat die Strafe jetzt grundsätzlich bestätigt, aber auf 100€ herabgesetzt.
Das Gericht geht im Erkenntnis erstaunlich detailliert darauf ein, ob ein Darmwind einen Kommunikationsinhalt hat und daher von der Meinungsfreiheit gedeckt ist.
Nein, meint das LVwG. Und selbst wenn, wäre eine Strafe hier trotzdem gerechtfertigt. Denn der Furz sei geeignet "jedwede staatliche Ordnung völlig zu untergraben und der Lächerlichkeit Preis zu geben." – Fast schon ein Putsch also. Belegt wird das unter anderem mit einem Beitrag
aus dem SIAK-Journal, der die gestiegene Respektlosigkeit ggü der Polizei ua damit begründet, dass "Bürger kritisch mitdenken und umsetzen, was vielerorts in der Schule gelernt wird, nämlich den Mund aufzumachen, wenn einem wahrge­nommenes Unrecht widerfährt" – Staatsgefährdend!
(Auch) angesichts des Einkommens des BF von 300-400€ wird die Strafe dann herabgesetzt.
Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. Ob die Entscheidung rechtskräftig ist, weiß ich nicht.
Das Erkenntnis zeigt aber (wieder einmal) wie problematisch der Tatbestand der Anstandsverletzung ist. (Siehe auch die Oida-Causa). Er dient de facto nur dem Schutz der Polizei, weil in ihrer Gegenwart mehr "Sittlichkeit" gefordert wird.
Wäre in diesem Fall ein Privater "Opfer" gewesen, wäre wahrscheinlich nicht der Anstand verletzt oder die Behörde hätte es nicht verfolgt. Gleichzeitig fehlt bei tatsächlichen Problemen (Bierwirt etc) der Rechtsschutz.
Volltext: verwaltungsgericht.wien.gv.at/Content.Node/r…

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9 Apr 20
Kurzer Thread zur Betretungsverbots-VO und wie sie vom Ministerium (anscheinend) interpretiert wird.
Buckle in, it's going to get nerdy. (1/9)
#seuchenlegistik Image
Nach Ansicht des @bmsgpk ist folgendes Verboten: Ausflüge, Picknicks, Partys auch an privaten Orten. Erlaubt hingegen soll die Rückkehr zum Hauptwohnsitz bzw das Fahren zum Zweitwohnsitz, das Besuchen des getrennt lebenden Partners, Kinder zum anderen Elternteil bringen sein. (2)
Bis jetzt wurde das alles von mir (und soweit ich überblicken kann auch von allen Diskutanten auf Twitter) auf die Z5 der VO gestützt, in die das alles nur wahrlich schwer hineininterpretiert werden kann. (3)
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