Kleine Rechenschafts-Übung: Hatte versprochen, meine Januar-Aussagen im März zu überprüfen. Ist Mai geworden. Kurz gefasst: hatte die Bereitschaft des Bundesrats für strengere Massnahmen unterschätzt und B117 etwas überschätzt (aber nicht seine Dominanz). (1/11)
Nach meinem Januar-Rant («b117 wird sich in der Schweiz ausbreiten, in ein paar Wochen den grössten Teil der Infektionen ausmachen und eine dritte Welle verursachen, die die bisherigen zwei Wellen in den Schatten stellt.») hat der Bundesrat Massnahmen deutlich verschärft. (2/11)
Das kam spät, hat unnötige Tote und Schwerkranke verursacht, aber war trotzdem eine erfreuliche Nachricht für mich. Die Verschärfungen haben die b117-Welle wohl deutlich verlangsamt und nach hinten geschoben. Dadurch war auch meine Vorhersage falsch. (3/11)
Wo ich zu pessimistisch (und vielleicht zu panisch war): «Irgendwann geht die Schweiz in einen kompletten Lockdown und die Zahlen werden weiter steigen, genau wie in England. Nach vielen Wochen mit einem völlig überlasteten Gesundheitssystem» (4/11)
Der Beinahe-Lockdown, der bei uns folgte, vermochte b117 stärker zurückdrängen als ich aufgrund der Entwicklung in England befürchtet hatte. Hätte man das wissen können? Ehrlich gesagt, ich weiss es nicht. (5/11)
«Wenn wir dann in der Schweiz bei insgesamt unter 15'000 Toten geblieben sind, wäre ich sehr überrascht.» Das ist (glücklicherweise) nicht eingetroffen (zurzeit 10'667), was sicherlich mit den schärferen Massnahmen zu tun hatte. (6/11)
Dass jetzt die Zahlen etwas zurückgehen trotz b117 ist nochmal eine andere Geschichte: ich bin tatsächlich überrascht. Nicht, weil ich selbst epidemiologische Prognosen verfasse, sondern weil die Prognosen der Fachleute insgesamt wohl pessimistischer waren. (7/11)
Fazit: Ich gebe euch keine Interpretation vor, ich lasse euch selbst urteilen. (8/11)
Was ich unabhängig von dem oben denke: frühe Warnungen (wie bei b117) sollten ernster genommen werden und es sollte früher und koordinierter gehandelt werden. Erwartungswert von Katastrophen ist zu gross, selbst bei kleiner Eintretenswahrscheinlichkeit. (9/11)
Die höhere Übertragbarkeit war ausreichend gesichert und lockern ist leichter gemacht als eine Epidemie zurückzudrängen, die erheblich Schwung aufgenommen hat. Was die (zurzeit) leicht sinkenden Zahlen für mich bedeuten, schreibe ich vielleicht die Tage mal. (10/11)
Hat sich diese Übung gelohnt? (Ehrliche Frage) (11/11)

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5 Feb
Die Covid-Impfstoffe sind unfassbar gut. Von 30'000 Probanden, die mit Pfizer/Biontech oder Moderna geimpft wurden, ist 1 einzige Person schwer erkrankt (mit der denkbar mildesten Form von schwer). In der Placebo-Gruppe waren es 39 Personen.
Thread (1/12)
Auch gegen die neuen Varianten bieten die Impfungen vermutlich einen guten Schutz. Wenn der extrem hohe Schutz etwas vermindert ist, dann ist es immer noch ein hoher Schutz. Wenn es irgendeinen medizinischen Jackpot gibt, dann ist das einer. (2/12)
Guter Podcast dazu: nytimes.com/2021/02/02/opi… (3/12)
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2 Jan
Ich konnte es im März irgendwie verstehen. Niemand von uns hatte je eine Pandemie erlebt. Das Leben einzufrieren schien surreal, wer würde das verstehen? Irgendwann hat die Welt (und am Ende schliesslich auch der Bundesrat) es doch noch getan. Glücklicherweise. (1/15)
Weil absehbar war, was sonst kommen würde.
Was jetzt geschieht, kann ich nicht mehr verstehen. Jeder von uns hat bereits eine Pandemie erlebt. Wir hatten fast ein Jahr Zeit zu lernen, Rezepte zu finden, die funktionieren (Taiwan, Südkorea, Neuseeland, Taiwan, Taiwan, (2/15)
Taiwan), uns bei den Epidemiologinnen zu entschuldigen, die von Anfang an gewarnt hatten (@C_Althaus , @EckerleIsabella u.a.) und uns auf weitere Entwicklungen vorzubereiten. Und diesmal verpassen wir es auf noch fatalere Weise. Dabei ist wieder absehbar, (3/15)
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