Gestern ging es um den Weg vom Stein zum (metallischen) Rohstoff, heute schauen wir mal einen Schritt früher an:

Woher weiß man überhaupt, wo es sich lohnt, Gestein abzubauen? Also: Wie funktioniert Exploration?
An sich hat man ein breites Sammelsurium an Methoden zur Verfügung: Geophysikalische Messungen, geochemische Untersuchungen, Bohrungen... Aber wie überall spielt auch hier Geld eine Rolle. Bohrungen sind beispielsweise verdammt teuer, pi mal Daumen 1000 € pro Meter.
Deshalb fängt man erstmal billig an und wirft einen Blick auf eine geologische Karte:

[Ich spiele mit euch heute grob meine Univeranstaltung "Mineral Exploration" durch, alle Daten und Karten sind also fiktiv und ich darf sie zu Bildungszwecken nutzen.] Fiktive geologische Übersichtskarte. Darauf viel Basement m
Bisher ist das noch ganz schön wenigsagend. Aber vielleicht werden wir schlauer, wenn wir uns eine detailliertere geologische Karte besorgen? Geologische Karte (ohne Legende).Gleiche geologische Karte mit Legende. Wichtig sind LimestonÜberblickskarte von eben, darauf ist ein kleiner Bereich un
Was wir bereits mit den vorhandenen Informationen (die recht günstig zu beschaffen waren) erkennen können: Die Gesteine in der Region sind gefaltet worden, das sieht man auf der Übersichtskarte. Das spricht dafür, dass sie hohem Druck und evtl. auch Temperaturen ausgesetzt waren.
Nun gibt es ganz verschiedene Typen von Lagerstätten, aber hoher Druck und hohe Temperaturen sind ein guter Start, denn dabei können sich Minerale umwandeln, oder werden in Wasser gelöst, das unter hohem Druck durch Spalten im Gestein unterwegs ist (-> hydrothermale Lagerstätte).
"Lagerstätte" heißt nämlich erstmal nur "abbauwürdige (also wirtschaftlich interessante) Konzentration von Rohstoffen an einem Ort". Lagerstätten sind daher immer geologische Ausnahmen! Irgendwie muss sich die "normale" Konzentration von z.B. Kupfer erhöht haben.
Bei hydrothermalen Lagerstätten also beispielsweise: heißes Wasser unter hohem Druck dringt durch Spalten ins Gestein ein, löst Minerale auf (die nur unter so hohem Druck löslich sind) und transportiert sie weg.
Irgendwoanders (z.B. näher an der Erdoberfläche) ist der Druck nicht mehr so hoch und die Minerale können nicht länger im Wasser gelöst bleiben. Sie kristallisieren aus, und zwar ganz viel vom gleichen Mineral am selben Ort. Das könnte eine ganz interessante Lagerstätte ergeben!
Um hier mal etwas konkreter zu werden: ein häufiger Lagerstättentyp für Kupfer sind SSC-deposits: sediment-hosted stratabound copper deposits, also "an Gesteinsschichten gebundene Kupferlagerstätte in Sedimentgestein". Wenn alle Voraussetzungen gegeben sind...
... dann lagern sich große Mengen Kupfer an der Grenze zwischen oxidiertem (=Sauerstoff vorhanden) Sandstein und reduziertem (=kein Sauerstoff vorhanden) Silt- oder Tonstein ab. Das könnte bei unserem Beispiel der Fall sein!
Ohne gebohrt zu haben oder anderes teures Gerät eingesetzt zu haben, wissen wir also schonmal, dass die Grenze zwischen "Sandstone" (Sandstein) und "Shale" (Tonstein) vielversprechend ist.
Der sinnvollste nächste Schritt ist, den Boden auf Anomalien, also ungewöhnlich hohe Metallgehalte zu untersuchen. Wir haben das auf einem Stück gemacht und siehe da - stellenweise ganz schön viel Kupfer im Boden! Geologische Karte von vorhin, darauf ist ca. 1/4 markiert. ILauter Zahlen in gleichmäßigen Zeilen und Spalten. Viele d
[Nach dem Mittagessen geht's weiter :)]
Jetzt könnte man prinzipiell mit geophysikalischen Methoden arbeiten: bei seismischen Messungen beispielsweise werden an der Erdoberfläche gezielt Erschütterungen ausgelöst, die dann an Gesteinsgrenzflächen reflektiert und von Sensoren an der Oberfläche wieder registriert werden.
Da ich aber von Geophysik nicht viel Ahnung habe und jetzt auch nicht so tun will als ob ich sie hätte, hier nur soviel: es braucht viel Erfahrung (und ein bisschen Phantasie) um aus einem Bild wie dem hier⬇️viel ableiten zu können.

