Strengere Maßnahmen und höhere Inzidenzen verringern #Mobilität. Die Bevölkerung reagiert jenseits der Beschränkungen auf regionale Infektionslage. Spannende Erkenntnisse meiner @destatis-Kolleg:innen @sarabohne, Y. Saidani und @JannekMuhlhan in der neuen #Wista. Ein Thread 1/18
Im März 2020 brach die Mobilität deutschlandweit ein, im Wochenschnitt bis über 35 %. Auch im weiteren Verlauf lag die Mobilität, mit Ausnahme des Sommers 2020, unterhalb des Vorkrisenniveaus von 2019, ähnlich hohe Werte wurden aber nur während der Weihnachtstage erreicht. 2/18
Besonders stark sind die Rückgänge an den Wochenenden, sowie in den Nachtstunden und für längere Reisen. Anders als zu Beginn der Pandemie, als die Mobilität flächendeckend zurückging, zeigen sich im weiteren Verlauf deutliche regionale und zeitliche Schwankungen. 3/18
Zur Analyse der möglichen Ursachen haben wir standardisierte Faktoren der Pandemieentwicklung und regionale Kennzahlen zur Erklärung der Mobilitätsveränderung in einem random effects model auf Landkreislevel herangezogen und für 3 verschiedene Phasen der Pandemie geschätzt. 4/18
Es zeigt sich, dass die Mobilität stärker zurückgeht, je strenger die regionalen Maßnahmen ausfielen (Dank an @APeichl und Team für Bereitstellung des Strengeindex). Darüber hinaus passt die Bevölkerung ihr Verhalten an die örtlichen Fallzahlen an. @StefFun @CorneliusRoemer 5/18
Erwartungsgemäß steigt die Mobilität mit besserem Wetter. Der stärkere Mobilitätsrückgang an Wochenenden weist darauf hin, dass Einschränkungen der Mobilität die Freizeitgestaltung stärker als den Arbeitsalltag betreffen. @S_Enkelmann @DirkBrockmann @franksh_ @OlafGersemann 6/18
Anders als in der ersten Welle gab es ab Juli 2020 deutliche Unterschiede je nach Siedlungsstruktur: je stärker verstädtert ein Kreis, desto höher der Mobilitätsrückgang. Städte sind wohl stärker von der Schließung von Gastronomie und Kultureinrichtungen betroffen. 7/18
Eine hohe Dienstleistungsquote geht (anders als die Industriequote) mit einem stärkeren Mobilitätsrückgang einher – höheres Homeoffice-Potential, und die Schließungen personennaher Dienstleistungen sind mögliche Ursachen. @AlipourJv 8/18
Der Sommer 2020 war regional von starken Mobilitätsanstiegen gekennzeichnet. Der Effekt der Anzahl der Beherbergungsbetriebe je Einwohner:innen macht deutlich, dass insbesondere der Inlandstourismus hierbei eine große Rolle spielte. 9/18
Soziodemographische Faktoren sind auf Kreisebene nicht signifikant. Eine Ausnahme ist die Sozialleistungsquote (höherer Mobilitätsrückgang in Welle 1 + 2). Die z.T. deutliche Heterogenität innerhalb von Kreisen wird hier allerdings nicht berücksichtigt. @c_endt @PhiBre1601 10/18
Trotz Grenzschließungen ist die Mobilität in Grenzregionen schwächer zurückgegangen, allerdings sind dort die zugrundeliegenden Mobilfunkdaten weniger verlässlich. Geringer fällt der Mobilitätsrückgang in den neuen Bundesländern aus. 11/18
Die oben genannten Ergebnisse lassen sich nicht als kausale Zusammenhänge interpretieren, da Endogenitätsprobleme vorliegen können. Zur kausalen Analyse der Wirkung regionaler Beschränkungen auf die Mobilität haben wir ausgewählte Maßnahmen beispielhaft betrachtet: 12/18
Die Effekte der Aufhebung der landesweiten Ausgangssperre in BaWü nach dem 11. Februar 2021 haben wir mittels DiD analysiert. Die nächtliche Mobilität stieg in Kreisen, in denen die Ausgangssperre aufgehoben wurde, um 9 Prozentpunkte stärker an. @Karl_Lauterbach 13/18
Zudem zeigen wir, wie sich die Mobilität während der umfassenden Lockdowns nach Ausbrüchen in Gütersloh und Berchtesgaden sowie im Modellprojekt „Öffnen mit Sicherheit“ in Tübingen gegenüber einer synthetischen Kontrollgruppe entwickelt hat. 14/18
Die Mobilität ging in Gütersloh (-8,9%) und Berchtesgaden (-35,5%) deutlich gegenüber den Vorwochen zurück. Die Öffnungen in Tübingen hingegen haben die Mobilitätszahlen auf Kreisebene nicht signifikant beeinflusst. 15/18
Die zugrundeliegenden aggregierten und anonymisierten Mobilfunkdaten erlauben Aussagen zur Veränderung der Zahl der Bewegungen. Art und Zweck der Bewegungen werden nicht erfasst. Aussagen zur Bedeutung der Mobilität für das Infektionsgeschehen sind u.a. deshalb schwierig. 16/18
Den vollständigen Artikel finden Sie unter destatis.de/DE/Methoden/WI…. Weitere Informationen sowie aktuelle Indikatoren auf Basis der Daten von @Teralytics finden Sie unter Exdat oder im Dashboard Deutschland. @OlafGersemann @MKreutzfeldt @gpolzer destatis.de/DE/Service/EXD…
17/18
Die regionalen Kennzahlen und Daten zu Maßnahmen werden auf Corona-Datenplattform.de bereitgestellt. @infas360 Stationsdaten des @DWD_presse haben wir mit Kreisgeometrien verschnitten. 18/18
P.S. mein Dank gilt @JannekMuhlhan @sarabohne und Younes Saidani und dem ganzen "Mobilitätsteam" um @N_Rosenski für ihre tolle Arbeit während der Pandemie zum Thema Mobilität

