+++ Der Hertha-Quarantäne-Ticker +++
9:21: Jordan Torunarigha wacht auf, der Wecker klingelt seit 21 Minuten. Auf dem Flatscreen gegenüber vom Bett läuft noch irgendein Twitch-Stream. (...)
(...) Der Streamer, mit Augen wie frisch nach der Inspektion eines herrenlosen und gut gedeckten Spiegeltabletts in einem Berliner-Techo-Club, zockt Mario Kart, brüllt seine Community an und kriegt im Minutentakt Geldspenden zwischen 5 und 100 Euro. Alles wie immer also.
9:43: Peter Pekarik beendet souverän sein Frühstück. Er zieht sich souverän die Sportsachen an. Er steigt souverän aufs Laufband und läuft souverän ein paar Kilometer. Er geht souverän duschen und ist im Kopf schon souverän bei der ersten souveränen Grätsche nach dem Re-Start.
10:00: Das erste Team-Meeting des Tages via Zoom steht an. Bevor sich @arnefriedrich einloggt, hakt er noch die 72 Dinge von seiner To-Do-Liste ab, die er heute schon easy zwischen 6:30 Uhr und 9:59 Uhr erledigt hat. Recht entspannter Tag bislang.
10:02: "Männer, hörta mich oder wat? Ick rall dit hier no nich so janz mit de Technik. Läuft, ja? Männer?! Ja? Tippi-Toppi, dann mal Abfahrt", brüllt Zecke seinen Bildschirm an. Die Erleichterung ob des Bewältigens der ersten Hürde wehrt nicht lang. "Bildschirm freigeben? HÄ?!"
10:28: Pal führt entschlossen und zielsicher durch das heutige Meeting. Themen: Der mentale Umgang mit der Quarantäne, die Terminplanungen im Hintergrund, die gesunde Ernährung. "Männer, ich weiß, der Nasch-Schrank ist jetzt immer in nächster Nähe. (...)
(...) Müssen wir stabil bleiben, ja? Diszipliniert, immer voller Fokus auf Mainz." Monika räumt derweil so unauffällig wie möglich die leere Rotweinflasche von gestern Abend, die sich ins Bild schummelt, zur Seite. "Und Finger weg vom Bier, Jungs!", tönt Pal.
12:21 Uhr: Krzysztof Piątek steigt vom Hometrainer-Rad ab, war ne gute Ausfahrt. Auf dem Gang Richtung Bad knüpft die Wohnzimmertür ihm die Trinkflasche ab, der Schuhschrank entledigt ihn um sein Handy und der Spiegel stellt einmal den Körper rein und weg ist der Mate-Tee.
13:00 Uhr: Mittagspause. Vladimir Darida läuft noch 87 Mal den Loop über den Flur, bis zur Wohnungstür, durchs Schlafzimmer, über den Balkon, bis zur Coach im Wohnzimmer und wieder in den Flur. Alles unter 12 Kilometer macht der einfach nicht.
13:12 Uhr: Deyo Zeefuiks Hund hat langsam die Schnauze voll, der Mangel an Ausgang schlägt beiden aufs Gemüt. Erneut rollen sie die Diskussion auf, wer von beiden nun der authentischere Pitbull ist. Sie endet wie immer Remis.
14:00 Uhr: Das zweite Team-Meeting steht an, per Zoom lässt Kuchno die Jungs rennen, radeln und KSU-Übungen abreißen. Nach den 90 Minuten kommt's zur großen Auswertung. "So Jungs, hab eure Live-Werte jetzt hier. Der schnellste, fitteste und stärkste war heute... @arnefriedrich?!"
16:13 Uhr: "DOOOODIIIIII" gewittert es durch die Wohnung. Lukebakio schlägt auf dem Sofa die Augen auf. Er weiß, was los ist. Die Spülmaschine. Nicht alle Teller und Schüsseln aus Faulheit einfach vorne in der Spülmaschine stapeln. Mehr nach hinten mitarbeiten. Da war was.
17:00 Uhr: Nachmittagsschicht auf dem Schenkendorfplatz. Eduard Löwen, zuletzt nicht bei der Mannschaft, muss nicht in Quarantäne. Das Beste, was ihm bislang bei Hertha passiert ist? Mit Sicherheit. Einsam dreht er seine Runden. (...)
