@JochenVenus @WolfgangEssbach Es geht um „Behavior“ im Kontext von Psychologie. Das, was dabei also fraglich ist, kann gerade nicht beobachtet werden. Und nein: Voraussetzungsvolle Gattungsbegriffe sind nicht „die Standardsituation“ und widersprechen auch „ungeklärt“. Im Gegenteil:
@JochenVenus @WolfgangEssbach Ontologische Voraussetzungen in Gattungsbegriffen, die zu empirischen Problemstellungen gehören, sind verantwortlich für das Verfehlen des empirischen Sachverhalts. Weswegen man sie in den real-empirischen Wissenschaften auch einklammert.
@JochenVenus @WolfgangEssbach Die Psychologie hat schließlich nur den Begriff, gar keinen Gegenstand, der sich aus einer logischen Operation ergibt, nicht nur aus einer voraussetzungsvollen Auslegung eines beobachtbaren Sachverhalts. Ihr Gegenstand *ist* dieser Begriff.
@JochenVenus @WolfgangEssbach Genau deswegen muss sie ja ständig indirekt darauf rückschließen: Fragebögen, Beschreibung und ‚Messung‘ von Handlungen, die auf ‚Verhalten‘ Rückschlüsse erlauben sollen, das auf die zugrundeliegende ‚Motivation‘ Rückschlüsse erlauben soll usw. Sobald man so tut, als handle es
@JochenVenus @WolfgangEssbach sich dabei um eine empirische Anzeige der indirekten Messung, wie man sie in kausalen empirischen Zusammenhängen findet, hat man bereits ein Schema der ‚Verursachung‘ zugrundegelegt, das nur analogisch, nicht aber analytisch ist.
@JochenVenus @WolfgangEssbach Das Empirische wird eben nicht nur durch irgendeine gleichförmige Beobachtung und einen irgendwie damit verbundenen voraussetzungsvollen, aber ungeklärten Gattungsbegriff definiert. Das eine und das andere muß schon dasselbe betreffen. Das ist hier aber nicht der Fall.
@JochenVenus @WolfgangEssbach Das, was beobachtet wird, ist nicht das, was erklärt werden soll – sondern es wird vorausgesetzt, dass das Beobachtete vom zu Erklärenden bedingt wird, das als etwas angenommen wird. In dieser Annahme liegt die Verdinglichung.
@JochenVenus @WolfgangEssbach Der Weg über ‚Behavior‘ folgt dabei der alltagsplausiblen Annahme, dass Handeln und Verhalten einen Grund oder eine Ursache im Innenleben des anderen hat. Diese pragmatisch-begriffliche Fiktion organisiert unseren Alltag, mit allen Vor- und Nachteilen.
@JochenVenus @WolfgangEssbach Genau deswegen ist dieser Weg alltagsplausibel, aber er ist bezüglich des hier fraglichen Gegenstandes – der ‚Psyche‘ usw. – eben nicht „empirisch“. Er versucht seinen Gegenstand über einen bekannten Rekonstruktionsweg der real-empirischen Wissenschaften zu konstruieren.
@JochenVenus @WolfgangEssbach Aber der macht eben nur dort Sinn, wo man es schon mit Kausalverhältnissen zwischen Ereignissen zu tun hat. Überträgt man es, macht man das logisch-reflexive bzw. das Selbstexplikationsverhältnis zu einer Ursache-Wirkungs-Beziehung und die Psyche zu einem ontologischen Gegenstand
@JochenVenus @WolfgangEssbach Genau das ist der transzendentale Schein, der – ignoriert die Psychologie das Problem und hält sich qua Analogie- und Assoziationsschluss für eine real-empirische Wissenschaft – sie dann zu einer Pseudowissenschaft macht.
@JochenVenus @WolfgangEssbach (Übrigens führt dieser indirekte Rekonstruktionsweg auch real-empirische Wissenschaften in metaphysische Annahmen – vgl. ‚dunkle Materie‘, ‚dunkle Energie‘; oder die Theoriekrise in der theoretischen Physik im letzten Jahrzehnt.)

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13 May
@d_witte1 Das Argument ist klassisch wissenschaftstheoretisch: Statistik ist eine Anwendungswissenschaft, die abhängig ist von den Prämissen, die man voraussetzt. Insbesondere in den Human- und den Sozialwissenschaften sind diese Prämissen ontologisch voraussetzungsvoll und nicht selten
@d_witte1 auch implizit reflexiv strukturiert, was sich in der Theoriebildung dann in der Annahme ausdrückt, etwas sei „immer schon“ Voraussetzung für etwas anderes. In den Sozialwissenschaften – die eigentlich deskriptive Wissenschaften mittlerer Reichweite sind – zeigt sich das oft in
@d_witte1 impliziten ontologischen Stufungen, die sich in Bruchlinien der Debatte ausdrücken (Individuum / Gesellschaft, Soziologie / Sozialpsychologie usw.). In der Psychologie sorgt v. a. die Reflexivität des Gegenstandes (Psyche, Geist usw.) für einen transzendentalen Schein.
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