#Maassen verbreitet antisemitische Inhalte und Verschwörungserzählungen. Er argumentiert antiliberal, antidemokratisch und völkisch. Das ist umfassend dokumentiert und ausgiebig analysiert (vgl. einige Belege am Ende des Threads).
2: @ArminLaschet sieht dem trotz klarer Belege zu, ohne einzuschreiten. Er relativiert vielmehr die rechtsradikale Ideologie von HGM und insbesondere den von HGM verbreiteten Antisemitismus. Sein zirkelschlüssiges Argument lautet:
3: Weil Laschet HGM kenne und er bisher den Eindruck hatte, dass dieser kein Antisemit sei, könnten auch seine Äußerungen nicht antisemitisch sein. Er habe ihn "bisher nicht als Antisemiten wahrgenommen".
4: Das ist rein logisch Quatsch. Aber gleichwohl vielfach problematisch:
Erstens: Diskursverschiebung
Laschet erschwert durch seine versuchte Diskursverschiebung eine sinnvolle Diskussion über Rechtsradikalismus und Antisemitismus und dessen Sichtbarmachung im Allgemeinen.
5: Er versucht, die Darlegungslast für Kritiker zu erhöhen, weil es "schwerer" ist, eine ganze Person als antisemitisch zu charakterisieren, als eine einzelne Handlung. (Ob HGM das angesichts der Fülle an Belegen jetzt noch hilft, ist inzwischen fraglich).
6: Laschet macht sich vor allem aber zunutze, dass wir dazu neigen, Antisemitismus zu exotisieren und als etwas zu betrachten, das - zugespitzt - nur bei tätowierten Rechtsextremen und fanatisierten Islamisten vorkommt, aber nicht in der guten bürgerlichen Stube.
7: Im Fall HGM lautet die Überlegung zugespitzt: "HGM hat weder den Holocaust geleugnet noch zur Vernichtung Israels aufgerufen. Er ist nicht so, wie ich mir einen Antisemiten vorstelle. Klar, er erzählt komisches Zeug, aber 'Antisemit' ist vielleicht doch etwas übertrieben."
8: Oder abstrakt formuliert: HGM entspricht habituell, soziologisch und biographisch nicht dem, was wir uns unter einem Antisemiten vorstellen. Also sei er es auch nicht.
Auch das ist (natürlich) argumentativer Quatsch.
9: Auf das tatsächlich Gesagte kommt es danach nämlich kaum noch an. Insbesondere bei "subtilerem" Antisemitismus aus der "Mitte der Gesellschaft" trägt das zur weit verbreiteten Blindheit und mangelnden Sensibilität für antisemitische Inhalte bei.
10: Laschet begünstigt durch seine Argumentation diese unterkomplexe, unzutreffende und "personenebezogene" Interpretationen von Antisemitismus und Extremismus im politischen und medialen Diskurs.
Auch losgelöst von der aktuellen Causa HGM ist das ein Problem.
11: Denn insbesondere über tiefer liegenden Antisemitismus und strukturellen Rassismus wird die Diskussion dadurch erschwert. Was umso problematischer ist, als diese Phänomene oft noch viel subtiler auftreten als beim im Grunde gar nicht so subtilen HGM.
Je sichtbarer die von HGM verbreitete extremistische Ideologie wird, desto krasser ist der Präzedenzfall, den Laschet und die CDU schaffen, indem sie ihn als Kandidat für den Bundestag tolerieren
13: Laschet und die CDU sagen implizit: "Die Ansichten von HGM finden wir christdemokratisch gerade noch vertretbar." Wenn aber selbst jemand wie HGM "noch" zur CDU gehört, wo ist die Grenze? Wie will die CDU zB auf dieser Basis glaubhaft Koalitionen mit der AFD ausschließen?
14: Die CDU trägt mittels HGM und dessen Ideologie rechtsradikale Narrative in die so genannte politische Mitte und leistet deren Normalisierung Vorschub.
Dass sie dadurch der AfD Wähler:innen abnimmt, darf bezweifelt werden. Eher züchtet sie die AFD Wähler:innen von morgen.
15: Drittens: Gewaltlegitimation
Ungeachtet der Konsequenzen für den Diskurs und die Legitimierung rechtsradikaler Erzählungen, besteht die Gefahr, dass die Ideologie von HGM als legitimatorischer Nährboden für gewaltbereite und radikalisierte Einzeltäter oder Gruppen dient.
16: Durch die zugespitzte Feind- und Untergangserzählung und die Imaginierung einer globalen Krise, die mit demokratischen Mitteln nicht (mehr) lösbar sei, insinuiert HGM eine Art Notwehrsituation, die von Gewalttätern und Terroristen als Legitimation verstanden werden kann.