(...) Später flankt er ein Selfie in die Mannschaftsgruppe. "Workout done, stay strong everybody!". Die erste Resonanz aus der Gruppe gibt es zweieinhalb Stunden später, als sich die Haken blau färben.
19:30 Uhr: Abendessen. Maxi Mittelstädt schiebt die TK-Pizza in den Ofen, Jhon Cordoba macht sich die Lasagne von gestern warm, @arnefriedrich garniert die Süßkartoffelbote mit einem selbstgemachten Grantapfel-Zitronen-Dip und salzt bei der veganen Brokkolisuppe noch etwas nach.
20:12 Uhr: Zecke schreibt in den großen Chat: "Männer, jute Arbeit heute, morgen jeht dit aber nomma rund: Taktik-Sitzung, Spinning-Session, digitaler Spieleabend. Dit wird rischtä jut, ick hab Mensch ärgere dich nicht schon digitalisieren lassen. Kreizy, wa?"
20:13 Uhr: Mensch ärgere dich nicht. Bei den Jungs weniger Bock vorhanden als in einem entstellten Wappen des @fckoeln. Aber was muss das muss. Darida geht nochmal kurz aufs Laufband. 65 Kilometer hat er heute auf der Uhr, da geht noch was, ist ja sonst nichts los.
22:12 Uhr: In der ein oder anderen Wohnung beginnt die Nachtruhe, Pal befreit noch einen Korken aus der Umklammerung und Jordan, Marton und Maxi skippen durch Twitch-Streams. Ha, Elligella geht live, na das kommt doch gelegen. "Wuselig" den Tag abrunden, na wer es braucht.
22:12 Uhr: Lars Windhorst beendet den letzten Videocall des Tages, es war ein guter, es wurde schließlich Geld verdient. (...)
Um der Zeit voraus zu sein, schreibt er die erste Mail für den nächsten Morgen schon vor. Empfänger: Carsten Schmidt. Betreff: Der nächste Schritt. Die erste Zeile: "Moin Carsten, Du, diese Super League, habt ihr davon schon gehört? Wollen wir nicht mal schauen, ob..." #hahohe

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15 Feb
Das Grummeln in der ersten Reihe des dunklen Mannschaftsbusses wird immer lauter. Über Zeckes Gesicht flackern die Reflektionen des Laptops, der auf seinem Schoß heißläuft. "Is dit nen Quatsch", flüstert er mehr zu sich als zu Sitznachbar Pal.
Das Videostudium läuft bereits auf Hochtouren, Zecke quält sich durch die bleiernen ersten 35 Minuten des Gastspiels beim VfB Stuttgart und hasst jede Sekunde. Als Matteo Guendouzi das Umschaltspiel zum dritten Mal ohne Not verschleppt, reicht es ihm.
"Rutsch ma, Dicka, muss ma kurz wohin", raunt er Pal an und macht sich mit dem Laptop in der Hand auf den Weg durch den schmalen Mittelgang. In den Zweiersitzreihen links und rechts wird entweder geschlafen, per Facetime telefoniert oder auf die Instagram-App eingeprügelt.
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24 Jan
Pal knurrt am Frühstückstisch. "Carsten, was ist? Haben unsere fünf Telefonate gestern Abend nicht ausgereicht?", fragt Herthas Rekordspieler den neuen CEO. "Du, Pal, Sorry. Aber die Lage ist ernst. Wir machen das jetzt Also: Willst du? Weil: Du darfst wieder!"
Pal stößt einen lauten Atemzug aus. Monika lässt die Zeitung ein wenig sinken und guckt über den Brillenrand hinweg ihren Mann an. "Carsten, ich rufe gleich zurück", sagt Pal und erstickt das "Aber, warte! Pal! Wir brauchen die Entscheid..." per Knopfdruck.
Pal legt den Kopf in die Hände, sein Frühstück hat er noch gar nicht angerührt. "Du musst das nicht machen, Pal", sagt Monika. "Du muss gar nichts!". Pal nickt, gleichzeitig aber ahnend, dass er eventuell einfach will. Der Ur-Herthaner in ihm, er musste in den zuletzt leiden.
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