Gestatten Sie mir einen kleinen Aufregetweet. Nichts davon ist neu, Sie werden das alles irgendwo schon gehört haben, wahrscheinlich mehrfach.
Sie können im Bedarfsfall ja behende darüber hinwegscrollen.
Wissen Sie, ich halte nichts von Politikerbashing.
„Alle unfähig“, „Alle doof“, „Alle scheiße“, das ist einfach billig.
Politikerinnen und Politiker entscheiden Dinge. Auf Basis der ihnen zur Verfügung stehenden Informationen. Dabei machen sie manches richtig und manches falsch. Falsch vielleicht, weil sie nicht genügend Informationen haben, vielleicht weil sie einfach schlecht entscheiden.
Nicht weil sie Echsenmenschen sind, oder von Bill Gates bezahlt oder weil sie eine große Umvolkung planen oder ähnlichen Bullshit.
Und klar, es existiert in manchen Fällen auch Beeinflussung durch Partikularinteressen, Geld, Korruption.
Es steht im Westen Deutschlands die große rheinische Metropole des Frohsinns. „Et hätt noch immer jot jejange“ sagen die Einheimischen gern. Nur leider geht es nicht immer gut.
Diese Metropole wachte heute zu einem Inzidenzwert von 172 auf. Überrascht konnte davon niemand sein.
„Gute Nachrichten“, dachte sich die NRW-Bildungsministerin Gebauer. „Wir öffnen ab nächster Woche einfach wieder die Schulen.“
Warum, fragen Sie? Ein Blick auf die Homepage des Ministeriums gibt die Antwort:
„Es ist der Landesregierung ein besonderes Anliegen, dass möglichst viel Unterricht in den Schulen unter Einhaltung von Infektionsschutz und Hygieneregeln angeboten werden kann. Ziel ist, sowohl dem Gesundheitsschutz Rechnung zu tragen, ...
... als auch das Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung zu gewährleisten, das sich am besten in einem Regelbetrieb von Schule verwirklichen lässt.“
Allerdings: durch diese schwachsinnige Entscheidung erreicht die so besorgte Landesregierung weder das eine noch das andere. Sie kann nicht beide Dinge gleichzeitig haben.
Und hier sind wir wieder beim Anfang des Threads. Wie kann es nach über einem Jahr Pandemie sein, dass die Verantwortlichen nichts (null, gar nichts, nada, rien) gelernt haben. Dass ihr Herumlavieren diese Krise einfach nur in die Länge zieht.
Das „Recht der Kinder und Jugendlichen auf Bildung“, das habt ihr für dieses Schuljahr bereits verzockt, Laschet und Gebauer. Herr Laschet, Sie mögen in Nicht-Krisenzeiten ein emsiger Verwalter sein, der dörfliche Sparkassenangestellte unseres Vertrauens, der solide Armin.
In einer Krise sind Sie ein Totalausfall.
In Ihrem Bundesland (wie auch anderswo) schicken am Montag Eltern ihre Kinder in die Schule, bessere Bedingungen kann man einem aggressiven Virus nicht bieten. In der Zwischenzeit kümmern Sie machtgeiler Wurzelsepp sich lieber um Ihre beschissene Kanzlerkandidatur.
Glauben Sie wirklich, Sie können dieses Land führen, wenn Sie es schon in Ihrem Bundesland nicht hinkriegen?
Sie könnten nach über einem Jahr etwas gelernt haben. Es gibt da etwas namens „Wissenschaft“, das hilfreiche Tipps bei der Pandemiebekämpfung gibt. Leider haben Sie sich bisher auf Wunschdenken verlassen, Sie Amateur, oder auf den Rat von gegeelten Selbstdarstellern der Uni Bonn.
Natürlich ist das Kind schon längst in den Brunnen gefallen. Hätten Sie schon vor einem Jahr einen harten Lockdown durchgezogen, der seinen Namen verdient, oder bei gutem Willen in der 2. Welle, wären wir heute viel weiter und viel sicherer. Aber das geschieht nicht einmal jetzt.
Mal etwas persönliches: ich soll mein Kind am Montag in die Schule schicken. Glauben Sie, dabei geht es mir gut? Es geht mir dabei nicht gut.
Glauben Sie es geht mir gut, wenn das Kind zu Hause bleibt, seine Sozialkontakte vermisst und schlechteren Unterricht bekommt? Nein.
Dass wir in so einer Situation sind, kreide ich zum größten Teil Ihrer Unfähigkeit im Krisenmanagement an. Dazu Ihrer Lernresistenz. Ich hoffe Sie bekleiden in der Zukunft keine politischen Ämter mehr in diesem Land.
Wahrscheinlich setzen Sie Ihre Hoffnung auf die Impfung. Und das ein geimpftes Land bis zur Bundestagswahl diesen ganzen Scheiß vergessen hat. Das ist leider nicht genug für eine positive Leistungsbilanz.
Nun entschuldigen Sie mich, ich muss mit dem Kind lernen. Montag früh wird eine Klassenarbeit geschrieben, erste Stunde. Wie das davor mit den Schnelltests funktionieren soll, fragen Sie mich? Ach so, Sie fragen natürlich nicht. Sie sind ja mit der Kanzlerkandidatur ausgelastet.
Dann möchte ich auf keinen Fall länger stören Herr Laschet. Machen Sie einfach weiter.
Wer es bis hier ausgehalten hat, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Entschuldigung, falls es etwas länger wurde.
Stinksauer. Muss jetzt erst mal was von @Fan_Tas_Tisch lesen, um mich wieder mit der Politik zu versöhnen.
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Ich bin gerade über einen Beitrag von @juliaruhs gestolpert, einer Volontärin beim Bayrischen Rundfunk. In einem Kommentar nimmt sie zum Thema "Gendern" Stellung.
Der Beitrag sagt wenig über das Gendern aus, viel mehr über Denkfaulheit und Verweigerungshaltung.
Nun ist eine Meinung zunächst einmal nur das: eine Meinung. Wird sie aber im Rahmen einer journalistischen Tätigkeit geäußert, stände es der Person, die diese Meinung äußert, gut an, sie auch mit einigen Fakten oder Argumenten zu erklären.
1986 habe ich als Teenager zum ersten Mal die USA besucht, ein Land, das ich damals "Amerika" nannte. Die Schwester meines Patenonkels lebte dort, deshalb musste meine Familie nichts für die Unterkunft bezahlen. Nur so konnten wir uns die Reise leisten.
Ich hatte keine Vorstellung von Amerika, weder positiv noch negativ. Es war mir einfach gleichgültig. An den Flug kann ich mich nicht erinnern, aber an den Moment, als ich aus dem Flugzeug stieg. Es war über 30 Grad warm, trotzdem mild. Dort begann meine Faszination mit dem Land.