Thread by @hcppetersen

#Antislawismus und #Rassismus gegen Menschen aus dem östlichen Europa. Ein Thread zur historischen Einrodnung und dazu, was ein progressiver #Antirassismus daraus mitnehmen sollte.

"Deutsche Kulturträger": Vor allem seit der #Aufklärung virulente Vorstellung von einer 'höherwertigen deutschen Kultur', die das 'Licht der Civilidation' in den 'dunklen Osten' trägt, der als kulturell 'leerer Raum' imaginiert wird.

"Deutscher Osten": #Völkisches Konzept des östlichen Europa als eines 'Raums', der vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer als 'deutsch' vereinnahmt wird, da, siehe oben, es zwar wenige 'Deutsche', aber eine 'höherwertige Kultur' gäbe.

#Paulskirche 1848/49: Die viel beschworene 'Wiege der deutschen Demokratie' hatte deutliche Schattenseiten. Dies zeigen die Debatten zum östlichen Europa, das fast durchweg als ein zu kolonialisierender Raum beschrieben wird. "Gesunden Volksegoismus" nannte #WilhelmJordan das.

Kultureller und biologistischer #Rassismus: Ab Ende des 19. Jh. tritt ein biologistischer Rassismus zum kulturellen dazu. Beispiel: Antrittsvorlesung #MaxWeber 1895: "„Der polnische Kleinbauer gewinnt an Boden, weil er gewissermaßen das Gras vom Boden frißt, nicht trotz,

sondern wegen seiner tiefstehenden physischen und geistigen Lebensgewohnheiten. [...] das Interesse an der Hemmung der slawischen Flut ruft nach der Überführung bedeutender Teile des östlichen Bodens in die Hand des Staates.“

"Deutscher Volks- und Kulturboden": Karte A. Penck, 1925:

Karte A. Penck, 1936 - das expansive Potential des Konzepts des "deutschen Ostens" ist unschwer zu erkennen:

"Germanisierung", "slavische Untermenschen" und Massenmord: Die "Heim ins Reich"-Umsiedlungen, die versuchte "Germanisierung" von Teilen des besetzten Polens und rd. 27-28. Mio. sowjetische Opfer sind ohne die Vorstellung von "slavischen Untermenschen" nicht zu erklären.

Die Tagebücher deutscher Landser sind voll davon. Eines der ersckendsten und bis heute im deutschen Gedenken viel zu wenig präsenten Beispiele: Die #Blockade Leningrads. Über 1 Mio. Menschen starben, weil sie gezielt dem Hungertod überlassen wurden.

"Überflüssige Esser" für die deutschen Planer. Das Tagebuch von Tanja Sawitschewa sagt mehr als tausend Worte: drb-ja.com/das-tagebuch-v…

Und nach 1945? Der #KalteKrieg war ein Rahmen, um antislavische Bilder fortzuführen - Stichwort "Reich des Bösen". Und nach 1991 kamen #Russlanddeutsche, jüdische #Kontingentflüchtlinge und andere in die Bundesrepublik - teilweise in Form einer 'privilegierten Migration', ja -

aber hier stießen sie als Menschen trotzdem allzu oft auf Ablehnung: "Die Russen" als pauschale, oft falsche und eben nicht wertfreie Einordnung. @erizing, @japvie81 und andere haben eindrucksvoll darüber geschrieben.

Russlanddeutsche sind ebenso wie jüdisch-sowjetische Menschen in Deutschland aus rassistischen und/oder antisemitischen Motiven ermordet worden. Und zugleich finden sich Russlanddeutsche unter den Tätern. So bitter und komplex ist die Realität. Am #Rassismus ändert es nichts.

Was lässt sich hieraus lernen? #Rassismus erschöpft sich nicht in einem binären Schwarz-Weiß- oder Nord-Süd-Schema. Gesellschaftliche Ausgrenzungsmechanismen sind komplex und überschneiden sich nicht selten. Ein #Antirassismus, der seinen Namen verdient, muss dies erkennen und

konsequent jeden #Rassismus bekämpfen. Nicht, um alles gleich zu setzen, sondern um die Erfahrungen und das Leid aller Betroffenen ernst zu nehmen. Alles andere ist Essentialsierung von Opfergruppen und verdient den Namen #Antirassismus nicht.