17: Dafür muss er gar nicht selbst zu Gewalt aufrufen (was er auch nicht getan hat). Außerstaatliche Gewaltanwendung ist eine logische Konsequenz seines Weltbilds, wonach wir einem Bedrohungsszenario ausgesetzt seien, aus dem uns erst ein Bürgerkrieg befreien werde.
18: Wenn der Bürgerkrieg notwendig sei, damit das Bürgertum "erwache", wenn andernfalls die Einführung eines "neuen Totalitarismus" drohe - dann muss Gewalt gegen die "Feinde" für diejenigen, die diesem Wahn verfallen sind, als legitimes oder gar gebotenes Mittel erscheinen.
19: Diese Gefahr aufgrund imaginierter und ideologisierter Bedrohungslagen ist nicht theoretisch. Sie war und ist real. Siehe Hanau, Halle, Kassel. Siehe rechte Netzwerke (auch) bei Sicherheitsbehörden, rechtsextreme Prepper und andere Gewalt- und Untergangspropheten.
20: Das ist das vielleicht krasseste an der ganze Causa: Ein vom Vorstand der CDU zumindest tolerierter Kandidat für den Bundestag äußert sich öffentlich in einer Weise, die ihn ernsthaft als potentiellen Stichwortgeber für Rechtsterroristen qualifiziert.
Eigentlich unfassbar.
21: Fazit @ArminLaschet duldet #Maassen und trägt damit zur Normalisierung rechtsradikaler Ideologien bei. Er schafft einen Präzedenzfall. Er schwächt den Kampf gegen den Rechtsradikalismus.
Das mag nicht seine Absicht sein, aber es ist die Folge seines Tuns.
22: Laschet kann nicht über die Kandidatur von HGM entscheiden. Er kann aber, ggf. mit Bundes- und Landesvorständen, unmissverständlich erklären, dass die CDU die Kandidatur von HGM missbilligt und weder ideell noch materiell unterstützt.
23: Schlechte Presse lässt sich mit genug Sitzfleisch aussitzen, Rechtsradikalismus nicht. Je länger Laschet und die CDU nun warten, desto teurer wird es. Die innerparteilichen Konflikte, die der Nominierung von HGM zugrundeliegen, müssen früher oder später ausgetragen werden.
24: Die CDU hätte sich viel Ärger ersparen können, wenn sie auf @akk gehört und vor Jahren das gebotene Ausschlussverfahren gegen HGM eingeleitet hätte. Denn HGM und seine Ideologie werden nicht von alleine aus der CDU verschwinden.
25: Belege
Wie ich zu meinen Annahme über #Massen komme, habe ich näher in diesem Thread (👇) dargelegt. Ferner verweise ich auf die hervorragenden Analysen u.a. von @jhaentzschel in der SZ, @PBahners in der FAZ und @Volksverpetzer.
1/x: Der Artikel von Maaßen/Eisleben in Cato ist aufschlussreich, die Lektüre zu empfehlen.
Es handelt sich um ein Manifest eines verschwörungserzählerischen, gegen die offene Gesellschaft gerichteten Antiliberalismus, der völkische und antisemitische Erzählungen reproduziert.
2/x: Der Artikel ist am 11.9.2020 auf Englisch auf telospress.com erschienen. Die deutsche Übersetzung stammt von Andreas Lompard und ist unter cato-magazin.de/aufstieg-und-f… abrufbar.
3/x: Inhalt:
"Pseudolinke" und "Wirtschaftsglobalisten" hätten sich "verbündet", um anknüpfend an einem seit 50 Jahren zu beobachtenden "kulturellen Niedergang" des Westens Demokratie und Pluralismus zu beseitigen und einen "neuen Totalitarismus" zu entwickeln.
1/x: Es ist inzwischen doch völlig klar: Das Geschäftsmodell von Welt ist nicht Journalismus. Es ist ein als Journalismus getarnter Aktivismus, der durch Clickbait, Provokation und das Bedienen rechtskonservativer Narrative gekennzeichnet ist.
2/x: Print ist tot und spielt für Welt keine Rolle mehr. Es zählen Welt+-Abos und Reichweite in sozialen Medien.
3/x: Abos generiert Welt vor allem, in dem sie rechte Talking Points aufgreift und dadurch den Wunsch der „medial zu kurz gekommenen“ bedient, massenmedial repräsentiert zu sein. Welt lässt sich sozusagen dafür bezahlen, bestimmte Meinungen in die Medienwelt zu tragen.