[Bild: fathomgeophysics.com/seismic.html ]
Zumindest den Wechsel von einem Gesteinstyp zu einem anderen kann man mit Seismik einigermaßen erkennen. Aber die Superkraft von GeologInnen ist: aus reinen Oberflächeninformationen schon viel über den Untergrund schlussfolgern zu können!
Wenn ich beispielsweise weiß, dass eine bestimmte Gesteinsschicht an einem Punkt nach Osten einfällt, und ein paar hundert Meter weiter auch, aber dort auf dem Kopf steht, dann kann ich daraus schlussfolgern, dass sie dazwischen wohl gefaltet und überkippt wurde! Händische Skizze einer überkippten Falte.
Und wenn ich an einer Stelle hohe Kupfergehalte gefunden habe [Abb. links], dann hab ich gute Chancen, dass ich auch an den "zugehörigen" Stellen [Abb. rechts] hohe Kupfergehalte vorfinde.

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30 Jun
Morgen! Die allmorgendliche Frage an euch: Was ist denn hier los?
Ihr seid mir ein lustiger Haufen :D Versteinerter Pottwal, ein Spaltpilz am Werk, Geo-Kannibalismus... schöne Theorien waren hier dabei!

Ich möchte @sifuadventure s Vorschlag hervorheben, weil ich selbst gern bouldern gehe:
Aber @snaefell hat es ganz schnell richtig erkannt: Das ist "Trollbrot"! Leider kein offizieller Begriff, aber doch ein ziemlich weit verbreiteter Name für ein Verwitterungsphänomen, bei dem Steine in mehr oder weniger gleichmäßige Scheiben zerlegt werden.
Read 5 tweets
29 Jun
Ich verrate euch im Laufe der Woche ein paar musikalische Klassiker unter GeowissenschaftlerInnen. Damit ihr vorbereitet seid für eure nächste Geo-Party 😉
Unverzichtbar auf jeder Party.
Wie konnten wir nur je ohne dieses Lied leben?!

Read 4 tweets
29 Jun
Hier ist der Thread von vorhin, zum allgemeinen Prozedere der Aufbereitung von Gestein hin zu nutzbaren Produkten (also beispielsweise Gold).

Jetzt schauen wir uns mal das Thema Rückstände, Staubecken und Dammbrüche an!

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Und das ist nichts, was nur ganz weit weg passieren kann. Schaut mal hier:
google.com/maps/place/Sta…
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29 Jun
Hauptthema für heute: Wie bekommt man eigentlich Metalle aus Steinen? Also: Aufbereitung!

[Spoiler Alert: Es wird nicht nur schön. Macht euch bereit für Dammbrüche, saure Abwässer, Kontamination mit giftigen Stoffen...]
Anfang 2019 ist in Brasilien ein Damm gebrochen, der Aufbereitungsrückstände in einem Becken halten sollte. Kurz zum Erinnerung auffrischen:
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29 Jun
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Besser als @AnTrentin kann ich es nicht erklären 😂
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28 Jun
Gutes Stichwort! Was hat es eigentlich mit dem Steinelecken auf sich?

Dafür gibt's tatsächlich einige gute Gründe. Kleiner Thread ⬇️
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