• • •

Missing some Tweet in this thread? You can try to force a refresh
 

Keep Current with Daniel Vorgrimler

Daniel Vorgrimler Profile picture

Stay in touch and get notified when new unrolls are available from this author!

Read all threads

This Thread may be Removed Anytime!

PDF

Twitter may remove this content at anytime! Save it as PDF for later use!

Try unrolling a thread yourself!

how to unroll video
  1. Follow @ThreadReaderApp to mention us!

  2. From a Twitter thread mention us with a keyword "unroll"
@threadreaderapp unroll

Practice here first or read more on our help page!

More from @DVorgrimler

17 Jun
In der neuen #WiSta beschäftigen sich mein Kollege @Decker und ich uns mit der Rolle der amtlichen Statistik im Datenökosystem. Kurzform: Eine unabhängige und starke amtliche Statistik ist eine ordnungspolitische Notwendigkeit. @BachmannRudi @APeichl 1/7 destatis.de/DE/Methoden/WI…
Die amtliche Statistik wurde mit dem Ziel gegründet, der Gesellschaft die notwendige Datengrundlage bereitzustellen, um gesellschaftliche Entscheidungen zu diskutieren und zu treffen. Hierzu wurde die Unabhängigkeit der amtlichen Statistik in § 1 BStatG verankert. 2/7 @destatis
So liefert die amtliche Statistik Daten zu Sachverhalten, die sie selbst nicht beeinflusst. Ein Beispiel ist das BIP. Da die amtliche Statistik nicht für die Umsetzung wirtschaftspolitischer Maßnahmen verantwortlich ist, werden Interessenskonflikte minimiert. 3/7
Read 7 tweets
29 Jan
Es werden oft die #Sterbefälle 2020 als Aggregat mit anderen Jahren verglichen. Das dies nur wenig sinnvoll ist, zeigt die Abbildung, die die Sterbefälle je KW mit dem Durchschnitt vergleicht. Im Laufe eines Jahres gibt es viele Einflüsse auf die Sterbefälle (Daten bis KW52)
1/N Image
Eine milde Grippewelle zu Beginn, die ersten Corona-Welle, eine kurze Hitzewelle und derzeit die zweite Corona-Welle. Dazu kommen noch viele weitere Faktoren, Altersstruktur, höhere Lebenswerwartung, weniger Unfälle usw. Faktoren, die sich auch gegenseitig ausgleichen können 2/N
In einer solchen Situation, ist die Betrachtung eines Aggregats nur wenig sinnvoll. Es ist wie bei einem Jäger, er schießt links vorbei, er schießt rechts vorbei, im Durchschnitt hat er getroffen 3/N
Read 6 tweets

Did Thread Reader help you today?

Support us! We are indie developers!


This site is made by just two indie developers on a laptop doing marketing, support and development! Read more about the story.

Become a Premium Member ($3/month or $30/year) and get exclusive features!

Become Premium

Too expensive? Make a small donation by buying us coffee ($5) or help with server cost ($10)

Donate via Paypal Become our Patreon

Thank you for your support!

Follow Us on Twitter!

:(