Ich kann es nicht mehr hören.
Wer die Ostdeutschen in der öffentlichen Debatte nur als Opfer der Umstände sieht, entlässt sie nicht nur aus ihrer Verantwortung, sondern entmündigt sie auch. #annewill#ltwsa21 (thread 1/13)
Zu wenig gerät in den Blick, auf welche unterschiedliche Weise die Ostdeutschen an ihren Geschicken mitwirken. #annewill#ltwsa21 (thread 2/13)
Zu wenig werden vor allem die Unzähligen in den Blick genommen, die sich hier aktiv einmischen, die hier wirken und die hier vor und nach 1989 gegen die Mutlosigkeit, die Enge im Denken und Fühlen gestritten haben. #annewill#ltwsa21 (thread 3/13)
Aber ein Blick zurück: Der Start in die Demokratie war, anders als in der Bundesrepublik, eben nicht mit Prosperität und individuellem Aufstieg, sondern allenfalls mit prekärem Wohlstand verbunden. #annewill#ltwsa21 (Thread (4/13)
Und der war permanent bedroht von dem immer länger werdenden Schatten, den die Arbeits- und Beschäftigungslosigkeit über ganze Landstriche warfen. #annewill#ltwsa21 (Thread 5/13)
Politik wurde vielfach als Dienstleistung betrachtet und politisches Engagement kritisch beäugt. Die ökonomischen Umbrüche und biographischen Brüche der 1990er Jahre hatten zum Teil verheerende Auswirkungen. #annewill#ltwsa21 (Thread 6/13)
Aber: Die große Mehrheit der Ostdeutschen hat die grundlegenden politischen und ökonomischen Weichenstellungen von der Währungsunion bis zur Treuhand mitgetragen und durch Wahlen legitimiert. #annewill#ltwsa21 (Thread 7/13)
Es ist kein Zufall, dass #noAfD und Co auf dieses Opfernarrativ aufbauen: der Ostdeutsche als Opfer der SED, der Treuhand, der westdeutschen Eliten, der Lügenpresse, der Islamisierung usw. Immer wieder erscheint der Ostdeutsche als wehrloses Opfer. #annewill#ltwsa21
Thread 8/13
In der beständigen Stilisierung als Opfer erscheint der Ostdeutsche als eines gerade nicht: als Bürger, der Verantwortung für sein Handeln übernimmt, der den Gang der Dinge beeinflusst. #annewill#ltwsa21 (Thread 9/13)
So unterschiedlich die Erfahrungen sein mögen, in den vergangenen 30 Jahren hat sich die Gesellschaft zwischen Harz und Oder vermutlich stärker gewandelt als in den 30 Jahren davor. #annewill#ltwsa21 (Thread 10/13)
Sie ist vielfältiger und einfältiger, weltoffener und provinzieller, moderner und rückständiger – in jedem Fall zu widersprüchlich geworden, um sie auf einen Nenner zu bringen. #annewill#ltwsa21 (Thread 11/13)
Diese Vielfalt ostdeutscher Erfahrungen und Identitäten sollten man nicht als Schwäche sehen, sondern zu einer Stärke machen. #annewill#ltwsa21 (Thread 12/13)
Der Osten kann mit entscheiden: Muff der Vergangenheit oder Mut zur Zukunft. Bock auf Veränderung, Offenheit für Neues, ein radikaler Realismus, Klimaschutz, grundlegende soziale Verbesserungen und eine neue politische Kultur, in der sich Einmischen lohnt. (Thread 13/13)
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